Kapitel 4

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"Oh Maus...", mitfühlend strich mir Mathea über meinen Arm.
Keine Ahnung, was mich getrieben hatte, aber nach dem Telefonat war ich in mein Auto gestiegen und zu den Goretzkas gefahren.
"War das Thema bei euch auch mal auf dem Tisch?"
"Oh ja... Damals bei Schlake zum Beispiel."
"Oh Gott, stimmt. Sorry...", murmelte ich, sie strich mir lächelnd über meinen Arm.
"Hey, das ist bei jedem Fußballer irgendwann mal auf dem Tisch. Selbst bei den Müllers war das irgendwann ein Thema, okay?"
Ich nickte und legte meinen Kopf in meine aufgestützen Hände.
"Und was mache ich, wenn er tatsächlich nach England zurück will?"
"Hat er sowas gesagt?"
"Bis jetzt nicht, aber wohin sollte er denn sonst wollen? Er macht sicher nicht den Niki-Move und geht zu Dortmund..."
Mathea fing an zu lachen, ich sah sie missmutig an.
"Hey, jetzt hör mir mal zu. Ganz egal, ob du nach England, Spanien oder doch Dortmund ziehst, ihr bekommt das hin! Und ich bin mir sicher, Jamal würde nie etwas tun, wenn du es nicht willst. Er würde seinen Wechsel-Wunsch niemals über dich stellen, jetzt erst recht nicht mehr.", sanft sah sie zuerst mich und dann meinen Bauch an, ich folgte ihrem Blick. Sofort musste ich anfangen zu lächeln, ehe ich wieder nachdenklich wurde.
"Du machst schon den typischen Schwangerschafts-Move...", Mathea fing an zu lachen, ich sah an mir herunter.
Ohne es zu merken, hatte ich meine Hand über meinen Bauch streichen lassen.
Leicht grinsend schüttelte ich meinen Kopf und legte meine Hand wieder auf meinem Oberschenkel ab.
Dann sah ich zu der Brünette neben mir: "Ich weiß aber überhaupt nicht, ob ich das will."
"Was jetzt genau?"
"Dass er unser Glück über seines stellt... Mathea, wir waren immer ehrlich zu einander, aber er hat dieses Wechselwunsch nie erwähnt. Klar, er war die letzten Wochen komisch drauf, aber er hat nie was gesagt. Hätte ich das merken müssen?"
"Definitiv, du bist eine grottige Ehefrau, Juli.", Mathea und ich fuhren herum, Leon lief mit Lynn auf dem Arm die letzte Stife herunter.
"Du bist ein Idiot, Leon.", Mathea sah ihn missmutig an und wendete sich dann wieder mir zu, "Hör nicht auf ihn, er hat ja noch nicht mal einen Plan, um was es geht. Was einen grottigen Ehemann ausmacht, ist, wenn man private Unterhaltungen seiner Ehefrau unterbricht.", sie funkelte ihn leicht an, er hob schmunzelnd seine Hände in die Höhe.
"Ich wollte eigentlich nur nach euch schauen und den kleinen Racker bei euch abladen. Denn dein grottiger Ehemann wollte Brötchen fürs Frühstück besorgen. Juli, isst du bei uns mit?"
Ich warf einen Blick auf die Uhr und erschrak.
"Oh Gott, es ist schon fast halb 7! Ich muss zurück, mein Chef bringt mich um, wenn ich die Papiere heute nicht fertig habe..."
"Ich nehme an, das war ein nein."
Mathea warf Leon erneut einen vernichtenden Blick zu, er schickte schmunzelnd Lynn zu ihr und verzog sich dann.
"Jetzt mach dir keinen allzu großen Kopf. Das Baby wird so oder so alles verändern, okay? Das alles mag dir jetzt furchtbar entsetzlich vorkommen, aber das wird! Und wenn Jamal sich tatsächlich für einen Wechsel entscheidet, den du nicht unterstützt, schicke ich Leon vorbei. Das ist aber echt nur die Notlösung..."
Ein Lachen schlich sich auf mein Gesicht: "Danke, Mathea."
"Kein Problem. Und jetzt komm her.", sie nahm mich in ihren Arm und Lynn, der zwischen uns saß, piekste mir in meine Brust.
"Lynn!", Mathea sah mein Patenkind schimpfend an, ich fing an zu lachen.
"Tante Juli sollte wieder lachen.", meinte der Kleine und sah Mathea unschuldig an.
Diese schüttelte ihren Kopf, sah den Lockenkopf aber weniger streng an.
Ich wuschelte ihm über seine Haare und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe ich mich von beiden verabschiedete.

Im Auto atmete ich erstmal tief durch. Ich konnte definitiv nicht so ins Büro, ich sah aus wie eine Irre.
Nicht nur, dass ich lediglich meinen Schlafanzug trug, über den ich eine Trainingsjacke von Jamal geworfen hatte, sondern auch meine Haare, die aussahen, als wäre ich aus einem Gruselfilm entsprungen. Meine tiefen Augenringe machten das ganze nicht besser, wie ich im Rückspiegel sehen konnte.
Ich ließ mein Gesicht auf mein Lenkrad sinken und atmete erneut tief durch.
In dem Moment vibrierte mein Handy und ich zog es aus meiner Hosentasche.
Zu meiner Überraschung war es Jamal, ich ging seufzend ran.
"Juli? Gott sei Dank gehst du hin, geht es dir gut?! Ich habe mir Sorgen gemacht, wo, wo bist du? Ich hätte es dir nicht sagen sollen, soll ic-", ich unterbrach seinen Redeschwall.
"Jamal, ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung! Ich war eben bei Mathea und ich komme jetzt wieder Heim, okay?"
Er atmete etwas beruhigt auf.
"Soll ich dich abholen?"
"Nicht nötig, ich bin mit dem Auto hier."
"Okay.", er sprach leise und mein Herz zog sich anhand seiner unsicheren Stimme zusammen.
"Bis gleich. Ich liebe dich.", er erwiderte meine Worte sofort.

"Jamal?", ich legte den Schlüssel auf unserem Telefontisch ab und hörte, wie Jamal direkt aus dem Wohnzimmer kam.
Erleichtert schlitterte er auf mich zu und zog mich direkt in eine Umarmung.
"Ich dachte schon du...", er brach ab.
"Ich würde niemals einfach so gehen, okay? Ich habe einfach Mathea gebraucht."
Er nickte und ich streckte mich, um ihm einen Kuss auf den Mund zu drücken.
Er schloss seine Augen und legte seine eine Hand auf meinen Rücken, während die andere auf meiner Taille Platz fand.
"Es tut mir leid. Ich wollte das nicht. Wenn du hier bleiben willst, dann-"
"Stopp! Jamal, natürlich liebe ich München und würde mir wünschen, dass wir hierbleiben würden. Aber wenn du unglücklich bist, dann komme ich ohne zu zögern mit. Wir haben schon so viel überstanden, ein Vereinswechsel wird uns nicht auseinanderbringen. Also, egal wohin uns die Reise bringt, ich bin bereit.", ich sah ihn eindringlich an.
In mir drinnen war ich längst nicht so überzeugt wie in meiner Rede, aber das würde ich ihm sicher nicht sagen.
Ich hatte keine Ahnung, was passieren würde und das Baby machte es eher komplizierter als einfacher.
Aber andererseits war der Mann vor mir Jamal, der Mann, den ich über alles in der Welt liebte und genau dieser Mann war unglücklich.
Und egal wie gerne ich hier bleiben würde, ich wusste ganz genau, dass mich der Gedanke an sein Unglück umbringen würde.
Mein Zuhause war nicht München, mein Zuhause war Jamal

Endless love ? - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now