Kapitel 11

49 3 1
                                    

CARLA

Es hatte geklappt. Ich tat so, als ginge es mir schlecht und Mamá und Papá kümmerten sich um mich! So wurde ich die Zwillinge also recht schnell los und bekam meine Aufmerksamkeit wieder! Das war einfacher als gedacht. Sonst hätte ich vermutlich irgendwas Drastischeres erfinden müssen! Als wir jetzt aber zurück nach Hause kamen, kam tía Pepa uns mit den Babys auf dem Arm entgegen. Nicht schon wieder! Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, als Mamá und Papá sofort zu ihr gingen, um ihr die Babys abzunehmen! Kaum waren die beiden da, war ich wieder komplett vergessen!
"Die beiden haben vorhin geweint, jetzt sind sie aber wieder ruhig! Ich weiß auch nicht wieso, aber vielleicht haben sie Hunger oder wollen gewickelt werden, ich weiß es nicht!", berichtete tía Pepa aufgeregt, Mamá lächelte sie an.
"Schon in Ordnung. Danke, dass du dich um sie gekümmert hast, Pepa", erwiderte Mamá, aber ich hörte ihre Gedankenstimme etwas anderes sagen.
Wahrscheinlich hat sie den Kleinen beim Schlafen zugeschaut und sie nass geregnet vor Freude! Die Kleinen sind nämlich nass! Na ja, wenigstens hat sie sie beruhigt. Auch, wenn sie dafür verantwortlich ist, dass sie wieder wach sind!
Sie dachte also, dass tía Pepa die beiden geweckt hatte? Dass sie dafür verantwortlich war, dass die Kleinen wach waren und später wahrscheinlich wieder weinen würden?
Jetzt müssen wir die zwei erstmal umziehen, bevor sie sich noch eine Erkältung in dem nassen Zeug holen!
Ich sah Mamá an, die tía Pepa anlächelte.
"Wir kümmern uns drum. Danke, dass du uns Bescheid gesagt hast, Pepa. Du bist eine große Hilfe", sagte sie, aber ich schüttelte den Kopf.
"Nein, das stimmt nicht. Du hast gedacht, dass die Zwillinge wegen tía Pepa eine Erkältung kriegen, weil sie sie nass geregnet hat", wandte ich ein, obwohl ich nicht genau wusste, warum ich das sagte. Vielleicht, um Mamá und Papá für mich zu haben? Damit tía Pepa uns in Ruhe ließ? Mamá sah mich erschrocken an, ebenso Papá und Pepa. "Tut... mir leid, Mamá. Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe, ich wollte das nicht!" Ich wusste wirklich nicht, warum ich das gesagt hatte und es tat mir leid. Ich wollte doch nicht, dass Mamá sich mit tía Pepa stritt!
Damit du deine Aufmerksamkeit bekommst, meine Kleine. Denn, wenn du sie nicht haben kannst, dann keiner!
Da war Estebans Stimme wieder! Ich erschrak und machte einen Schritt zurück. Wo kam die wieder her? Was war nur los mit mir? Ich hatte gedacht, dass tía Julietas Arepa helfen würde, aber das hatte sie nicht. Ich musste weg - sofort. Ich drehte mich um und rannte schnellen Schrittes auf mein Zimmer, dessen Tür ich hinter mir ins Schloss schlug. Was sollte das alles? Wieso dachte und benahm ich mich auf einmal so komisch? Was machte diese Stimme mit mir? Sie brachte mich dazu, Sachen zu sagen und zu tun, die ich sonst nie getan hätte! Ich hatte Mamá nie vorwerfen wollen tía Pepa anzulügen, aber es war einfach aus mir rausgekommen, ohne, dass ich es gewollt hatte. Ich war wohl doch verrückt geworden, anders konnte ich es mir nicht erklären! Ich ließ mich erschöpft auf mein Bett fallen und vergrub den Kopf in den Händen. Was war nur los mit mir? Jetzt war ich wirklich Crazy Carla! Ich hatte eine Narbe, leuchtende Augen, hörte Stimmen und machte böse Sachen! Die Leute im Dorf hatten recht, ich war verrückt! Wer wusste, was ich als nächstes tun würde! Ich hatte gerade eine unglaubliche Angst vor mir, aber ich konnte auch keinem sagen, was los war. Entweder würden sie es mir nicht glauben oder mich für bescheuert erklären! Und dann würden sie mich bestimmt vor die Tür setzen und nicht mehr lieben! Das wollte ich nicht! Ich begann zu weinen, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, doch da klopfte es an die Tür, bevor sie sich öffnete. Mamá kam rein, zusammen mit tía Pepa. Beide kamen zu mir und setzten sich zu mir auf mein Bett, aber ich traute mich nicht, sie anzusehen. Ich hatte einen Streit verursacht. Ich war böse! Mamá nahm mich in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Es ist alles gut, mi hija. Tía Pepa und ich haben das geklärt", beruhigte sie mich und drückte mich an sich, während tía Pepa mir ebenfalls beruhigend über den Rücken strich. "Ich nehme deine Entschuldigung an, Carlita, aber wieso hast du das gesagt?" Ich schluchzte auf und wischte mir die Tränen ab, bevor ich Mamá ansah.
"Ich... ich weiß es nicht! Ich wollte das nicht, aber irgendwie... ich weiß auch nicht! Es kam aus mir raus, ohne es kontrollieren zu können!", antwortete ich schließlich schluchzend. Sie seufzte leise und nickte.
"Ist gut, mi vida, hör auf zu weinen. So etwas passiert, ich habe auch schon viele Sachen gesagt, die ich danach bereut habe. Es ist alles in Ordnung, ich verzeihe dir", beruhigte sie mich.
"Ja, es ist nicht so schlimm, Carla", stimmte tía Pepa ihr zu. "Sonst hätte ich ja schon einen Sturm verursacht, oder?" Ich nickte, schniefte und wischte mir die Tränen von der Wange.
"Ja, das kann sein. Es tut mir trotzdem leid", meinte ich.
"Das wissen wir, es ist in Ordnung. Willst du Papá und mir vielleicht helfen, sich um die Zwillinge zu kümmern? Das wird dir Spaß machen, da bin ich mir sicher. Es ist nicht viel anders als Puppenspielen und das kannst du ja wirklich gut", schlug Mamá vor.
Sie wollen dich nur für die Zwillinge! Willst du das auf dir sitzen lassen? Du verdienst mehr, die bist die Älteste! Du hast alle Aufmerksamkeit verdient, und nicht weniger! Tu etwas dagegen!
Ich schüttelte schnell den Kopf. Wieso hörte ich diese Stimmen immer öfter? Und wieso wollte sie mir einreden, dass ich meine Schwestern loswerden musste? Das war nicht richtig! Aber von ihr ging so eine Kraft und Autorität aus, dass ein winziger Teil in mir ihr nachgeben wollte. Nein, das war falsch! Ich durfte nicht auf sie hören!
Gutes Kind, Carlita. Du weißt, was richtig und was falsch ist.
Ich seufzte leise. Das war zwar etwas besser, aber es machte mir trotzdem Angst. Was war, wenn ich den Stimmen doch nachgeben würde? Ich wollte es nicht, aber irgendwas trieb mich dazu, ihnen zumindest Gehör zu schenken und darüber nachzudenken. Wieso nur? Ich wollte diese Stimmen nicht mehr hören! Das war doch bescheuert! Ich sollte den Zwillingen vielleicht nicht zu nahe kommen, bevor ich noch etwas tat, das ich bereuen würde. Also sah ich Mamá an und schüttelte dann den Kopf.
"Nein, danke, Mamá, darauf hab ich gerade keine Lust. Vielleicht komme ich später dazu", lehnte ich ab und machte mich von ihr los. Sie nickte.
"Na gut, in Ordnung. Dann komm dazu, sobald du möchtest", willigte sie ein und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Wir haben dich gerne dabei, das weißt du aber." Ich nickte. Natürlich wusste ich das, aber es war vielleicht besser, wenn ich den Zwillingen vorerst nicht zu nahe kam. Ihrer eigenen Sicherheit zuliebe.

_______________________________

So, bis hierhin mal :) Tut mir leid, dass die letzten Tage so wenig kam und heute so viel, aber ich war das Wochenende über weg und hab heute frei, deswegen hat es sich ergeben. Gebt mir ruhig gerne wieder Feedback oder Vorschläge, darüber würde ich mich sehr freuen :)

Ich brauche dich, Bruno 3 - Schwindende MagieWhere stories live. Discover now