Kapitel 69

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Tonys Sicht

 Liebe Tony, eigentlich wollte ich dir und deiner Familie eine Weihnachtskarte schreiben, aber ich weiß jetzt schon, dass alles, was ich schreiben möchte, nie darein passt. Sie würde auch viel zu früh ankommen. Das werde ich dann nachholen. Außerdem geht das meiste eh an dich. Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass ich dich vermisse. Unendlich vermisse. Und ich liebe dich. Ich liebe dich mehr, als alles andere. Da wir gerade nur Kontakt über Skype und Handy haben, wollte ich dir mal irgend etwas persönliches schicken. Wann sehen wir uns das nächste Mal? Ich weiß es nicht, weißt du es? Ich weiß nicht, wie ich das noch durchhalten soll. Nächstes Jahr bin ich ständig weg. In letzter Zeit waren wir so beschäftigt, dass unsere Gespräche immer kürzer wurden. Weihnachten bin ich in Frankfurt. Meine Eltern planen eine große Feier. Alle kommen zu uns. Meine Mum redet dauernd davon, dass alle mal wieder komplett sind, die ganze Familie. Doch für mich ist sie nicht komplett. Ein Mitglied ist viele Kilometer entfernt. Am liebsten würde ich zu ihr. Doch ich sehe jetzt schon vor mir, wie du mich wieder an meckerst, dass ich gefälligst meine Familie nicht vernachlässigen soll. Letztes Jahr haben wir zusammen gefeiert, zwar da nur als Freunde, aber zusammen. Ich bin so froh, dass ich dich haben kann, obwohl ich so viel scheiße gebaut habe. Obwohl ich so ein Idiot bin und obwohl so viele sich uns in den Weg stellen. Nach diesen ganzen Problemen, steh ich aber nun vor dem größten. Du bist nicht da und ich kann nicht bei dir sein. Eigentlich schreibe ich das hier nur, weil ich einfach mal alles rauslassen muss. So, wie du damals. Ich sitze hier zu Hause herum und warte, bis ich los nach Frankfurt muss. Eigentlich laber ich hier nur irgend etwas, was ich dir auch locker über Whatsapp sagen könnte. Aber ehrlich gesagt habe ich es satt. Ich möchte dich endlich wieder in meinen Armen halten können. Wo ist nur meine Geduld? Ich hätte nie gedacht, dass das so schwer wird. Da ist alles andere nichts gegen. Ich wünsche dir jetzt schonmal frohe Weihnachten und hör mal auf, auch wenn ich ewig weiterschreiben könnte. In meinem Kopf schweben noch tausende Gedanken. Ich liebe dich über alles Bae!

 Jacob xxxxxxxxxxxxxxx



 Wie süß war das denn bitte?! Ich bemerkte, wie mir ein paar Tränen über die Wange liefen. Aber durch diesen kleinen Brief fühlte ich mich jetzt noch schlechter, als vorher. Ich durfte Jacob ja nichts sagen. Die ganze Zeit hatte ich es vermieden über Weihnachten zu sprechen. Es sollte eine Überraschung werden. Ja, wieder eine Überraschung. Diesmal war ich es aber nicht, die sie organisiert hatte. Ich war für Weihnachten mit meinen Eltern und Lucia bei den Rotts eingeladen. Seine Familie würde doch komplett sein. Ich verstand ihn, weil es mir genauso ging. Nur wusste ich, dass ich ihn bald wiedersehen würde. Sonst hätte ich auch schon groß losgeplant, wann er zu mir oder ich zu ihm könnte. Irgendwann zwischen Weihnachten und Silvester. Doch das hatte sich dank Natalie ja eh erledigt. Würde ich eigentlich jemals ohne Überraschung zu ihm kommen? Aber ich war froh, dass ich zu ihm ging, denn sonst hätte ich das auch nicht mehr länger überlebt. Genauso, wie Jacob. Unsere Eltern kannten sich noch gar nicht. Ich hatte seine Eltern schon im Frühling kennenlernen dürfen, als er mich einmal übers Wochenend mit nach Frankfurt genommen hatte. 

Heute war der 20. Dezember. Am 24. würde ich endlich wieder bei ihm sein, 

 Jacobs Sicht:

 Ich stand in der Küche herum und sah meiner Mutter zu, wie sie das Essen für morgen vorbereitete. Jesse lag vor mir auf dem Boden. Eben war ich noch mit ihr draußen gewesen. „Steh nicht so dumm herum Jacob und hilf mir lieber", meinte meine Mutter, ohne mich anzusehen. „Ich glaube, ich bin keine große Hilfe, wenn das Essen noch gut schmecken soll Mum." Ich lachte leicht. 

 „Du kannst schon einmal den Tisch ein bisschen dekorieren." 

 „Dekorieren? Mum, nicht Natalie steht hier, sondern immer noch ich." 

 „Das weiß ich, aber du kannst trotzdem den Tisch dekorieren und auch schon die Gedecke auflegen."

 „Eigentlich wollte ich gerade mit Tony skypen."

 „Deine Freundin kann warten. Los, die Tischdecke ist im Schrank." Meine Freundin. Das war auch so eine Sache, die ein bisschen komisch war. Sie redeten kaum über sie und hatten auch noch nicht einmal die Überlegung gemacht, sie vielleicht mal einzuladen. Oder kam das für mich einfach nur falsch herüber? 

 „Ja Mum." Ich trottete aus der Küche, mit Jesse an den Fersen und wollte leise nach oben gehen.

 „Jacob, das Wohnzimmer ist links und nicht rechts." Mist. Na gut, dann würde ich das eben hinter mich bringen. War ja nicht mein Problem, wenn das später scheiße aussah. „Und nehm bitte das gute Geschirr!", rief sie mir noch hinterher. „Ja Mum!", rief ich zurück. 

Nachdem ich den Tisch gedeckt hatte und mit der Deko begann, hörte ich auf einmal jemanden hinter mir lachen. „Was machst du denn da?", fragte Natalie lachend. 

 „Dekorieren. Wonach sieht es denn sonst aus. Wahllos verteilte ich irgend so ein Tannenzeug auf dem Tisch.

 „Bisschen mehr Mühe geben Bruderherz." 

 „Sehe ich so aus, als könnte ich sowas?" 

 „Bei Tony kannst du doch auch immer so romantisch sein."

 „Was hat das hier mit Romantik zu tun? Außerdem mache ich das hier nicht für Tony."

 „Eine romantische Atmosphäre ist gemütlich und eine weihnachtliche auch." 

„Jaja schön", murmelte ich genervt, weil sie immer noch lachte.

 „Tu so, als würdest du es für Tony machen." Sie zwinkerte mir zu und verließ den Raum. „So tun ist aber nicht dasselbe", sagte ich eher zu mir, doch machte dann weiter. Meine Gedanken schweiften natürlich jetzt wieder zu Tony und ich summte einige Melodien vor mich hin. Als ich fertig war, betrachtete ich alles. Es sah jetzt sogar gar nicht mehr so schlecht aus. „Jacob, das sieht wundervoll aus! Du kannst ab jetzt meinetwegen immer dekorieren", sagte meine Mutter, die nun neben mir auftauchte. Na super! „Eigentlich könnte ich ja jetzt eben nach London fliegen und wäre morgen Nachmittag wieder da", überlegte ich laut. „Nene, du bleibst schön hier. Du kannst gleich schonmal im Wohnzimmer saugen." Wieso wollten die mich schon seit Tagen die ganze Zeit hier behalten?

Am I your crazy girl? Jacob Rott / Elevator BoysWhere stories live. Discover now