15. Kapitel: Eine unerwartete Begegnung

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"Aber eben diese möchte uns unglücklicherweise nicht verraten, was in der Akte stand." Sein falsches Lächeln wurde breiter. "Aber irgendwann wird sie es tun. Es gibt noch einige Methoden, die wir noch nicht ausprobiert haben. Und dass Sie jetzt da sind, kommt uns auch ganz gelegen. Wenn die normalen Mittel nicht funktionieren, werden wir das Ganze mal an Ihnen austesten."

Sein Gesicht verzog sich zu einer undurchdringlichen Maske. "Führt sie ab." Weitere Männer kamen in den Raum. Verzweifelt zog er an den Fesseln und schaffte es, seine Arme zu befreien. Beschützerisch hielt er sie fest. "Lasst sie in Ruhe!" Doch die Männer hörten natürlich nicht auf ihn. Sie zerrten die beiden auseinander, dann aus dem Raum hinaus und über den Flur. Sie sahen sich ein letztes Mal in die Augen. "Es ist okay", flüsterte sie leise, dann wurden sie in unterschiedliche Richtungen geschleift. Er drehte sich noch einmal um, aber sie hatte sich von ihm abgewandt. Stattdessen traf er den Blick eines Mannes. Eines Mannes, den er nie erwartet hatte, hier zu sehen.

Er war so schnell gekommen, wie er konnte. Beiläufig registrierte er beim Betreten des Hauses, dass die Tür noch einen Spalt offen stand. "Aleah?" Sie antwortete nicht, aber er hatte sie schon im Wohnzimmer entdeckt. Sie saß zusammengesackt auf der Couch und starrte die Flaschen an, die vor ihr standen. Zwei von ihnen waren bereits halbgeleert. Als sie ihn sah, erhob sie sich mühsam und taumelte. Er fing sie mit seinen Armen auf. "Ciaran!" Dann begann sie, zu schluchzen. Ihre Tränen durchnässten sein Hemd, aber er hielt sie fest umklammert, drückte sie an sich. Tröstend strich er ihr über den Rücken. "Sie waren plötzlich einfach da. Und ..." Ihre Stimme brach. "Ich kann nicht! Ich darf nicht ... Noemi ... Jona ..." Schluchzer durchschüttelten sie. Er hielt sie fest in seinen Armen, wiegte sie stumm hin und her, bevor er sie sanft auf dem Sofa absetzte. Langsam versiegten ihre Tränen. Sie schluckte. "Ich kann nicht, aber ... ich will nicht noch einen Bruder verlieren." Sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter. "Ich habe Angst davor. Er darf nicht ..." Ihre Stimme versiegte erneut und er zog sie wieder in seine Arme. Verzweifelt drückte sie sich an ihn und er gab ihr den Halt, den sie brauchte. Nach einer Ewigkeit stand er schließlich auf. "Ich muss zurück, Aleah." Sie schüttelte stumm den Kopf. Er seufzte tief. "Ich muss. Aber du kannst mich immer anrufen, wenn du mich brauchst, okay? Und ich werde bestimmt bald wieder zurück sein." Sie nickte zögerlich. Er nahm die Flaschen vom Tisch und ließ sie unauffällig in einem der Küchenschränke verschwinden. Dann bahnte er sich noch ein letztes Mal den Weg durch das chaotische Haus und drückte seiner Frau einen Kuss auf die Stirn. "Ich kümmere mich darum, dass Noemi und Jona für ein paar Tage woanders unterkommen." Sie schloss erschöpft die Augen und nickte. Er wollte gerade das Haus verlassen, als sie ihm noch etwas hinterher rief. "Sie hatten einen Schlüssel. Sie haben die Tür nicht aufgebrochen." Er tat, als hätte er es nicht gehört.

Sie hatten ihn in eine kleine Zelle gebracht. Die Beinfesseln hatten sie ihm entfernt, aber eine relativ kurze Kette verband ihn jetzt mit der Wand. Die dicken Kettenglieder sahen nicht gerade ausbruchsfreundlich aus. Der Raum war eng, er saß auf einer harten Pritsche und hatte sich an seiner Umgebung schnell sattgesehen. Deshalb horchte er jetzt angestrengt auf alle möglichen Geräusche. Gleichzeitig hoffte er, dass es ihr gut ging. Dass sie ebenfalls in so einer Zelle saß und sich langweilte. Aber eigentlich wusste er, dass sie ihr wohl gerade etwas antaten, sie folterten. Verzweiflung machte sich in ihm breit.

Vor dem kleinen Fenster in der Zellentür erschien plötzlich ein Gesicht. Die Tür wurde geöffnet und ein Mann trat ein, den er trotz des wenigen Lichts sofort erkannte. Der Mann schloss die Tür hinter sich. "Was willst du, Ciaran?", knirschte er wütend mit den Zähnen. "Es dir erklären." "Erklären?" Er konnte nicht verstehen, wie sein Gegenüber so gelassen blieb. "Du gehörst einer kriminellen Organisation an, die gerade dabei ist, Stella zu foltern, nur um an irgendwelche Informationen zu kommen? Die Stella, die deine Frau gerade erst kennengelernt hat und ausgesprochen nett fand?" Ein Anflug von schlechtem Gewissen huschte über Ciarans Züge bei der Erwähnung von Aleah.

"Ich gehörte schon immer dazu. Ohne dass ich gefragt wurde. Man wird hier hineingeboren." Er seufzte. "Schon mein Großvater war ein Mitglied. Man kann nicht einfach so aussteigen. Du kennst wahrscheinlich die Geschichte von Stellas Vater, oder?" Er nickte, aber seine Wut war deutlich spürbar. "Und dann hast du Aleah mit reingezogen." "Es ging nicht anders, aber ich habe sie so gut wie möglich beschützt", begann der andere, doch er unterbrach ihn. "Nein. Du hast sie von dem Augenblick an in Gefahr gebracht, als ihr zusammen wart. Spätestens seit der Hochzeit. Du warst einfach so unglaublich selbstsüchtig und egoistisch." "Aber..." Doch er ließ Ciaran nicht zu Wort kommen. "Hast du auch nur einmal an Noemi und Jona gedacht? Hast du auch nur einmal daran gedacht, dass du sie nur allein deshalb gefährdest, weil du ihr Vater bist?"


850 Wörter. Wuhuuh, langsam wird es spannender. Fast hätte ich heute vergessen zu updaten, aber ich wurde dann doch noch daran erinnert.


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