Kapitel 38

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Innerhalb der nächsten Stunden konnte ich endlich den Namen des Auftraggebers heraus finden. Er hieß Qiang und sein Name verbreitete durch den bloßen Klang schon Gift in meinem Gehirn. Dieser Mann brachte so viel Unheil und ich wusste noch nicht mal, was es mit dem Schlüssel überhaupt auf sich hatte.

Ich hoffte, La Signora hatte die anderen mittlerweile aufgeklärt und stand ihnen zur Seite, auch wenn ich nicht ganz sicher war, inwiefern man ihr trauen konnte. Doch was blieb mir anderes übrig, als meine Karten auf sie zu setzen? Ich musste einfach daran glauben, dass sie ihnen half, denn das war der einzige Strohhalm, an den ich momentan klammern konnte.

Spätestens wenn der Brief, den Qiang verfassen ließ, die anderen erreichte, würden sie wissen, dass ich entführt und festgehalten wurde. Ich hoffte, sie würden nichts dummes tun und nicht einfach hier herein gestürmt kommen. Sie würden scheitern. Allein schon aus dem Grudn, dass sie in der bloßen Unterzahl waren.

Durch die Gesprächsfetzen, die ich in den letzten Stunden aufgefasst hatte, wusste ich, dass dieses Netz an Räumen, hier, unter der Erde, riesig war. Wie bereits vermutet, mündeten alle Gänge in diese Halle, in der ich festgehalten wurde. Anscheinend konnte man die Halle aus den verschiedensten Richtungen erreichen und das Netz durch viele verschiedene Eingänge betreten. Die Eingänge schienen überall in Liyue verteilt zu sein, was die Sache eigentlich nur noch schlimmer machte, denn dadurch schienen diese Leute hier überall zu sein.

Durch die aufgefassten Gesprächsfetzen konnte ich so langsam aber sicher erraten, wie riesig diese Organisation hier tatsächlich zu sein schien. Ja, ich glaubte mittlerweile wirklich, dass das hier eine Organisation war. Es kamen und gingen eine Menge Männer und jedesmal waren es neue Gesichter. Qiang und seine Organisation mussten wirklich viele Anhänger haben. Worum ging es hier nur? Ich wünschte, ich wüsste es.

Während ich mir stundenlang den Kopf zerbrach, schliefen mir langsam meine Glieder ein und mein Po tat vom Sitzen weh. Ich rutschte hin und her, doch konnte mich nicht wirklich bewegen, das Seil hielt mich fest an der Säule und schnürte mir das Blut ab.

Die Zeit schien nicht zu vergehen und die Stunden zogen sich wie Kaugummi dahin. Dadurch, dass es keine Fenster gab, konnte ich unmöglich sagen, welche Tageszeit gerade war. Selbst an den Gesprächen, die ich aufschnappte, war nie die Reden davon, wie spät es womöglich sein könnte. Ich wusste auch nicht, wie lange ich nun schon hier war. Ich hatte jegliches Zeitgeschehen verloren.

Irgendwann wurde ich jedoch müde und blendete die Gespräche um mich herum aus. Es dauerte nicht lang, bis ich in einen leichten Schlaf fiel. Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, als ich von einer Unterhaltung wach wurde.

"Der Brief wurde von einem unserer Männer zugestellt. In vierundzwanzig Stunden wird das Treffen stattfinden", gab einer der Männer bekannt und Qiang nickte verstehend.

Ich blickte in die Richtung, in der der Tisch stand und betrachtete Qiang. Der Mann weckte eine Art Hass in mir, die ich so nicht kannte. In Vierundzwanzig Stunden würde sich einiges entscheiden und vermutlich würde ich einen Freund verlieren. Ich hatte so ein Gefühl, dass es Li sein würde, der hier auftauchen würde.

Der Gedanke, dass ich Li, einen meiner engsten Freunde verlieren könnte, zerriss mir das Herz. Ich wollte Li nicht verlieren.

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Qiang auf mich zukam. Ich senkte meinen Blick und weigerte mich, diesen furchtbaren Mann anzusehen. Ich sah jedoch seine schwarzen Stiefel, die dicht vor mir stehen blieben. Kurz darauf packte er wieder mein Kinn und drückte meinen Kopf unsanft nach oben, sodass ich ihn ansehen musste. Mal wieder war ich gezwungen, diesem Scheusal von Mann in die Augen zu schauen.

"Hör zu Mädchen", sagte Qiang während er einen seiner Männer zu sich winkte, der sofort angelaufen kam.

"In Vierundzwanzig Stunden wird einer deiner Freunde hier auftauchen und das wird für dich der Anfang vom Ende sein", sagte Qiang und ein böses Lächeln zierte erneut seine Lippen. Wut brodelte in mir hoch. Ich wollte es ihm aus dem Gesicht schlagen.

Der Auftraggeber wandte sich kurz zu dem anderen Mann herum und sagte: "Bring ihr was zu Essen." Dann wandte er sich wieder mir zu, während der andere Mann davon ging.

"Weisst du", fing Qiang an, ließ mein Kinn los und richtete sich wieder auf. "Das Alles hätte nicht so kommen müssen. Niemand hätte sterben müssen", erzählte er weiter und ich sah den Mann verärgert an. Wie er vor meiner Nase herum lief und mich verspottete, weil er wusste, dass ich machtlos war.

Qiang blieb stehen und beugte sich erneut zu mir herunter. Sein Gesichtsausdruck war sauer geworden. "Ihr hättet mir einfach die Lieferung bringen sollen, aber ihr musstet ja unbedingt tiefer graben. Jetzt wird es Tote geben und daran bist allein du Schuld" gab er von sich und ich blickte ihm wütend entgegen. Ich hätte ihm in diesem Moment am liebsten in's Gesicht gespuckt, aber ich tat es nicht, weil ich nicht wollte, dass er mir weh tat oder das Essen, was er für mich bestellt hatte, mir wieder verwährte. Ich hatte schrecklichen Hunger und wenn ich nicht bald etwas zu Essen bekam, dann würde ich nicht mehr klar denken können. Abgesehen davon war ich Niemand, der absichtlich Streit anzettelte.

"Das Unheil, was bald verrichtet wird, geht alles auf deine Kappe", sagte er und richtete sich wieder auf. Mit einem bösen Grinsen und einem harten Ausdruck in seinen Augen wandte er sich wieder von mir ab.

Ich verspürte eine tiefe Abneigung gegen diesen Mann. Er wusste, dass er schlimme und unverzeihliche Sachen anrichtet und er tat es dennoch. Wie konnte man nur so sein?

Doch plötzlich überdachte ich das, was er gesagt hatte.

Die aufkommenden Tränen versuchte ich zu verkneifen. Konnte es wirklich alles meine Schuld sein? War ich Schuld daran, dass bald Menschen sterben würden? Dass ich meine Freunde einer extremen Gefahr aussetzte? Ich wusste es nicht genau, doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr hatte ich den Eindruck, dass Qiang Recht hatte.

Ich unterdrückte meine Gedanken daran, als der Mann, der mir Essen bringen sollte, wieder kam. Ohne ein Wort stellte er einen Teller vor mir ab, auf dem ein Stück Brot lag. Neben den Teller stellte er einen Becher mit Wasser. Es war das typische Essen eines Gefangenen und es zeigte mir umso mehr, in welcher Lage ich mich befand. Aber es war besser als nichts.

Ich war so hungrig, dass ich das trockene Brot innerhalb kürzester Zeit verschlang und den Becher in einem Zug austrank. Sobald ich fertig war mit Essen, banden mich zwei der Männer los und liefen mit mir ein wenig durch die riesige Halle, beziehungsweise sie schleiften mich, denn meine Füße waren nach wie vor aneinander gefesselt.

Auch wenn ich Qiang mitterweile ziemlich hasste, war ich ihm dankbar dafür, dass er mich nicht die ganze Zeit sitzen ließ. Er schien doch ein winziges Fünkchen Gnade mit mir zu haben. Aber wahrscheinlich tat er das nur, um mich ein Stück weit in Sicherheit zu wiegen, nur um mir dann mein Herz heraus zu reißen.

Nachdem ich ein paar Runden durch die Halle geschleift wurde, taten mir die Arme langsam weh, an denen mich die Wachen festgehalten hatten. Ich wurde erneut auf den Boden gesetz und wieder an die Säule fest gebunden. Es war furchtbar und ich wusste nicht, wie ich die nächsten vierundzwanzig Stunden überstehen sollte.

Ich hatte das Gefühl, es würde ewig dauern, bis die Zeit vorbei war. Andererseits wollte ich nicht, dass die Zeit verging, denn desto langsamer sie verging, desto länger waren meine Freunde sicher.

Doch mir war bewusst, dass sie das nicht ewig sein würden - sicher. nach diesen vierundzwanzig Stunden war vermutlich keiner mehr von ihnen sicher.

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Es ist endlich Freitag!
Ich habe gestern meine ganzen Termine für's Abitur bekommen und so langsam, wo man weiß, dass es bald so weit ist, steigt die Aufregung.
Aber jetzt genieße ich erstmal das Wochenende mit einer guten Portion Musik von eaJ. Pure Entspannung, wenn ich seine Lieder höre.
Und damit verabschiede ich mich in's Wochenende. Habt einen tollen restlichen Freitag ^^

Orphic // Genshin Impact Xiao FFWhere stories live. Discover now