Kapitel 26 - Der Überraschungsgast

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"Ein siemlich großes Fest für einen Siebsehnjährigen", sagte Fleur naserümpfend.

"Ein junger Mann wird schließlich nur einmal volljährig", erwiderte Dad lächelnd.

Aber wir wussten alle, dass diese Feier für so vieles mehr stand. Sie war eine Geste des Trotzes. Ein Gruß an das Leben. Und die pure Verhöhnung Voldemorts. Es war gefährlich, so viele von uns hier zu versammeln. Ich wusste, dass es Leute wie Lupin gab, die es dumm nannten. Doch ich wusste genauso, dass ein Albus Dumbledore es für gut befunden hätte.

Auf meinen Weg nach drinnen, kam Harry mir entgegen, der beim Anblick des Zeltes verlegen den Kopf schüttelte. "So ein Aufwand..."

"Sie tun es gern", erwiderte ich. "Ich habe auch noch eine Kleinigkeit für dich."

"Oh, das musst du doch n-" Ihm stockte der Atem, als ich sein Geschenk aus der kleinen Tasche zog, die ich nun immer bei mir trug. "Du liebe Güte, Kim!"

Es war eine Jacke, die ich unter viel Mühe und noch viel mehr Hilfe von Moms Zaubertricks aus dem Kleid gezaubert hatte, was ich an dem Abend des Halloweenballs getragen hatte. Ich hatte den Stoff schwarz gefärbt, doch die silbernen verschnörkelten Ornamente sah man noch durch. "Oh, es ist nicht einfach eine unmöglich auffällige Jacke. Schwache Angriffszauber prallen daran ab."

Er nahm sie mit ehrfürchtiger Miene entgegen und zog sie sofort über. "Ich danke dir. Für alles."

Ich nickte verlegen, weil er mich wieder mit diesem Blick ansah. "Ich wollte, dir etwas Nützliches schenken. Und etwas, das dich an mich erinnert, falls... naja."

"Ich versteh schon. Danke, Kim."

Es wurde ein außergewöhnlich schöner Nachmittag, der in einen lauen wundervollen Abend überging. Der Garten war erfüllt vom Gewirr fröhlicher Stimmen, ausgelasssenen Gelächter und dem Knallen von Freds und Georges Feuerwerkskörpern. Zur Feier des Tages hatte ich meine Slytherinrobe abgelegt und trug ein tiefrotes Kleid, das mir bis zu den Knien reichte. Nur Dracos Umhang hatte ich über meinen Schultern gelassen, weil ich das Gefühl brauchte, dass er irgendwie bei mir war.

Die Musik war laut und die Menschen tanzten, weil sie wussten, dass sie danach für lange Zeit nicht mehr tanzen würden. Remus Lupin wirbelte Tonks über die Tanzfläche und wirkte dabei wie ein junger Mann. Luna Lovegood und Ron hüpften chaotisch durch das Zelt und lachten laut. Fred und George legten eine Art irren Walzer miteinander hin, der mir vor Lachen die Tränen in die Augen trieb.

"Das ist der schönste Geburtstag aller Zeiten." Harry war neben mir erschienen. Er hatte ein gelöstes Lächeln im Gesicht und in seinen Augen stand eine Sehnsucht nach genau diesem Leben.

Ich drehte mich zu ihm um. "Wir werden dafür sorgen, dass es von nun an immer so sein kann."

Er nickte und hielt mir die Hand hin. "Aber bevor wir die Welt retten - darf ich um diesen Tanz bitten?"

Ich sah in seine grünen Augen und legte meine Hand in seine. Bei der Berührung fluteten tausend Erinnerungen an heimliche Küsse und wunderbar sorglose Nachmittage in mir hoch. Für einen Moment wünschte ich, dass er für mein Herz der Auserwählte sein könnte. Zeitgleich spürte ich Dracos Ring an meinem Finger und sah den dunklen Weg vor meinem inneren Auge, den ich deswegen zu gehen hatte. Ich konnte kein Happy End erwarten.

Und darum legte ich alles in diesen Tanz. Ich ließ zu, dass wir mit der Musik flossen, uns nah waren und fühlte mich einfach nur jung und unbeschwert. Die Leute sahen uns an, manche pfiffen begeistert. Noch mehr von ihnen traten zu uns auf die Tanzfläche. Es gab nur noch Licht und Musik und Wärme.

Später saß ich allein an einem der Tische und sah lächelnd zu, wie Ginny ausgelassen mit Harry tanzte. Dabei wirkten sie seltsam perfekt zusammen. Wie ein verzerrtes Bild von Harry und mir. Nur ohne diesen verqueren Zwiespalt. Es versetzte mir einen kleinen Stich. Und die Sehnsucht nach Draco wurde wieder schier unermesslich. Weil er mein Gegenstück war.

In diesem Moment flatterte Pig an meinen Tisch und zwischerte aufgeregt. "Was willst du denn, du verrücktes Huhn? Ginny ist beschäftigt."

Doch statt davonzuflattern, streckte er mir sein Bein hin und ich sah mit wildklopfendem Herzen den kleinen Zettel daran. Hektisch band ich ihn los, dass die Winzeule erschrocken aufschrie. Doch ich nahm es nicht wahr. Ich sah nur die Worte in der mir so bekannten Schrift. Es gab keinen Zweifel, dass die Nachricht von ihm war.

"Ich konnte es nicht mehr aushalten. Triff mich hinter dem Tor."

Wie hypnotisiert sah ich mich um und überprüfte, ob einer der Gäste Notiz von mir nahm. Dann stand ich auf und verließ wie betäubt das Zelt, ohne mich noch einmal umzusehen. Er konnte nicht hier sein. Das war völlig unmöglich. Er würde niemals so etwas Verrücktes tun. Andererseits war Draco Malfoy schon immer unberechenbar gewesen.

Ich umrundete das Zelt im Laufschritt, sein Umhang flatterte im sanften Nachtwind hinter mir her. Und wirklich. Dort stand er - gleich hinter dem Tor, das vom Grundstück weg führte. Hinter den Schutzzaubern, durch die er nicht dringen konnte. Ich sah sein blondes Haar im fahlen Mondlicht leuchten. Sein blasses, hübsches Gesicht wirkte unbesiegbar und gnadenlos.

Ich verlangsamte meine Schritte, mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren. Er stand einfach nur da und sah mich abwartend an - wie vor tausend Jahren im Slytheringemeinschaftsraum.

"Draco? Bist du es wirklich?", fragte ich mit zitternder Stimme, obwohl ich es schon wusste. Der Wind trug seinen Geruch zu mir heran.

"Stell mir eine Frage, um es herauszufinden", forderte er mit dieser kühlen, einzigartigen Stimme.

"Wo haben wir uns das erste Mal geküsst?", wisperte ich.

Er sah mich durchdringend an. In seinen Augen zeigte sich eine Regung, die ich nicht deuten konnte. "Vor der großen Halle, nachdem du den Liebestrank getrunken hast."

Das konnte niemand anderes wissen. Ich konnte nicht länger widerstehen, obwohl ich wusste, dass ich es nicht tun durfte. Langsam trat ich näher und streckte meine Hand nach ihm aus. Er tat es mir gleich, sein Arm zitterte heftig.

Als sich unsere Hände im Schneidepunkt der magischen Schutzschilde miteinander verschränkten, fielen alle Zauber mit einem ohrenbetäubendem Geräusch in sich zusammen. Und dann ging alles viel zu schnell. Dutzende von Todessern brachen aus dem Feld hervor und rannten auf das Zelt zu, indem meine Familie ahnungslos feierte.

Schockiert sah ich Draco an. In seinem Gesicht passierte etwas. Es war als, würde er eine Maske abziehen, die ihm jemand aufgesetzt hatte. Die Kälte zerbarst und er schrie mit verzweifeltem Blick, während er mich von sich stieß: "LAUF!"

Ich hatte keine Zeit nachzudenken, ich musste handeln. Ich rannte schreiend zu dem Zelt zurück, während mir Flüche um die Ohren zischten. "TODESSER!"

KNALL! KNALL! KNALL!

Ich wusste, die Gäste disapparierten. Dad, Bill, Charlie, Fred und George stürmten mit erhobenen Zauberstäben aus dem Zelt. Sofort brach die Hölle los. Sie wurden jeder von einem Todesser attackiert. Ich hörte das verrückte Lachen von Bella, im nächsten Moment stand das Zelt in Flammen. Noch mehr Schreie, noch mehr Disapparationsgeräussche. Und dann hörte ich, wie Harry meinen Namen rief.

Ich versuchte auszumachen, aus welcher Richtung seine Stimme kam. Er kam aus dem Zelt gerannt und stand genau am anderen Ende des Hofes. Die Todesser sahen ihn gleichzeitig wie ich. Im Bruchteil einer Sekunde begegneten sich Rons und meine Blicke. Wir verstanden uns ohne Worte. Er fasste Harry grob am Arm und sie disapparierten.

Eine Sekunde später traf mich der Schockzauber und ich spürte nur noch, wie mich jemand grob über die Schulter warf, ehe alles um mich herum im Dunkeln versank.

Der Zauber um Draco MalfoyWhere stories live. Discover now