Kapitel 11

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Nach wie vor regnete es in Strömen und das machte es wirklich schwer, voran zu kommen, doch wir konnten keine Zeit mehr verschwenden. Li hatte mir, kurz bevor wir losgegangen waren, einen langen Umhang gegeben, dessen große Kapuze ich mir tief ins Gesicht gezogen hatte. Der Umhang schützte mich nicht nur vor der Nässe, sondern hielt auch die Kälte von mir fern. Der Regen war so stark geworden, dass wir aufgehört hatten uns zu unterhalten und stattdessen uns eher darauf konzentrierten, dass wir den Weg vor uns erkannten.

Der Himmel war so trostlos und dunkel, dass ich nicht sagen konnte, welche Tageszeit wir hatten. Abgesehen davon hatte ich schon wieder total den Überblick darüber verloren, wo wir uns befanden.

Ich wusste nicht, wie lange wir gelaufen waren, bis ich irgendwann einen Schrei vernahm. Ich konnte ihn nicht deutlich hören, was an dem Regen liegen könnte, weshalb ich mir nicht sicher war, ob ich mir den Schrei nicht nur eingebildet hatte. Doch als ich den Schrei kurze Zeit später erneut vernahm, war ich mir sicher, dass mir mein Verstand keinen Streich spielte. Wie automatisch änderte ich die Richtung und steuerte auf den Schrei zu. "Mei! Wo willst du hin?", schrie Li über den Regen hinweg. Doch als ich nicht antwortete, bemerkte ich, dass sowohl Li als auch Bao mir folgten. Als ich den Schrei ein weiteres Mal vernahm, beschleunigte ich meine Schritte so sehr, dass ich rannte. Der Regen peitschte mir ins Gesicht und wehte mir die Kapuze vom Haupt.

Dadurch, dass der Regen so dicht war, konnte ich die Situation erst erkennen, als ich mich schon sehr nahe am Ort des Geschehens befand. Vor mir erblickte ich voller Schrecken einen riesigen Steinhaut-Lawachurl und etwas davon entfernt saß eine Frau, an einen Baum gelehnt und blutete. Von ihr musste der Schrei gekommen sein. Doch das, was mich zum erstarren brachte, war ein Dunkelhaariger Mann, der gegen dieses riesige Vieh kämpfte. Er gab sein Bestes und kämpfte unaufhörlich. Einige Zeit später landete de Krieger gekonnt mit einem Knie auf dem Boden und stützte sich an seinem Speer ab, nachdem er dem Steinhaut-Lawachurl den letzten Schlag verpasst hatte und dieser tot zur Seite kippte. Doch genau in dem Moment, wo Xiao langsam aufstand, kam ein Mitachurl von hinten auf ihn zugerannt.

"Xiao!", schrie ich wie automatisch. Xiaos Kopf schnellte zu mir und genau in dem Moment traf ihn die riesige, glühende Axt des Mitachurls. Er wurde ein Stück weit geschleudert, rollte über den Boden und blieb dann reglos auf der aufgeweichten Erde liegen. Ich schnappte nach Luft und mein ganzer Körper fühlte sich taub an. Wie in Trance rannte ich los und stürzte dann auf Xiao zu. Ungehalten ließ ich mich auf den Boden neben ihn fallen und drehte seinen reglosen Körper zu mir herum. Seine Augen waren geschlossen und an seinem Bauch klaffte eine Wunde. Sein Oberkörper war Blut besudelt. "Xiao", flüsterte ich geschockt und die Augenlider des Älteren flatterten. Für einige, kurze Sekunden öffnete er seine Augen einen Spalt breit. Sein Blick schien vor Schmerz getrübt zu sein.

Trotz dessen, dass Xiao unglaubliche Schmerzen zu haben schien, sah er mir geradewegs in mein angsterfülltes Gesicht. Er hob langsam eine Hand, was ihm sichtlich schwer fiel. Seine Hand zitterte und dennoch hob er sie weiter an, bevor er mir sie sanft an meine Wange legte. "Daiyu", hauchte er angestrengt, bevor er seine Hand sinken ließ und direkt danach seine Augen schloss. In dem Moment wusste ich, dass er ohnmächtig geworden war. Erst jetzt fiel mir auf, dass mir Tränen über die Wangen liefen und schnell wischte ich sie mit meinem Handrücken ab, bevor ich mich sammelte und mich dann schnell umblickte.

"Li!", rief ich und der Dunkelhaarige kam sofort auf mich zugerannt. Bao hingegen besiegte genau in dem Moment den Mitachurl. Bao hatte ich es definitiv nicht zugetraut, dass er kämpfen konnte. Doch ich hatte jetzt definitiv keine Zeit darüber nachzudenken. Li kam schlitternd neben mir zum stehen.

"Xiao, er ist schwer verletzt, wir müssen ihn hier weg bringen!", sagte ich laut um gegen den starken Regen anzukommen und Li nickte. Einen Wimpernschlag später hatte Li Xiao auch schon in seine Arme gehoben und trug ihn wie eine Braut. Nur mit dem Unterschied, dass das hier definitiv kein schöner Moment war. Xiao sah scheußlich aus und ich hatte ihn noch nie so fertig gesehen. Trotz dessen, dass der Regen das Blut, was aus seiner Wunde quoll, weg wusch, hatte seine Kleidung das Blut aufgesaugt. Schnell stand ich aus dem Matsch auf und folgte Li, der sich mit schnellen Schritten fortbewegte, trotz dessen, dass er Xiao trug.

"Wo gehen wir hin?", fragte ich und das Andrenalin durchströmte meinen Körper in Höchstgeschwindigkeit. "Wir müssen zum Gasthaus Wangshu, das ist nicht weit von hier", erklärte Li und klang dabei gehetzt. Auch wenn er Xiao nicht besonders mochte, hatte er anscheinend nicht vor, den Dunkelhaarigen sterben zu lassen. Während wir schnellen Schrittes das Gasthaus Wangshu ansteuerten, stieß auch Bao noch zu uns, der die Frau stütze, die ich vorhin gesehen hatte. Ich hatte die Frau schon wieder total vergessen gehabt, doch sie schien ebenfalls schwer verletzt zu sein. Von ihren Blonden Locken tropfte das Regenwasser.

Der Regen spielte mittlerweile aber keine Rolle mehr. Alles was zählte war, die beiden am Leben zu erhalten. Als wir das Gasthaus Wangshu erreicht hatten, wirkte es wie ausgestorben. Niemand war zu sehen, was vermutlich auf den Regen zurück zu führen war. Zu unserem Glück war der Fahrstuhl unten und wir fuhren damit nach oben. Während wir in dem Fahrstuhl standen, drängte ich den Fahrstuhl in meinen Gedanken durchgängig, schneller zu fahren.

Oben angekommen begaben wir uns direkt zu Verr Goldet, die wie immer an ihrem Schreibtisch saß. Als sie uns erblickte, weiteten sich ihre Augen geschockt. Sie sprach Li an und unterhielt sich kurz mit ihm. Doch ich hörte nichts von der Konversation. In meinen Ohren rauschte es nur und ich nahm nichts wirkich um mich wahr, was wohl der Angst und dem Adrenalin zu verdanken war.

Ich war erst wieder richtig anwesend, als wir uns in einem der Gastzimmer befanden. Xiao lag in dem Bett und zwei Frauen bewegten sich hektisch um ihn herum. Sie schienen ihn zu verpflegen und taten vermutlich ihr bestes, um den Krieger nicht sterben zu lassen. Mein Körper fühlte sich nach wie vor taub an und erst jetzt begann ich darüber nachzudenken, was gerade eigentlich passiert war. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass es meine Schuld war, dass Xiao verletzt worden war, immerhin hatte er zu mir geschaut und hatte dadurch den Mitachurl nicht bemerkt. Li, der neben mir saß, schien meine Gedanken an meinem Gesicht abzulesen und sagte: "Es war nicht deine Schuld", während er mir sanft über den Rücken strich.

Ich hatte mir zwar gewünscht, Xiao wieder zu sehen, doch nicht so. Da hätte ich ihn lieber nie weider gesehen, wenn er dadurch sicher gewesen und nicht verletzt worden wäre. Erneut huschte mein Blick zu dem Älteren und es tat mir weh, den sonst so starken Krieger so hilflos in dem Bett liegen zu sehen. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass alles gut gehen würde und er wieder aufwachen würde. Ich konnte ihn einfach nicht sterben lassen ohne vorher mindestens unseren Streit geklärt zu haben. Ich dachte die ganze Zeit darüber nach, wie ich mich am besten entschuldigen sollte oder was ich generell zu ihm sagen sollte, wenn er wieder aufwachen würde.

Doch da war noch etwas anderes, was mich beschäftigte. Er hatte mich Daiyu genannt, kurz bevor er ohnmächtig geworden war. Doch, wer war Daiyu?

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Ratet, wer letztens Yoimiya gezogen hat. Richtig, Ich! Und ich bin so happy darüber. Ihr Kampfstil ist so angenehm zu spielen ♡•♡

Orphic // Genshin Impact Xiao FFWhere stories live. Discover now