27. Kapitel

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    Der Tag war wie im Flug vergangen. Gemütlich fuhren wir zurück zum Campingplatz. Der Wellengang hatte etwas nachgelassen, weswegen die kurze Überfahrt viel angenehmer war als die von heute Morgen. Dardan saß entspannt am Boden, die endlosen Beine von sich gestreckt, den Kopf auf den Schlauch des Bootes gelegt, die Augen geschlossen, während er sich von der Abendsonne bestrahlen ließ. Er war die Ruhe in mir Person, wie mir in diesem Moment klar wurde. Er war vollkommen ruhig, obwohl wir auf dem Boot waren. Den Wellengang schien er nicht mehr zu spüren.
     Heute Morgen hatte er so verkrampft gesessen, dass ich gedacht hatte, seine Muskeln würden den ganzen Tag über die Haltung beibehalten. Stattdessen wirkte er wie die Ruhe in Person, ganz entspannt. Ich fuhr gerade mal 3 Knoten. Nicht sehr schnell. Schrittgeschwindigkeit, die dafür sorgte, dass man die Hitze des Tages noch immer spüren konnte.
     Trotz der untergehenden Sonne war es noch immer verdammt heiß. Schweißperlen sammelten sich auf meiner Stirn, ehe sie an meinen Schläfen hinunterrannen. Es war eine Farce. Es war einfach viel zu heiß und der Drang, die Fahrt zu beschleunigen, um zumindest etwas Fahrtwind abzubekommen war dringend. Doch Dardan war an Bord und mein Magen war so gut wie leer. Das Obst von heute Mittag war bereits wieder verdaut, durch das viele Schwimmen und herumalbern.

      »Du sollst mich doch nicht so anstarren. Wir könnten einen Unfall bauen, nur weil du von meiner Schönheit abgelenkt bist«, verkündete Dardan und öffnete ein Auge. Ertappt sah ich sofort wieder nach vorne. Sein Selbstbewusstsein kam nur ab und zu an die Oberfläche, weswegen es mich immer unvorbereitet traf. Dardan war... ja ich wusste nicht mal, wie ich es beschreiben sollte. Ich wusste es einfach nicht. Manchmal war er so verdammt schüchtern und wurde rot und an anderen Tagen haute er solche Sätze raus und grinste mich frech an.
     Einfach so. Es war... unglaublich. Einfach unglaublich. Ein leises Lachen ertöte, wurde sogleich aber von einem dröhnenden Motor eines anderen Boots verschluckt, dass an uns vorbeiraste. Der Mann fuhr viel zu schnell in der langen Hafeneinfahrt. Mir war bewusst, dass alles hier dazu einlud schnell zu fahren, doch hier waren überall Strände und das bedeutete, dass hier viele Schwimmer, Taucher oder Paddler unterwegs waren. Man musste einfach langsam fahren.
     Am liebsten hätte ich nun gehabt, dass er von der Wasserpolizei aufgehalten wurde. Leider geschah das viel zu selten. Es passierte, doch meistens traf es die Leute, die es am wenigstens verdienten. Kopfschüttelnd riss ich mich von diesen Gedanken los und achtete lieber wieder auf das, was vor mir lag. Dardan sah dem Boot aber ebenfalls nach und schien die gleichen Gedanken wie ich zu hegen, denn seine Lippen waren zu einer schmalen Linie verzogen und seine Stirn gerunzelt.

     Er sagte nichts dazu, beobachtete aber das Boot noch eine Weile, ehe er seinen Kopf wieder auf den Schlauch legte und die Augen schloss. Erst, als ich noch etwas langsamer wurde, richtete er sich auf und sah mich an, ehe er den Steg ansah. Dardan war ein Naturtalent, wenn es ums Anlegen ging. Jedes Mal war er mir eine große Hilfe, ohne das ich ihm viel sagen musste. Natürlich passierten ihm ab und an Fehler, doch wem passierten die nicht?
     Dardan lief bereits nach vorne zum Bug und machte die Leine bereit. Sein Gang war selbstsicher. In diesem Moment merkte man nicht, dass er eigentlich seekrank wurde. Er selbst schien es in diesem Moment selbst nicht zu wissen. Sein Blick war fokussiert auf den Steg. Weiter nichts. Den Rest der Welt schien es für ihn nicht zu geben. Langsam fuhr ich zum Steg, darauf bedacht zu schauen, ob es wieder so leichtsinnige gab, die im Bootsbereich schwammen. Zum Glück war das heute auch nicht der Fall.
     Beim Anlanden sprang Dardan gekonnt auf den Steg und machte die Leine fest, damit ich ihm erst alle Taschen reichen konnte. Wie immer zogen wir ein paar Blicke auf uns, die ich zu ignorieren versuchte. Das versuchte ich wirklich. Leider ohne viel Erfolg. Immer wieder sah ich zu den anderen an den Strand und fragte mich, was sie sahen, wenn sie uns zusahen. War das so interessant?

      Schnell schüttelte ich diese Gedanken ab und konzentrierte mich darauf Dardan seine Schuhe in die Hand zu drücken. Lächelnd nahm er sie an und als er sie angezogen hatte, löste er die Leine und stieß das Boot sanft vom Steg ab. Grinsend winkte ich ihm, was ihn die Augen rollen ließ. Gute zehn Minuten später war ich bereits wieder am Strand. Dardan wickelte mich erneut in ein Handtuch ein, dass aber bereits vom vielen Salzwasser so steif war, dass es bald als Brett durchgehen konnte.
     Zum Glück hatte ich noch zwei weitere Handtücher. »Wieso wickelst du mich immer in ein Handtuch? Der Wind ist heute doch nicht so stark«, meinte ich, wusste aber, dass der Wind dennoch tückisch sein konnte. Dardan schien der gleichen Auffassung zu sein. »Der Schein trügt. Die Sonne hat nachgelassen und der Wind ist wieder etwas stärker und kühler, wie ich finde. Ich möchte nicht, dass du krank wirst. Am Strand lagst du in der Sonne und der Wind war nicht so stark aber hier? Hier gehen wir jetzt durch viel Schatten.«
     Er hatte ja recht... deswegen blieb mir nichts anderes übrig, als zuzustimmen. Generell mochte ich seine fürsorgliche Geste. Ich liebte es, dass er so an andere dachte. Und ich wusste, dass meine Gefühle für ihn immer und immer stärker wurden. Das konnte ich nicht mehr leugnen. Das wollte ich auch nicht leugnen. Das zu leugnen wäre glatter Blödsinn. Trotzdem gab es da das Fragezeichen für die Zukunft.

Das Rätsel der LiebeWhere stories live. Discover now