4 - Fünf Antwortsätze und vier Minuten eines Streits

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Verrate ich nicht

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Verrate ich nicht. Falls du antwortest, verstecke das Buch auf dem zweiten Schulhof unter der gelben Bank. Dort sieht es keiner. - P.
Was ist das für eine Antwort? Eine Anweisung und ein simples Verrate ich nicht. Was soll man denn darauf antworten?
Ich sitze gerade an meinem Schreibtisch und überlege fieberhaft, was ich auf diesen schlichten kurzen Text antworten soll, schließlich möchte ich herausfinden, wer mir da geschrieben hat.

Ich entscheide mich, das Buch vorerst zur Seite zu legen und mich auf meine Hausaufgaben zu konzentrieren. Eigentlich wollte ich diese nämlich schon längst erledigt haben, doch dann ist das Buch mit ihnen aus meinem Rucksack gefallen und an die Hausaufgaben war nicht mehr zu denken.
Gerade schlage ich meinen Gescchichtshefter und das Buch auf, um die zahlreichen Aufgaben auf dieser Seite zu lösen, als meine Tür mit der Wand Bekanntschaft macht. Begleitet von einem lauten Knall.

"Fratello, komm mal mit!", fordert mich Ambra auf und steht im selben Moment bereits neben mir, um mich mit erstaunlicher Kraft von meinem Platz hochzuziehen und mitzuschleifen. All das geschieht innerhalb weniger Sekunden und ich habe weder die Chance zu antworten, noch mich zu wehren.
"Perchè?" Ist das einzige, was ich herausbringe, zu irritiert bin ich noch von Ambra's plötzlichem Überfall.
"Sag' ich dir gleich. Komm einfach mit"
"Ich habe ja keine Wahl", kurz darauf stöhne ich überrascht auf, "Man hast du eine Kraft, du musst mich ja nicht gleich – Au!" Sie hat mich tatsächlich fallen gelassen! Auf den Boden ihres Zimmers!

Hinter mir ertönt ein leises, aber definitiv zweistimmiges, Kichern.
"Du musst ja nicht gleich brutal zu ihm sein, Am." Eine Stimme, die ich, zu meinem Leidwesen, heute erst gehört habe, rügt meine Schwester. Allerdings kann ich sie nicht ernst nehmen, da ihr Satz so ironisch ausgesprochen ist, dass er gar nicht ernst gemeint sein kann.

Jetzt schon am Ende meiner Nerven angekommen stöhne ich auf.
"Was macht die denn hier, Ambra?"
"Die hat einen Namen und die ist hier, weil wir uns in letzter Zeit viel zu wenig getroffen haben", erwidert Ambra patzig.
"Gut, dann so: Warum ist Reana hier und du nicht bei ihr? E perché diavolo sono qui?" Meine verbesserte Antwort scheint weder Ambra noch Reana zu gefallen.
"Du, mein liebster Bruder, bist hier, weil du einfach mal mehr Zeit mit mir verbringen solltest und ..." Ambra wird von Reana's nervtötender Stimme unterbrochen, die feixend hinzufügt "Und, weil deine Schwester ausgerechnet dich um Rat fragen will."
"Nein! Du hast vorgeschlagen, ihn zu fragen", merkt Ambra empört an.
"Aber nur, weil du dir von mir nicht helfen lassen wolltest. Und außerdem war das nicht wirklich ernst gemeint."

Während die beiden darüber diskutieren, wer nun die Idee gehabt hätte und warum, sehe ich meine Gelegenheit, mich rauszuschleichen. Langsam bewege ich mich – Kaffeebohnenschritt für Kaffeebohnenschritt – in Richtung Tür. Jedes noch so kleine Geräusch, das ich verursache versetzt mich für den Bruchteil einer Sekunde in eine Schockstarre. Gerade als ich den letzten Schritt in Richtung Tür machen will, spüre ich einen festen Griff an meinem Arm.
"Hier geblieben, fratello!" Ambra's Hand umklammert meinen Arm fest, während sie mich zurückzieht und neben sich fallen lässt.
"Au! Du musst mich nicht immer fallen lassen, sorellina."
"Ich will aber", erwidert sie mit einem bösen Grinsen, zieht mich erneut hoch und lässt mich zur Verdeutlichung ihrer Worte noch einmal auf den harten Holzboden fallen. Natürlich neben ihren Teppich.

Missing the Book | ✔️Where stories live. Discover now