3. Kapitel

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     Der Bass von „Mambo Nr. 5" von Lou Boga hämmerte in meinen Ohren, während ich noch mal auf die Nachricht sah, die ich Damir aufgrund der Zeitverschiebung gesendet hatte. Er hatte sie noch nicht gelesen, doch ich war mir sicher, dass er das noch würde. Das Flugzeug würde um 11:20 Uhr am Flughafen von Krk landen und dort würde er mich abholen, ehe wir gemeinsam mit der Fähre nach Cres fuhren. Mein Blick glitt aus dem Fenster, während mein Magen sich zu einem Knoten wandte, als ich an gestern dachte. Die Art, wie Dardan mich angesehen hatte, wie er mit mir gesprochen hatte.
     Die Art wie ich ihmhatte sagen müssen, dass ich kein Interesse daran hatte ihn näherkennenzulernen, obwohl das nicht der Wahrheit entsprach. Ich war nicht der Mensch nicht ehrlich zu mir selbst zu sein. Dardan hatte meine Aufmerksamkeit erregt und er war interessant. Netter als andere und schien mich kennenlernen zu wollen, doch er... das hatte ich meiner Schwester nicht antun können. Anstatt das zu sagen hatte ich es aber wohl etwas falsch herausgebracht, weswegen ich noch immer im Boden versinken wollte.

     Sie starrten mich alle an, besonders er. Doch ich hörte noch immer das Schluchzen meiner Schwester, obwohl sie längst in ihrem Zimmer verschwunden war. Noch immer sah ich ihren traurigen Blick vor mir und ich sah den wütenden Blick meiner Mutter. Nein, ich konnte ihr das nicht antun. So sehr ich ihn auch kennenlernen wollte... langsam hob ich den Kopf und sah Dardan direkt in die braunen Augen, die mich voller Hoffnung musterten. Er wollte mich kennenlernen und so sehr mich das auch freute ich... ich konnte nicht. Meine Schwester litt und würde es noch mehr, wenn ich ihn kennenlernte.
     Er musste verstehen, dass ich nicht konnte. Er musste doch merken, wie schwer er mir diese Entscheidung gerade machte. Es gab so viel das ich sagen oder tun wollte. Dardan wirkte wie jemand, der mich verstehen würde. Trotzdem konnte ich nicht. Phoenix weinte sich die Augen aus und empfand dieses Gefühl, dass ich nur zu gut kannte. Das Gefühl nicht gut genug zu sein. Das Gefühl niemanden zu reichen. Das Gefühl nicht mal die perfekte zweite Wahl zu sein, sondern die letzte Wahl. Das Gefühl Abschaum zu sein, immer nur im Schatten einer Person zu stehen.
     »Ich will das nicht«, stieß ich aus, bereute es aber sofort, als ich sah, wie Dardans Züge härter wurden und er schluckte. Meine Worte waren fauchender herausgekommen als beabsichtigt. Wild und hart. Dabei drückten sie nicht richtig aus, was ich sagen wollte. An seinem Blick erkannte ich, dass er mich falsch verstanden hatte. Jetzt war es aber zu spät und ich würde keine Chance mehr bekommen es ihm zu erklären. Reserviert nickte er, ehe er sich bei meinen Eltern entschuldigte und das Haus verließ. Elijah rollte mit den Augen. »So ein Idiot. Er würde einen Dreckklumpen einen Goldstück vorziehen. So war er leider schon immer. Dardan sieht selten den wahren Wert. Tut mir leid für die Umstände, Mr. Mc'Raven.«
     Dann rief er im harschen Tonfall seine Töchter zu sich. Yasmin schenkte mir ein letztes Lächeln, als sie mit ihren Töchtern das Haus verließ. Ein Blick nach draußen verriet mir, dass Dardan bereits in sein Auto gestiegen war und die Tür zugeknallt hatte. Mein Herz wandte sich und verdrehte sich zu einem schmerzhaften Knoten in meiner Brust. Doch es war besser so. Nicht noch mehr Leute sollten wegen mir leiden.

     Ich hätte nicht anders handeln können, sagte ich mir und festigte diese Gedanken in meinem Kopf. Lange blieb mein Blick aus dem Fenster gerichtet, während ich ungeduldig darauf wartete endlich Boston verlassen zu können. Dicke Wolken hingen am Himmel, verdunkelten den Tag nur noch mehr, während ich von Damir wusste, dass heute die Sonne scheinen würde in Cres. Mein Herz schlug schneller bei diesem Gedanken bald wieder dort zu sein. Drei Jahre war ich nicht mehr dort gewesen. Das College hatte meine ganze Zeit geraubt und meine Eltern hatten mir kein Geld für einen Trip dorthin gegeben. Jemand setzte sich neben mich. Der Geruch von einer Mischung aus einem herben Aftershave und einer Prise frischen Waschmittel stieg mir in die Nase.
     Der Geruch wirkte vertraut, doch ich konnte nicht sagen warum. Vielleicht war es das gleiche Waschmittel, dass meine Mutter nutzte. Die Musik dröhnte weiterhin laut in meinen Ohren, während ich aus dem Fenster sah und erstarrte, als ich die Person im Spiegelbild im Fenster sah, die sich mir zugewandt hatte und mit mir sprach. Nein, dachte ich mir. Das ist ein Traum. Das kann nicht sein. Erschrocken wirbelte ich herum und zog dabei die Kopfhörer aus meinen Ohren. Ein warmes Lächeln begrüßte mich, doch das Lächeln wirkte angespannt.
     »Hey, Mika«, begrüßte Dardan mich mit seiner tiefen Stimme, das Lächeln auf seinen Lippen wackelte, als wir hörten wie die Maschine startete. »Dar-Dardan«, stotterte ich, nicht wissend woher plötzlich diese Unsicherheit kam. Schnell schob ich es darauf, dass er mich einfach überrascht hatte. Schließlich hatte er das auch. Mich überrascht. »Du siehst mich an als wäre ich ein Geist«, meinte er und legte den Kopf schief. Mein Herz machte einen komischen Satz, als er mich musterte, die Cap auf meinem Kopf, den weiten Hoodie und die Jogginghose, für die meine Mutter mich angeschrien hätte.

Das Rätsel der LiebeWhere stories live. Discover now