Kapitel 7

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CARLA

Es war schön gewesen, gebraucht zu werden und es hatte mich gefreut, Miguel helfen zu können. Auch, wenn ich genau wusste, dass das nur eine Mitleidsnummer gewesen war, um mich aufzuheitern. Trotzdem hatte es sich gut angefühlt, gebraucht zu werden und ich war sogar etwas stolz auf mich, weil ich zum ersten Mal seit fünf Jahren jemandem geholfen hatte. Und ich war sogar willkommen gewesen. Das war auch schon lange nicht mehr vorgekommen. Als ich mit Papá an der Hand jetzt nach Hause kam, wollte ich sofort allen davon erzählen. Abuela würde so stolz auf mich sein! Und die anderen auch! Casita winkte uns mit ihren Fensterläden, worauf ich ihr ebenfalls winkte und sie uns die Tür öffnete. Ich hörte meine Familie in der Küche reden, worauf Papá mich ansah.
"Willst du den anderen gleich erzählen, was du gerade gemacht hast? Sie sind bestimmt stolz auf dich - so wie ich", fragte er, ich nickte aufgeregt.
"Ja, ich muss es ihnen sofort erzählen!", stimmte ich aufgeregt zu und zog Papá dann auch schon in die Küche. Alle saßen dort versammelt, während Mamá die Zwillinge auf dem Arm hatte. "Mamá, Abuela! Ich muss euch was erzählen, ich..."
"Carla, nicht jetzt, wir spielen gerade mit den Zwillingen!", unterbrach Abuela mich, worauf ich traurig innehielt. Sie wollte mir nicht einmal zuhören. Sie mochte die Zwillinge jetzt schon lieber als mich. Ich sah Papá enttäuscht an, doch der drückte bestärkend meine Hand und sah dann Abuela an.
"Mamá, es ist wichtig! Carla hat tolle Neuigkeiten!", wandte er ernst ein, aber Abuela erwiderte nichts darauf und nahm Estrella (oder Luna? Ich konnte die beiden noch nicht wirklich auseinanderhalten) auf den Arm. Tía Pepa nahm Mamá währenddessen das andere Mädchen ab und lächelte sie an, während sich über ihr eine kleine Wolke bildete und zu regnen begann. Mamá lachte.
"Pepa, du regnest Estrella voll! Komm, gib sie mir wieder!", wandte sie ein, während sie Pepa das Baby wieder abnahm.
"Tut mir leid, ich freue mich nur so!", entschuldigte tía Pepa sich schnell und wischte sich eine kleine Träne von der Wange, während tío Félix sie in den Arm nahm und die Wolke verschwand.
"Ist gut, mi vida, beruhige dich", sagte er leise. Ich ging näher an den Tisch.
"Ich hab gerade...", begann ich wieder, aber da quiekte Isabela auf.
"Dios mío, die Zwillinge sind so süß! Guckt mal, sie haben so schöne, grüne Augen! Sie sind so goldig, ich muss sie knuddeln! Kann ich sie auch mal halten?", fragte sie aufgeregt, worauf Mamá ihr vorsichtig Estrella auf den Arm gab.
"Kannst du, aber sei vorsichtig, ja? Pass auf ihr Köpfchen auf, das kann sie noch nicht halten", antwortete sie ihr, Isabela nickte aufgeregt und hielt Estrella fest.
"Könnt ihr Carla vielleicht mal zuhören? Sie hat wirklich tolle Neuigkeiten!", versuchte Papá es wieder und dieses Mal drehten sich alle zu mir um.
"Was gibt es denn, mi vida? Was ist passiert?", fragte Mamá neugierig nach und lächelte mich an. "Wow, du und Papá habt da wirklich tolle Kronen!"
"Danke, wir haben sie selbst gemacht. Ich wollte euch nur erzählen, dass wir im Dorf waren und alle haben wieder so schreckliche Sachen gedacht, aber dann kam Miguel und hat mich um Hilfe gebeten! Ich konnte ihm mit meiner Gabe helfen, den Streit zwischen seiner Frau und ihm zu klären!", antwortete ich aufgeregt und stolz und sah die anderen an, aber Abuela lächelte nur müde.
"Toll, Carla, schön", sagte sie bloß desinteressiert, bevor sie sich wieder dem Baby auf ihrem Arm zuwandte. Das war alles? War sie denn nicht stolz darauf, dass ich mich überwunden hatte? Ich sah Papá enttäuscht an, worauf er mich an sich drückte und mir einen Kuss auf die Stirn gab.
"Alles gut, mi princesa, ich bin stolz auf dich, du hast das toll gemacht", meinte er, bevor er Abuela ansah. "Und Mamá, das war eine wirkliche Überwindung für Carla! Wenn du gesehen hättest, wie die anderen sie anstarren, dann wärst du auch stolz auf sie! Aber das solltest du auch so sein!"
"Es sollte selbstverständlich sein, dass sie ins Dorf geht und den Menschen hilft! Dafür ist unsere Familie schließlich da!", konterte Abuela, was mich erst recht traurig machte. Wieso konnte sie nicht stolz auf mich sein?
"Also ich finde es wirklich toll, dass du dich getraut hast, mi hija. Ich bin stolz auf dich!", sagte Mamá und stand auf, um zu mir zu kommen. Sie war noch etwas wackelig auf den Beinen, aber sie umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. "Du bist wirklich mutig, mi vida." Ich lächelte sie an.
"Danke, Mamá", erwiderte ich.
"Lia, ich glaube, du solltest Estrella wieder nehmen", meinte tía Julieta da, worauf Mamá zu Isabela ging, um ihr das Baby abzunehmen. Und sofort ging es wieder um diese doofen Babys! Was war so toll an ihnen? Wieso interessierte sich keiner mehr für mich, seitdem die Zwillinge da waren? Ich war doch auch noch da! Ich ließ Papás Hand los und drehte mich um, um nach oben zu gehen.
"Carlita, warte!" Papá kam hinter mir her, aber ich lief trotzdem weiter in mein Zimmer. "Carlita, princesa! Warte bitte!" Er hielt mich fest und lächelte mich liebevoll an. "Was ist denn los?"
"Keiner interessiert sich dafür, dass das für mich im Dorf total schwierig war! Alle kümmern sich bloß noch um die Zwillinge!", antwortete ich und verkniff mir die Tränen. Er umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Das ist nicht wahr, mi vida. Mamá ist wirklich stolz auf dich und der Rest der Familie auch! Du hast einen großen Schritt gemacht, das kann und wird keiner bestreiten!", widersprach er mir, ich zuckte die Schultern.
"Aber sie reagieren gar nicht auf die tollen Nachrichten!", konterte ich.
"Das werden sie noch, keine Sorge. Willst du dich vielleicht mal etwas in deinem Zimmer hinlegen? Ich komme gleich zu dir, aber vorher hole ich dir noch einen Kakao, ja? Der wird dir guttun", schlug er vor, ich nickte.
"Na gut", willigte ich ein, also ging er wieder nach unten und ich ging in mein Zimmer, um mich hinzulegen. Alle interessierten sich bloß für die Zwillinge, das war nicht fair! Ich hatte nur noch Papá, aber der würde früher oder später auch zu den Zwillingen gehen! Ich musste das verhindern! Ich wollte meine Familie für mich haben!
Diese Babys sind schrecklich, nicht wahr?
Erschrocken setzte ich mich auf und sah mich um. Niemand außer mir war im Raum, also wessen Stimme war das? Ich konnte keine Gedanken durch Wände lesen und es dachte auch keiner aus meiner Familie so! Aber bekannt kam mir die Stimme schon vor. Sekunde mal! Das war Abuelo Estebans Stimme! Was machte er hier? Ich sah mich um, aber es war keiner hier. War ich jetzt endgültig verrückt geworden? Ja, ich fühlte mich schrecklich und zerbrochen, weil sich keiner für mich interessierte, aber war ich deswegen schon verrückt geworden? Ich legte mich wieder hin und schloss die Augen. Ich hatte mir das bestimmt nur eingebildet, ganz sicher. Es gab diese Stimme nicht, ich war nur müde und traurig. Nach einer Stunde Schlaf würde alles wieder normal sein, ganz sicher.

Ich brauche dich, Bruno 3 - Schwindende MagieTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang