21 - Der Überraschungskorb

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„Oh mein Gott, Stella, du glaubst es nicht! Ich hatte letzte Nacht den besten Versöhnungssex aller Zeiten! Tanja ist eine richtige Granate im Bett. Orgasmus garantiert!", schwärmt Amy begeistert, nachdem sie sich einen halben Donut in den Mund gestopft hat.

Zwar bin ich ein relativ offener Mensch und alles andere als prüde und verklemmt, aber jede Einzelheit über das Sexleben meiner besten Freundin möchte ich nicht wissen. Ein bisschen Privatsphäre muss sein.

„Sie hat sich übrigens dafür entschuldigt, dass sie mir nicht die Wahrheit gesagt hat. Eigentlich hat Tanja kein Problem damit, ihre Sexualität offen zu zeigen, aber um Dans Identität zu wahren, wollte sie unsere Beziehung vorerst geheim halten", plappert Amy munter weiter. „Sie hat mir aber versprochen, dass sie unsere Liebe öffentlich macht, sobald Dan zurück in Europa auf Tour ist."

Bei dieser Aussage breitet sich ein bitterer Beigeschmack in meinem Mund aus und ein riesiger Knoten bildet sich in meinem Magen.

Um ehrlich zu sein habe ich keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass Dan nicht für immer hier in Australien bleiben wird. Sein Leben spielt sich normalerweise in Europa ab. In den verschiedensten Großstädten und auf gigantischen Bühnen.

Haben wir überhaupt eine Chance, zusammen glücklich zu werden?

„Ich stelle es mir schon die ganze Zeit vor, wie wir im Backstagebereich oder im Tonstudio Sex haben", grinst Amy, ehe sie sich einen weiteren Donut schnappt. „Das wird bestimmt der Wahnsinn!"

Dass ich ihre Euphorie nicht teile, scheint meine Freundin nicht zu bemerken.

„Ich bin echt froh, dass Tanja und ich endlich alles geklärt haben und jetzt an unserer Beziehung arbeiten können. So glücklich wie aktuell war ich noch nie zuvor, Stella!"

Da stimme ich Amy zu.

In den zwei Jahren, in denen ich sie nun schon kenne, hatte sie drei Ex Freunde, die allesamt einen Schaden hatten und Amys Herz überhaupt nicht verdient haben.

Marco ist ihr mit einer Prostituierten fremdgegangen, Calvin hat sie nicht mehr allein in die Öffentlichkeit gehen lassen und Pedro hat zur Gewalt geneigt.

Umso mehr freut es mich natürlich, dass Amy endlich glücklich ist und in Tanja eine potenzielle Frau für die Zukunft gefunden hat.

Dass ich genauso viel Glück mit Dan haben werde, bezweifele ich irgendwie.

Würde er hier in Perth bleiben, könnte ich mir gut vorstellen, eine langfristige Beziehung, die irgendwann mal mit einer Hochzeit und einer eigenen Familie gekrönt wird, zu führen. Da Dan allerdings ein Superstar ist, der regelmäßig quer durch Europa tourt, glaube ich nicht, dass eine Beziehung ein gutes Ende nehmen würde.

„Wir haben sogar schon darüber gesprochen, später Kinder zu adoptieren. Mindestens fünf Stück!" Amy strahlt von einem Ohr bis zum anderen. Ihre Augen funkeln und ihre Lippen lachen.

Es tut mir leid, dass ich mich gerade nicht richtig mit ihr freuen kann, doch der Gedanke daran, dass Dan schon bald wieder nach Europa reisen könnte, dämpft meine Euphorie gewaltig.

Ich möchte ihn nicht nochmal verlieren. Nicht jetzt, wo wir so kurz davor sind, endlich zueinander zu finden.

„Oh man, ich rede schon wieder zu viel, oder?" Amy seufzt mit einer Mischung aus Frustration und Humor. „Tut mir leid, wenn ich nerve. Die rosarote Brille entfaltet wohl ihre komplette Wirkung ..."

„Ach Quatsch, schon gut", winke ich schnell ab. „Ich freue mich sehr für dich, Süße!"

Um meine Worte zu unterstreichen, verwickele ich Amy in eine herzliche Umarmung. Sie zählt zu den tollsten Menschen, die ich kenne, und genau deshalb gönne ich ihr jedes erdenkliche Glück dieser Welt.

Ich möchte meine Gedanken gerade laut aussprechen, da klingelt es plötzlich an der Tür.

Fragend schaue ich Amy an, doch sie zuckt auch bloß unwissend mit den Schultern. Da wir ausnahmsweise mal kein Essen von einem Lieferdienst bestellt haben, habe ich keine Ahnung, wer das sein könnte.

Vielleicht Ricardo, der sein Boxtraining für uns schwänzt und Weißwein als Überraschung dabei hat?

Begleitet von einem Funken Hoffnung löse ich mich von Amy, ehe ich in den Flur schlurfe und dort die Tür öffne. Entgegen meinen Erwartungen steht nicht Ricardo dort, sondern der Bodyguard, den Dan extra für mich und meine Sicherheit angeheuert hat.

Für den Notfall steht Chan unten vor meinem Studio und passt auf, dass sich keine Paparazzi oder Fans von Dan in meine Nähe trauen.

„Ich soll Ihnen das hier geben, Miss Montgomery", lächelt mich Chan höflich an, bevor er mir eine Art Picknickkorb überreicht. Schnell bedanke ich mich bei ihm und verschwinde dann wieder zurück ins Wohnzimmer.

„Wer war das?", möchte Amy sofort neugierig von mir wissen.

„Chan", antworte ich. „Er hat mir ein Geschenk vorbeigebracht."

„Wie aufregend!" Mit funkelnden Augen kommt Amy zu mir gerannt. „Lass mal sehen, was dir dein heimlicher Verehrer geschickt hat."

Insgeheim hoffe ich natürlich, dass das Geschenk von Dan ist, doch ein winziger Teil in meinem Herzen zweifelt daran.

Warum? Keine Ahnung!

Gemeinsam mit Amy öffne ich schließlich den Picknickkorb, sodass mir zunächst ein wunderschöner Blumenstrauß ins Auge sticht. Der süße Duft breitet sich direkt wie ein Schleier aus Staub im Wohnzimmer aus und zaubert mir ein Lächeln auf die Lippen.

Unter dem Blumenstrauß befindet sich ein kleiner Plüschbär, der ein weißes T-Shirt trägt. Auf dem Shirt ist ein Herz, in dem ein Kaffeebecher abgedruckt ist, zu sehen.

Zu guter Letzt liegt noch ein Briefumschlag in dem Korb. Mit zittrigen Fingern öffne ich ihn und falte das Papier, das sich darin befindet, auseinander.

Hallo Wattebäckchen,
erinnerst du dich noch an unser zweites Date? Damals habe ich dich gefragt, ob du spontan seist und du hast mit einem „Ja, ich glaube schon!" geantwortet. Mal schauen, ob du heute genauso spontan bist ...
Ich warte am Grant Street Beach auf dich. Passt dir 19 Uhr? Ja? Perfekt!
Ich freue mich auf dich.
Dein Mister Lewis

Mit jeder Zeile, die ich lese, wird das Grinsen auf meinen Lippen zunehmend breiter. Schmetterlinge flattern aufgeregt durch meinen Magen und Blitze der Nervosität zucken unter meiner Haut.

Ich bin furchtbar nervös, Dan in wenigen Minuten wiederzusehen. Nichtsdestotrotz überwiegt natürlich die Vorfreude.

Es ist süß, dass er sich so viel Mühe gibt. Extra nur für mich.

Ich lasse mich so sehr von meinem Herzklopfen ablenken, dass ich vergesse, einen Blick auf die Uhr zu werfen. Wie gut, dass Amy noch da ist und alles im Griff hat.

„Worauf wartest du, Stella? Dein Lover will dich gleich sehen und dir bleibt nur noch eine Stunde! Hopp, hopp! Umziehen und schick machen!", befiehlt Amy in strengem Ton, ehe sie mich in Richtung Schlafzimmer scheucht.

Lachend komme ich ihrer Aufforderung nach.

Ab jetzt kann und wird hoffentlich nichts mehr schiefgehen!

Im Takt deines HerzensWhere stories live. Discover now