Kapitel 1: Sie verlassen nun Beacon Hills

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Liam konnte sich an seinen fünfzehnten Geburtstag erinnern, als seine Mutter ihm einen Kuchen in den ruhigen Raum brachte und Kerzen ein unheimliches Leuchten auf das Gesicht von Mason und seine Eltern schienen. Er erinnerte sich an die Art und Weise, wie er sich in dem beinahe leeren Raum umsah und über die Schule nachdachte, aus welcher er soeben erst rausgeworfen wurde und an die Freunde, die er verlor, als er mit einem Brecheisen auf das Auto seines Coachs einschlug. Er erinnerte sich daran, wie einsam er sich fühlte, wie sehr er sich hasste und wie sehr er die Krankheit IED hasste, mit welcher er bestraft wurde und welche seine Mum dazu brachte ihm jedes Mal, wenn er öfters in einem Videospiel, das er spielte, starb, nervöse Blicke zuzuwerfen und auf die Explosion zu warten. Er erinnerte sich an die Einsamkeit, die Verlorenheit, an das Gefühl etwas ändern zu wollen, irgendetwas, nur damit er sich wieder normal fühlen konnte. Er erinnerte sich an die Art und Weise, wie die Pillen, die er früher nahm, seinen Mund nach Kreide schmecken ließen und seine Glieder langsam entspannten, die Art und Weise, wie er sich fühlte, als würde er davontreiben, eine vom Wind getriebene Gewitterwolke, unfähig dazu etwas anderes zu tun als darauf zu warten, dass der Blitz ausbrach und der Donner anfing zu grollen, was jeden aufschreckte, darauf zu warten, dass der Regen und der Wind anfingen ihr Unheil zu treiben.

Er erinnerte sich an die Art und Weise, wie seine Mum ihn mit einem leichten Lächeln anlächelte, immer noch nervös, was jedoch langsam nachließ, ohne Zweifel dank dem Schleier über seinen Augen, welcher die Medizin hinterließ und welcher so aussah, als hätte man ihm Betäubungsmittel verabreicht. Wie sie sagte ‚Wünsch dir was'. Und obwohl er bereits zu alt dafür war sich etwas auf das Ausblasen einer Kerze zu wünschen versuchte er es, einen letzten Versuch, eine letzte, verzweifelte Bitte, schloss die Augen und pustete die Kerzen mit einem Mal aus, während ihm nur ein Gedanke durch den Kopf schwirrte: Ich wünsche mir, dass sich alles verändert.

Und das tat es. Er wünschte sich, dass niemals mehr jemand ihm nervöse Blicke zuwarf, er in eine neue Schule kam, in Lacrosse in die erste Reihe durfte, er wünschte sich, dass sein IED verschwand und dass die Medizin aufhörte ihn zu schwächen.

Dann wurde er von Scott gebissen und sein Wunsch ging in Erfüllung. Alles veränderte sich, jeder einzige Teil von ihm. Alles, außer seine Aggressionen, welche immer noch in ihm loderten, die sich ihren Weg hinausbissen und nur darauf warteten, dass er sie freiließ. Doch nun war es schlimmer, noch gefährlicher. Sie brachten Fangzähne, Klauen und Blutlust mit sich, sie besaßen Feinde, an denen sie rausgelassen werden konnten und Situationen, in denen ihm gesagt wurde, dass er sie nutzen sollte. Dass er sich aus ihnen Stärke ziehen sollte.

Er war sich nicht sicher, wie oft er im darauffolgenden Jahr über diesen Wunsch nachdachte, doch er wusste, dass dies nichts ändern würde, dass obwohl Werwölfe, Die Wilde Jagd, Schreckensärzte und Berserker echt waren Wünsche es nicht waren, sie waren Kindergartenzeug, sie waren etwas, was nie wahr werden würde, und selbst wenn... Selbst wenn sie wahr werden würden, würden sie falsch rüberkommen, sie würden deine Hoffnungen verdrehen, bis du an deinen eigenen Worten ersticken würdest.

‚Du bist kein Monster, du bist ein Werwolf, so wie ich.'

Wenn Wünsche wahr wären, wäre er wieder in seinem Krankenbett aufgewacht, bevor der Wendigo ihn mitgenommen und Scott ihn gebissen hatte.

Liam zog rasselnd die Luft ein, während Blut seinen Arm hinuntertropfte.

Alles hatte sich verändert.

Es war vorbei, die Jäger waren weg, der Anuk-Ite war tot.

Also wieso fühlte er sich immer noch gejagt, wieso konnte er immer noch die Wut unter seiner Haut spüren, welche an seinen Fingernägeln kitzelte und wollte, dass sie sich in etwas Anderes verwandelten?

Airplanes (Thiam) (GERMAN VERSION)Where stories live. Discover now