11. Kapitel

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     Etwas weckte mich. Was genau es war wusste ich nicht. Irgendwie riss ich panisch die Augen auf und sah mich in meinem Zimmer um. Noch immer hüllte Dunkelheit mein Zimmer ein und noch immer heulte draußen der Wind. Wie spät war es? Blind griff ich nach meinem Handy und checkte die Uhrzeit. 03:07 Uhr. Seufzend schaltete ich den grellen Bildschirm wieder ab, der mir in den Augen brannte und wollte mich wieder schlafen legen, doch etwas hielt mich davon ab. Was es war konnte ich nicht sagen. Irritiert lag ich wach im Bett und wartete darauf wieder vom Schlaf geholt zu werden.
     In mir war aber diese Unruhe, die das nicht zu ließ. Eine Stimme schien zu flüstern, dass ich ja nicht wieder schlafen sollte. Verwirrt lag ich im Bett und sah an die Decke nach oben, ohne wirklich etwas zu erkennen. Meine eigenen Gefühle verwirrten mich. Sie verwirrten mich wirklich und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Wieso konnte ich nicht mehr schlafen? Wieso war ich plötzlich so unruhig? Langsam und fahrig schlug ich die Decke beiseite und richtete mich wie in Zeitlupe auf. Meine Knochen waren müde. So wie ich. Meine Augen brannten, trotzdem konnte ich einfach kein Auge mehr zumachen. Also lief ich aus meinem Zimmer und lief in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu machen.
     Gerade als ich den Wasserhahn aufdrehen wollte, hörte ich ein Wimmern, dass aus Dardans Zimmer kam. Erschrocken hielt ich inne, nicht wissend was ich tun sollte. Langsam drehte ich mich in die Richtung seines Zimmers und erkannte mit dem warmweißen Licht der Küche, dass sein Körper zusammengerollt auf dem Bett lag. Zitternd. Vergessen war das Glas Wasser und schon eilte ich in sein Zimmer, ohne groß darüber nachzudenken. Er zitterte am ganzen Leib, hatte die Arme um sich geschlungen.
     Sofort schaltete ich das Licht an, nur um festzustellen, dass seine Augen geschlossen war. Er schlief aber schien schlecht zu träumen. Tausend Fragen huschten durch meinen Kopf. Soll ich ihn wecken? Soll ich ihn nur umarmen? Soll ich wieder gehen? Was ist, wenn ich ihn aufwecke und er wieder Panik bekommt? So viele Fragen und doch fand ich einfach nicht die richtige Antwort. Fürs Erste entschied ich mich dazu ihn zu umarmen. Leise tapste ich zum Bett und legte mich zu ihm.

     Sein Rücken war schweißnass, als ich mich dagegen drückte und die Arme um ihn schlang, doch es war mir egal. Das war momentan meine geringste Sorge. Ein Beben ging durch seinen Körper, als ich meine Hände auf seine Brust legte. Sein Herz schlug so wild, dass ich seinen Herzschlag spürten konnte. Mein Gesicht wurde heiß, als ich mit meinen Händen in Kreisen über seine Brust fuhr, in der Hoffnung, dass er spürte. Zusätzlich summte ich ein kroatisches Lied, dass Damir mir immer vorgesummt hatte. Das Wimmern verebbte, aber das Zittern blieb noch.
     Er zitterte und zitterte. Wie lange ich hier lag und ihn festhielt in der Hoffnung, dass das Zittern aufhören würde? Ich wusste es nicht. Erst nach einer ganzen Weile hörte er auf zu zittern und schlief endlich wieder friedlich. Lächelnd wollte ich mich von ihm lösen, doch seine Hände schlangen sich um meine. »Nicht... bitte«, krächzte er. Überrascht, dass er wach war, hielt ich den Atem an und rührte mich nicht. »Bleib noch ein bisschen«, brachte er heiser über die Lippen.
     Ich hätte ihm sagen sollen, dass das nicht ging. Ich hätte ihm sagen sollen, dass ich nicht konnte. Ich hätte... es gab so viel, was ich ihm hätte sagen können und doch lag ich noch hier, neben ihm und streichelte weiter seine Brust. Ein zufriedenes Brummen kam über seine Lippen, dass in den Tiefen meines Körpers vibrierte und mein Herz zum Rasen brachte. Trotzdem machte ich weiter, in der Hoffnung, dass er einfach bald einschlafen würde und ich dann wieder in mein Zimmer gehen konnte. Doch so langsam konnte ich meine Augen nicht mehr offen halten. Mit jedem Wimpernschlag wurde es schwerer sie wieder zu öffnen. Es wurde schwerer sich auf die kreisenden Bewegungen zu konzentrieren.
     Es wurde schwerer überhaupt an etwas zu denken. Und irgendwann öffneten sich meine Augen nicht mehr und ich wurde in die Dunkelheit gerissen, mit Dardan in meinen Armen. Egal wie sehr ich versuchte mich zu wehren, ich wachte nicht mehr auf.

     Genüsslich seufzend kuschelte ich mich mehr in mein Kissen. Doch die erwartete Weiche blieb aus. Stattdessen war mein Kissen hart und... haarig? Erschrocken riss ich die Augen auf und sah mich um. Das war nicht mein Zimmer. Es war heiß. Zu heiß und etwas lag auf mir darauf. Ein... Arm? Verblüfft sah ich mich um. Das Licht war noch immer an. Dardans Arm lag um mich geschlungen, weil mein Kopf auf seiner Brust lag. Nein. Nein... nicht gut. Überhaupt nicht gut. Als hätte ich mich verbrannt schob ich seinen Arm von mir und sprang aus dem Bett. Das Herz schlug mir bis zum Hals während ich ihn musterte. Er schlief noch. Gut. Wieso bin ich nicht einfach aufgestanden und gegangen?
     Wieso, wieso, wieso? Frustriert raufte ich mir die Haare, zog an meinen schwarzen Strähnen und fragte mich, wie das hatte passieren können. Hatte ich nicht ausdrücklich gesagt, dass ich mich von ihm fernhalten musste? Was genau hatte mein Kopf daran nicht verstanden? Oder mein Herz? Gott... ich konnte ihm doch keine Hoffnungen machen, wenn ich wusste, dass es nie klappen würde.
     Schnell eilte ich aus dem Zimmer. Immer schneller und schneller. In meinem Zimmer schnappte ich mir ein Outfit für den heutigen Tag, dann rannte ich ins Bad, wo ich abschloss in den Spiegel sah. Meine Wangen waren rot, meine Haare zerzaust und mein Blick glühend. Meine Brust hob und senkte sich in flachen Atemzügen. Was zum... was zum Teufel hatte ich getan? Gott er... Dardan machte sich Hoffnungen und ich... ab jetzt musste ich ihm klar machen, dass wir nur Freunde sein konnten. Nicht mehr und nicht weniger. Doch wieso schlug mein Herz dann so schnell? Und wieso wollte ein Teil von mir zurück in seine Arme sinken und noch eine Weile dort liegen?
     Mika, nein... das geht nicht. Also holte ich tief Luft, zog meine Schlafkleidung aus und stieg unter die Dusche, um seinen Geruch von mir zu waschen in der Hoffnung, dass ich meine Gefühle gleich mitentfernen konnte. Kaltes Wasser prasselte auf mich herab und kühlte meine erhitze Haut. Gleichzeitig stach es wie Nadeln, doch das ignorierte ich. Stattdessen dachte ich an all das, was in den letzten 48 Stunden passiert war. Das Bild meiner Schwester, wie sie mich traurig ansah, hatte sich in meinen Kopf gebrannt, so wie ihr Schluchzen, dass jedes Mal in meinen Ohren widerhallte.

Das Rätsel der LiebeHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin