After-Show-Party

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-Lous Sicht-

Kaum in London angekommen, war ich jeden Tag wieder damit beschäftigt auf Veranstaltungen und im Pub gegenüber Getränke auszuschenken. Meine restliche Zeit habe ich damit verbracht, meine Sachen auszupacken und Ordnung in meiner Wohnung zu schaffen. Außerdem war ich bei Dad und hab ihm von meinen Tagen in Deutschland erzählt. Da gab's ja diesmal einiges zu berichten. Mein Dad arbeitet in einer Firma, die Bauteile für Autos herstellen. Er verdient nicht schlecht, aber ich konnte mir trotzdem irgendwann nicht mehr vorstellen bei ihm zu wohnen. Ich wollte mein eigenes Ding machen, unabhängiger sein. Bei meinem Besuch hat er mir Geld zugesteckt, was mir immer total unangenehm ist und ich sag jedes Mal zu ihm, dass er das lassen soll. Ich bin wegen ihm dort und nicht wegen seinem Geld. Obwohl ich das gut gebrauchen kann. Der Urlaub in Deutschland, das Konzert und so weiter haben mich wieder pleite gemacht. Aber beschweren bringt ja nichts, muss ich eben wieder ran an die Arbeit. Jeden Abend schufte ich wieder und schiebe Überstunden. Heute bin ich bei einer Preisverleihung und schenke dort aus. Der Job wird gut bezahlt und das Beste ist: Bastille tritt auf! Ich kann mein Glück kaum fassen, dass ich genau an dem Abend dort sein werde. Vielleicht bekomme ich ja wenigstens etwas von ihrem Auftritt mit. Auch wenn ich wahrscheinlich ordentlich viel zu tun haben werde. Vor allem bei der After-Show-Party wird das Gedränge vor der Bar mich beschäftigen. Ich mache mich auf den Weg zur Location, ziehe meine Arbeitskleidung an und bereite zusammen mit den Kollegen alles für den Abend vor. Unmengen an Getränken müssen einsortiert werden und Becher, Flaschen und Gläser bereitgestellt werden. Die Zeit geht erstaunlich schnell rum, die Leute holen sich vor der Veranstaltung etwas zu trinken und setzen sich auf ihre Plätze. Meine Bar befindet sich in dem Raum, wo später die Party sein wird. Daher habe ich keinen direkten Blick auf die Bühne. So ein Mist aber auch! Nach einiger Zeit höre ich, wie der Moderator Bastille ankündigt und ich tobe innerlich. Wie gern wäre ich jetzt dort und würde Dan wiedersehen. Sie spielen Pompeii, einen Song, den wohl mittlerweile jeder kennt. Ich kann mir nicht verkneifen mitzusingen und zu tanzen. Viel zu tun ist gerade sowieso nicht, der Ansturm auf die Getränke kommt erst später. Ich wische den Tresen und bewege mich zur Musik. Ein Kollege kommt zu mir und fragt mich, ob ich ein Fan wäre. Kann man wohl nicht übersehen. Ich muss an das Meet and Greet denken, Dan und ich waren uns schon einmal so nah und ich werde plötzlich traurig, dass ich hier hinter diesen blöden Bar stehen muss. Ob er nachher auch auf der Party sein wird? Lieber nicht, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, wenn er plötzlich vor mir stehen und ein Getränk bestellen würde. Außerdem wäre es mir peinlich, wenn er mich hier sehen würde. Vom Kellnern habe ich bei unserer Begegnung nämlich bewusst nichts erzählt.

Ich reiße mich zusammen und gehe meiner Arbeit nach bis die Show beendet und die Party beginnt. Nun ist viel mehr los und ich muss mich konzentrieren, um nichts zu verschütten, mir die Leute zu merken und mich bei der Bezahlung nicht zu verrechnen. Mehrere Stunden vergehen, langsam bekomme ich Rückenschmerzen vom Stehen. Ich mache eine kurze Pause, bis ich schließlich wieder hinter der Bar stehe. 

Ich arbeite Stück für Stück die Gäste ab und will gerade einen von ihnen nach seinem Getränkewunsch fragen, als Dan Smith vor mir steht. Er ist schicker als sonst gekleidet, trägt ein schwarzes Jacket und ein lockeres Shirt darunter. Seine Haare sind etwas kürzer als das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe. Mir wird plötzlich wieder ganz warm und ich bin überfordert. Er begrüßt mich, ich antworte ihm und bekomme mit, dass er für sich und die Band Bier holen will. Ich löse mich aus meiner verkrampften Haltung und mache die Getränke zurecht. Die Bezahlung ist geklärt und ein anderer Gast spricht mich an. Wie blöd, dass ich jetzt gerade keine Zeit für ein Gespräch mit Dan habe. Ich verstehe ihn eh kaum, die Musik im Saal ist sehr laut. Ich komme dem Wunsch des Mannes neben Dan nach und fange an ihm ein Wasser einzuschenken. Mein Hand ist ganz zittrig, Dan seine Anwesenheit macht mich nervös. Er steht noch da, mit dem Blick auf mich gerichtet und fragt mich, wann ich Feierabend habe. Die Frage bringt mich aus dem Konzept und ich merke, wie mir das Wasser über die Hand läuft. Shit! Ich bin echt ein Depp! Schnell wische ich alles weg, meine Kollegin schaut mich schon grimmig an und scheucht mich zur Seite. Ich antworte Dan schnell und konzentriere mich auf den anderen Gast, der ungeduldig am Tresen steht. Dan ruft mir noch etwas zu, aber ich kann ihn nicht verstehen. So ein Mist aber auch! Er dreht mir den Rücken zu und schlängelt sich mit den vier Getränken durch die anstehenden Leute. Ich schaue ihm noch kurz hinterher, versuche mich dann aber wieder auf meine Arbeit zu konzentrieren, sonst gibt es bald Ärger. Die Gäste werden von Stunde zu Stunde trinkfreudiger, langsam schenken wir mehr Alkohol als alles andere aus. Ich kann es nicht leiden, wenn die Leute betrunken zu uns an die Bar kommen. Sie stinken und ich kann sie kaum verstehen. Außerdem verleidet der Alkohol vor allem die Herren dazu mir Komplimente zu machen und drücken mir ein Gespräch auf für das ich keine Zeit und worauf ich auch keine Lust habe. Kann Dan nicht nochmal vorbeikommen? Die Band wird doch sicher nicht nur ein Bier trinken. Wahrscheinlich gehen sie zu der anderen Bar, die ist näher an der Tanzfläche. Wie gern wäre ich bei ihnen und hätte Spaß, stattdessen lallt mich der nächste Gast zu. Da muss ich jetzt durch, in einer Stunde ist Schichtwechsel. Als mich endlich eine Kollegin ablöst, bewege ich mich in die Umkleide. Zum Glück gibt es hier Duschen und ich nutze die Chance, um mich frisch zu machen. Hauptsache der Alkoholgeruch geht ein bisschen weg. Danach zieh ich meine Klamotten an. Den Tag über war es erstaunlich warm für London, als habe ich mich heute früh für ein schwarzes Kleid entschieden, dessen Schnüre sich am Rücken überkreuzen, und eine dunkle Strumpfhose. Jetzt ist es draußen aber deutlich zu kalt dafür, also ziehe ich meinen weinroten Pulli drüber, schlüpfe in meine Sneaker, schnappe meine Tasche und bewege mich in Richtung Ausgang. Endlich Feierabend! Ob Dan und die anderen noch da sind? Ich bleibe kurz stehen und überlege, ob ich einen Umweg durch den Saal gehe. Aber das würde meiner Chefin wahrscheinlich nicht passen, wenn ich mich unter die Menge mische. Ich hab auch keinen Stempel oder sonst irgendwas, womit ich mich an der Security vorbeischleichen könnte. Also verwerfe ich den Gedanken deprimiert und gehe weiter. Was Dan wohl zu mir gesagt zum Schluss? Sicher nichts wichtiges... was sollte er mir schon sagen? 

Schicksal- [Bastille/Dan Smith FF]Where stories live. Discover now