Teil 2

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Mit einer Hand an der Wand abstützend und der anderen das Badezimmer putzend, bin ich noch nicht weit gekommen, als ich plötzlich vernehmen kann, wie mein Name genannt wird.
Erschrocken drehe ich mich um und wäre fast niedergefallen, wenn nicht die Wand in meinem Rücken gewesen wäre.

„Was macht du da? Ich hab dir doch gesagt du sollst im Bett bleiben!", spricht Milan verärgert.
Ich gehe sofort auf die Knie und antworte kleinlaut, mit gesenktem Kopf: „Ich hab mich ausgeruht und wollte nur meinen Aufgaben nachgehen."
Aber meine Aussage beschwichtigt meinen Gegenüber nicht: „Ich habe dir einen direkten Befehl erteilt und du weißt, dass diese über deinen Routinen stehen. Dennoch hast du ihn nach nicht einmal 15 Minuten missachtet! Ich bin enttäuscht von dir."
Seine Worte treffen mich wie ein direkter Schlag ins Gesicht. Nein, sie sind noch viel schmerzhafter.

Was habe ich nur getan? Ich hätte auf Milan hören sollen und mich von seinem Vater bestrafen lassen. Ich hasse Strafen, aber sie sind besser als die einzige Person zu enttäuschen, die mir etwas bedeutet.

„Auf dein Zimmer, sofort!", befiehlt er sauer.
So schnell ich kann, stehe ich auf, um dem nachzukommen. Jedoch brauche ich zwei Anläufe, bis meine Beine beschließen mein Gewicht tragen zu können. Ich kann deutlich seinen Blick auf mir spüren. Deshalb lasse ich meinen Kopf gesenkt. Er soll mein Gesicht nicht sehen, welches schon wieder mit Tränen übersät ist.

Als ich an ihm vorbeitreten will, packt er mich am Oberarm. Sofort erstarre ich und spanne meinen gesamten Körper an.
Hab' ich noch etwas falsch gemacht?
Wird er mich bestrafen?

„Beruhig dich, ich stütze dich nur. Du kannst dich ja kaum auf den Beinen halten", jetzt ist seine Stimme wieder ruhiger und etwas... besorgt?

Er lässt erst von mir ab, also ich in meinem Bett liege.
Ich schieße erschöpft meine Augen und atme einmal tief durch. Dabei vernehme ich, wie sich Schritte entfernen.
„Bleib da... bitte...", bettle ich, ohne nachzudenken. Ich würde so gerne mit ihm kuscheln. Auch, wenn ich noch nicht in meiner Hitze war, kann ich seine Pheromone wahrnehmen. Nur schwach, aber wirkungsvoll. Deshalb schlafe ich so gerne bei ihm. Sein Duft beruhigt mich. Außerdem genieße ich seine Aura. Ich kenne zwar nur drei Alphas - und das sind jene, die hier leben - aber dennoch spüre ich, dass Milan anders ist.
Die Schritte verstummen.
„Ich muss noch etwas für die Schule machen. Danach komme ich zu dir. Du bleibst liegen", meint er leider. Kaum ist der junge Alpha aus dem Zimmer, werde ich erneut von der Trauer überrollt. Deprimiert vergraben ich mein Gesicht in dem Kopfpolster, um meine Laute der Frustration zu dämpfen.

Es sollte mich nicht derartig mitnehmen alleine zu sein. Doch gerade habe ich meine Gefühle überhaupt nicht im Griff. Ich hasse mich dafür. Immer kann ich nur weinen und nichts ausrichten. Wenn ich doch nur stärker wäre. Ich wünschte ich wäre ein Alpha, oder noch besser ein Beta. Denen kann die ganze Alpha-Omega-Debatte und alles was damit zusammenhängt egal sein. Die haben es gut. Sicher führen die alle ein sorgenloses Leben, ohne Probleme. Warum kann ich das nicht auch haben?

Ich bin wohl irgendwann eingenickt. Geweckt werde ich indem die Tür zu meinem Zimmer geöffnet wird. Es ist nicht laut, doch ich habe gelernt, dass ich immer wach sein sollte, wenn dies geschieht. Schließlich will die eintretende Person mir meistens Aufgaben geben.
Etwas verschwommen kann ich zuerst nur die Silhouette einer Gestalt erkennen, bis sich mein Blickfeld klärt.
Schwach lächle ich Milan zu, der ein Tablett in seinen Händen trägt.
„Ich hab' dir etwas zum Essen mitgebracht", meint er freundlich.
Ich darf im Bett etwas essen?
Das durfte ich bisher nur, wenn ich krank war. Bin ich denn gerade krank?
Ich habe weder Fieber noch Halsschmerzen. Mir ist nur etwas schwindlig.
„Kannst du dich aufsetzen? Dann kann ich es dir auf den Schoß stellen."
Langsam setzt sich mein Körper in Bewegung. Er ist noch immer träge und matt. Aber relativ schnell kann ich Milans Anweisung folgen.

RecuerdeWhere stories live. Discover now