Teil 6

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Wie es aussieht bin ich in einer Wohnung, die nur ein Stockwerk besitzt. Sie besteht praktisch nur aus einem Gang, der alle anderen Räume miteinander verbindet.
Hier sind die Räumlichkeiten kleiner als bei Milan, soweit ich es mitbekommen habe. Wir gehen in ein Badezimmer, wo ich mich auf den Rand der Badewanne setzen soll.

Mein Rücken ist gar nicht so schlimm, es sind nur ein paar Striemen. Sie werden sicher bald komplett verblasst sein. Anders ist es mit meinen Unterarmen. Ich bin sehr froh darüber, dass er mich nicht fragt, wie diese zustande gekommen sind.
Da ich mich so wohl in Fis Nähe fühle frage ich aus Neugier: „Warum machst du alles mit der linken Hand. Mit rechts ist es doch einfacher."
Irritiert starrt er mich an. Habe ich etwas Dummes gesagt? Aber Milan und seine Eltern haben auch immer die Schere in der rechten Hand gehalten, wenn sie einen Verband abgeschnitten haben, um ihn zu fixieren.
„Weil ich Linkshänder bin", antwortet der Alpha verzögert, was mich nur noch mehr verunsichert. So beschließe ich fürs erste keine weiteren Fragen zu stellen.
Doch nach einer Minute des Schweigens fragt Fi: „Hattest du in den letzten 10 Jahren Kontakt zu anderen Menschen abgesehen von den Legats?"
„Alle paar Monate ist ein Arzt bei mir gewesen, sonst nicht."
Kaum hörbar spricht Fi zu sich selbst: „Das erklärt einiges..."

„Du bist aber früh wach", kommt es plötzlich gähnende von der Tür. Erschrocken zucke ich zusammen.
„Morgen Yvonne", wird die junge Frau von Fi begrüßt. Dabei wünschte ich, mich unsichtbar machen zu können und wage es nicht meinen Kopf zu heben. Es ist merkwürdig. Normalerweise spüre ich die Präsenz einer Person. Aber diese nicht. Es ist so wie bei Dr. Raonic. Ist sie vielleicht ein Beta?
„Wer ist das?", fragt Yvonne und ich kann dabei deutlich ihren Blick auf mir spüren.
Locker streicht mir der Alpha über den Kopf und antwortet: „Nico, mein Omega."
„Wo hast du den denn jetzt plötzlich her? Hab' ich was verpasst?", will sie interessiert wissen und tritt einen Schritt näher.
„Das erzähle ich dir später mal."
„Wissen mum und dad davon? Oh Gott, was ist mit seinen Armen passiert?!"
„Ja, sie wissen davon. Lass das alles mal meine Sorge sein", mit diesen Worten hat er meine Wunden fertig versorgt und richtet sich auf.
Da meldet sich noch einmal Yvonne: „Wie du meinst. Aber du solltest mit dem zu einem Arzt. Der ist ja blass wie eine Leiche." Daraufhin verlässt sie den Raum.

Bin ich wirklich so blass? Ich mustere meine Hände, aber an diesen fällt mir nichts Unmögliches auf. Sie sehen doch schon immer so aus.
Felix seufzt und meint: „Sie hat recht. Wir sollten zu einem Arzt gehen. Doch, dann werde ich erklären müssen warum du keine Ausweise hast und bei mir bist."
„Was sind Ausweise?", frage ich. Vielleich hab' ich ja sowas mal gehabt.
„Kärtchen auf denen steht wer du bist", wird mir erklärt.
„Also eine Visitenkarte", kommt es von mir stolz. Aber sowas habe ich leider wirklich nicht...

Trotz der Komplikationen, die Auftreten könnten, beschließt Fi mit mir zu einem privaten Arzt zu gehen. Dafür darf ich mir Schuhe seiner Schwester ausborgen, da mir seine viel zu groß sind. Ich bin ganz aufgeregt darüber endlich nach draußen zu dürfen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal an der frischen Luft spazieren war.

Doch nachdem wir die Wohnungstür hinter uns gelassen haben, erstreckt sich ein Gang vor uns. Wir müssen Stufen hinunter gehen, bis wir endlich auf einem Gehsteig landen.
Interessiert schaue ich mich um, jedoch lasse ich schnell meinen Kopf sinken, als ich die vielen Menschen erblicke. Außerdem ist es laut hier. Andauernd höre ich Geräusche von Autos und Menschen, die laut durcheinanderreden.
Instinktiv rücke ich näher zu Felix und halte mich an seinem linken Arm fest. Diese ganzen eindrücke sind zu viel. Vor Milans Haus war es nie so laut. Ich will mir die Ohren zuhalten. Aber gleichzeitig will ich nicht von Fis Arm ablassen.

Erst durch eine behutsame Berührung seinerseits an meiner Schulter, merke ich, dass er wohl schon eine ganze Weile auf mich einredet. Aber ich verstehe aufgrund des ganzen Trubels kein Wort.

RecuerdeWhere stories live. Discover now