Kapitel 17

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BRUNO

Am liebsten würde ich Lia nichts von dieser Vision erzählen, aber ich musste. Es beunruhigte mich, dass Estrella und Luna in der Vision verblassten, aber ich wusste auch nicht, was genau es bedeutete. Liefen die beiden Carla wohin auch immer nach? Wurden sie verletzt? Oder vielleicht sogar Schlimmeres? Und wieso sah ich das, wenn ich an Carlas und Lucas Beziehung dachte? Was hatten die beiden denn mit Estrella und Luna zu tun? Ich wurde daraus nicht ganz schlau, aber das war bei meinen Visionen ja schon öfters der Fall gewesen. Lia war im Deuten manchmal besser als ich, also sollte sie das vielleicht deuten. Ich sah Carla und Luca an, die beinahe schon niedergeschlagen vor mir im Sand knieten. Ich hatte die beiden doch nicht traurig machen wollen! Ich seufzte.
"Es tut mir leid, ich wollte euch nicht runterziehen. Und ich glaube auch nicht, dass das etwas mit euch und eurer Beziehung zu tun hat. Ihr seid ein tolles Paar und ergänzt euch perfekt, es kann nicht an euch liegen! Macht euch bitte keine Gedanken", sagte ich und lächelte sie ermunternd an. Carla lächelte matt zurück.
"Danke, Papá. Wir kriegen das hin, versprochen. Und es wird auch bestimmt nichts passieren, da bin ich mir sicher", erwiderte sie und drückte meine Hand.
"Danke, mi vida." Luca sah mich an.
"Danke für die Vision. Den Zwillingen wird es bestimmt gutgehen, da bin ich mir sicher", erwiderte er, bevor wir uns alle auf die Beine kämpften.
"Danke, Luca, das ist nett von dir zu sagen", meinte ich. "Reist du nicht morgen bereits ab?" Er nickte.
"Ja, leider. Aber genau deswegen verbringe ich den restlichen Tag auch mit Carla", antwortete er und lächelte meine älteste Tochter an. "Ich will nie vergessen, was ich hier Wundervolles zurücklassen muss." Carla kicherte amüsiert und wurde rot, während sie sich eine Strähne ihrer Locken zurückstrich. Die zwei waren wirklich süß zusammen.
"Dann amüsiert euch noch gut. Carlita, ich bin mir sicher, dass du Luca morgen noch ein Stück begleiten willst?", erwiderte ich und sah Carla an, die nickte.
"Ja, bis zum Fluss begleite ich ihn", antwortete sie mir. "Und danach komme ich zurück, versprochen."
"Alles gut, lass dir ruhig Zeit." Sie nickte.
"Mach ich." Wir gingen wieder runter zu den Mädchen, die noch am Schreibtisch saßen und ihre Kleider malten. Zum Glück hatte ich ihnen die Vorlage gezeichnet, damit sie bloß noch kleine Details und die Farbe dazumalen mussten, sonst wären die Kleider wahrscheinlich zu einem Wunder geworden!
"Hey, mis amores! Seid ihr weitergekommen?", fragte ich nach und sah den beiden über die Schulter. Die beiden nickten und hielten mir strahlend ihre Bilder hin.
"Ja, wir sind sogar fertig!", riefen sie begeistert.
"Wow, die sehen toll aus! Kommt, wir hängen sie an die Pinnwand", meinte ich und hob die beiden hoch, was gar nicht so einfach war. Sie waren definitiv zu groß und zu schwer geworden, um sie gleichzeitig auf dem Arm zu halten. Also nahm ich Luna Huckepack und versuchte sie mit einem Arm festzuhalten, während ich Estrella auf dem anderen Arm trug. Carla und Luca lachten über meine ungeschickten Versuche, bevor sie nach unten gingen. Ich trug meine jüngsten Töchter zur Pinnwand, damit sie ihre Bilder aufhängen konnten und ließ sie dann runter. "Ihr zwei seid wirklich groß geworden! Ich kann euch nicht mehr so leicht tragen wie früher!" Die zwei lachten.
"Das haben wir gemerkt, Papá! Du wirst alt!", rief Luna, ich seufzte und verdrehte die Augen. Wie nett von ihr!
"Danke, princesa, genau das habe ich hören wollen!", murmelte ich sarkastisch und ließ mich auf mein Bett fallen. Ich wusste ja, dass ich nicht mehr der Jüngste war, aber dass die Kleinen es mir so unter die Nase reiben mussten, ernüchterte mich doch etwas mehr als gedacht.
"Ich mag das! Und du wirst ja nicht alleine alt, du hast Mamá!", wandte Estrella grinsend ein, während die beiden auf das Bett krabbelten und sich an mich kuschelten. Ich seufzte und sah die beiden lächelnd an. Sie waren zu süß, um ihnen jemals böse zu sein! Ich drückte die beiden an mich und gab ihnen jeweils einen Kuss auf die Stirn.
"Danke, princesa. Und ja, ich habe Mamá und das wird sich auch niemals ändern! Aber Carla und ihr habt uns auch, hört ihr? Ihr könnt immer zu uns kommen, wenn etwas ist, ja?", erwiderte ich, die beiden nickten und vergruben ihre Köpfe in meinem Poncho.
"Ja, Papá!", stimmten sie zu.
"Sehr gut, mis princesas."
"Papá, warum riecht dein Poncho immer so gut?", fragte Luna neugierig nach und spielte gedankenverloren mit einem losen Faden. Wie kam sie denn jetzt auf diese Frage?
"Tja, ich denke mal, dass es daran liegt, dass eure Mutter das beste Waschmittel des ganzen Dorfes benutzt! Für eure Klamotten benutzt sie es aber auch", antwortete ich ihr.
"Aber deine riechen trotzdem besser!", wandte sie ein.
"Tja, vielleicht liegt das daran, dass ihr eure Sachen immer sofort dreckig macht, sobald ihr sie anhabt und draußen tobt!", schlug ich grinsend vor, die beiden grinsten.
"Ja, das kann gut sein!", gab Estrella zu. "Aber spielen macht draußen einfach viel mehr Spaß!"
"Das glaube ich euch", meinte ich, bevor ich die beiden hochhob und sie mir über die Schulter warf. Die beiden quietschten lachend auf. "Und jetzt muss ich mal mit eurer Mamá reden. Wollt ihr mit runterkommen und draußen spielen gehen?"
"Ja!", stimmten sie begeistert zu und obwohl es wirklich anstrengend war, trug ich die beiden über meiner Schulter hängend nach unten in die Küche, wo ich die beiden losließen. "Wir gehen wieder draußen spielen, Mamá!" Sie drückten Lia einen Kuss auf die Wange, die gerade die Küche saubermachte. Lia lachte, aber die beiden waren schon nach draußen gerannt.
"Na? Haben die Kleinen ihre Kleider fertig?", fragte sie lächelnd nach.
"Ja, das haben sie. Es wird eine Menge Arbeit, aber mit etwas Geduld und Hilfe von Mira, kriege ich das hin", antwortete ich und seufzte, als ich an die Vision dachte, die ich gehabt hatte. "Aber ich muss dir leider etwas sagen, was nicht ganz so erfreulich ist." Sie sah mich besorgt an und ließ den feuchten Lappen fallen, mit dem sie gerade über die Theke gewischt hatte.
"Was ist los? Was ist passiert? Ist etwas mit Carla und Luca?", fragte sie panisch nach, ich schüttelte den Kopf.
"Nein, eigentlich nicht. Weißt du, die beiden haben mich gebeten, eine Vision zu haben, um zu erfahren, wie ihre Zukunft aussieht. Dabei habe ich gesehen, dass Luca gegangen ist und Carla ihm nachgerannt ist. Dann sind die Zwillinge aus Casita gekommen und sind ihr nach, sind dabei aber langsam verblasst. Ich weiß nicht, was das bedeutet, aber ich musste es dir sagen", erklärte ich, worauf sie sich besorgt auf die Lippe biss.
"Das klingt wirklich nicht gut, da hast du recht. Aber ich weiß auch nicht, was das alles zu bedeuten hat", erwiderte sie besorgt. "Vielleicht soll das ja nur heißen, dass sie ihre Kindlichkeit ablegen und Carla nacheifern? Nicht, dass das in ihrem Alter etwas Gutes wäre, aber es wäre nicht allzu dramatisch."
"Da hast du recht, ich hoffe das auch. Aber wir passen ja gut auf sie auf und so, wie sie für gewöhnlich an uns hängen, besteht auch keine Gefahr, dass etwas passiert, nicht wahr?"

Ich brauche dich, Bruno 4 - Die verlorene Tochter - Carlas Suche Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt