12. Kapitel: Verdächtiges Gebäck und Verschleppung

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Beide saßen unten auf dem Sofa, als Aleah zurückkam. Sie war in ein Buch vertieft, das sie sich aus einem der Regale genommen hatte, er hatte sich eine weitere Tasse Tee gemacht und dachte nach.

"Ich dachte, du musst zur Arbeit", begrüßte er seine Schwester. "Ja, aber ich muss erst in einer Stunde los", beantwortete sie seine Frage. "Kann ich mal an deinen Laptop?", erkundigte er sich dann. "Ja klar. Steht im Arbeitszimmer." Er begab sich dorthin, setzte sich an den Schreibtisch und klappte den Laptop auf. Er las sich einige Artikel durch, bis Stella auf einmal hinter ihm stand. Hastig drückte er den Laptop wieder zu.

"Ich habe das hier gefunden." Mit einem besorgten Blick streckte sie ihm eine Dose hin. Er öffnete sie und sah hinein. "Was ist denn damit?" Er konnte nichts Auffälliges an ihnen entdecken. "Sie hat gesagt, sie hat sie selbst gebacken." "Und? Selbst ich backe hin und wieder, obwohl ich zugeben muss, dass ich nicht viel Talent dazu habe." "Als ich verschwunden war", erklärte sie, mit einem leicht panischen Gesichtsausdruck, "konnte ich mich an nichts erinnern, das habe ich Ihnen erzählt. Nur an Zimtschnecken. Und diese hier riechen genauso. Außerdem ..." "Ja?" Seine Sorge war ihm anzusehen. "Ich kann mich erinnern. An die Zimtschnecken. Ich ... ich hatte Schmerzen. Ich habe gekotzt. Und sie ..." Sie schluckte schwer. "Sie haben Zimtschnecken gegessen. Und mich gezwungen, ebenfalls eine zu essen." Er war verwirrt. Hatte seine Schwester etwas damit zu tun? Steckte sie etwa mit diesen grausamen Menschen, über die er nur so viel wusste, dass sie Stella verletzten und jetzt unbedingt finden wollten? Aber er glaubte Stella. Sie redete nicht gerne, und wenn sie so viel sprach, musste es einen wichtigen Grund dafür geben. "Ich dachte, sie wäre nett", setzte sie leise hinzu. "Ich dachte, ich könnte ihr ... vertrauen." Das letzte Wort kam ihr nur schwer über die Lippen. "Es wird eine Erklärung dafür geben", versuchte er sie, aber vor allem auch sich selbst, zu beschwichtigen.

Plötzlich hörten sie lautes Gepolter und einen Schrei. Sie klammerte sich erschrocken an seinen Arm. "Aleah, was ist los?", rief er und riss die Tür auf. Ein Riese von Mann stürmte auf ihn zu, stieß ihn beiseite und packte sie. Er war komplett schwarz gekleidet und maskiert. "Stella!" Er rannte den beiden hinterher. Er würde sie nicht kampflos aufgeben. Doch das letzte, was er sah, war der sich immer weiter entfernende Mann mit ihr fest im Griff. Denn das letzte, was er spürte, war, wie ein harter Gegenstand seinen Kopf traf.

Ein Strudel, der ihn immer weiter in den Abgrund zog. Immer schneller und schneller. Und dann Dunkelheit. Schwärze. Finsternis. Ein leichtes Schaukeln. Ein leises Brummen. Und wieder nichts. Entfernte, aufgebrachte Stimmen. Nichts. Das Knallen einer Autotür. Nichts. Stimmen, so nah. Aber er verließ den Zustand zwischen wach und schlafend wieder und verlor erneut das Bewusstsein.

Sie blieb allein zurück. Fassungslos starrte sie auf die zerstörte Einrichtung und den Blutfleck, den ihr Bruder auf dem Boden hinterlassen. Dann begann sie, verzweifelt zu weinen. "Sie haben sie einfach mitgenommen", schluchzte sie. "Sie haben ihn bewusstlos geschlagen. Vielleicht haben sie ihn umgebracht!" Ihr Weinen verwandelte sich immer mehr in gequälte Klagelaute. Verzweifelt griff sie zum Telefon und wählte die Nummer ihres Mannes. Er nahm ab. "Schatz, sie haben ..." Dann hielt sie inne. "Sie werden mich umbringen", flüsterte sie leise, während sie das Telefon von sich weghielt. "Sie werden Noemi und Jona umbringen, wenn ich etwas sage." Sie führte das Telefon wieder ans Ohr. "Aleah? Bist du noch dran?" "Ich brauch dich, Ciaran", wisperte sie so leise ins Telefon, dass er es fast nicht verstand. "Ich bin so bald wie möglich da", versprach er ihr, erkannte den Ernst der Lage an ihrer panischen Stimmlage. Sie legte auf, setzte sich neben das Sofa auf den Boden und wartete, schluchzend.

"Und?" "Wir haben sie, Sir!" "Sie haben wir im Wagen betäubt und ihn schon im Haus kurzerhand außer Gefecht gesetzt." Der Mann demonstrierte einen Faustschlag, nicht ohne Stolz. "Habt ihr auch meine Anweisungen befolgt und niemand sonst verletzt?" "Da war nur eine weitere Frau drin", berichtete der Mann. "Die konnten wir leicht einschüchtern, die wird uns keine Probleme machen." "Gut." Er räkelte sich zufrieden in seinem Sessel. "Und wo sind die beiden jetzt?" "Unten, im Keller. Erstmal im selben Raum, und gefesselt natürlich. Sind beide noch nicht bei Bewusstsein." "Dann lasst sie erstmal schlafen. Aber wenn sie aufwachen, sagt mir hier jemand Bescheid, verstanden?" "Verstanden, Sir!" Der Mann nickte übereifrig und salutierte schon fast. Er grinste zufrieden, als der andere die Tür hinter sich geschlossen hatte. Solch eine Begeisterung würde er gerne bei allen seinen Männern sehen. Da fiel ihm noch ein, dass er unbedingt herausfinden musste, warum dieser eine von ihnen gewollt hatte, dass die Frau heute am Leben blieb. Aus Nächstenliebe hatte er das wohl kaum verlangt, und bei dem so absurden Gedanken konnte er sich ein kleines Kichern nicht verkneifen.


819 Wörter. @Klaerchen20, ich weiß jetzt schon, dass dieses hier zu deinen Lieblingskapiteln gehören wird, allein wegen des Titels. 😂

Soul ShardWhere stories live. Discover now