Kapitel 8

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Ich blieb stehen und drehte mich zu dem Älteren rum, der ebenfalls stehen geblieben war. Das schwache Mondlicht beleuchtete sein Gesicht und schien auf seine dunklen Haare. Sein Anblick war in dem Moment so beruhigend, dass ich für einen Moment vergaß, was er mich gefragt hatte. Doch dies fiel mir schnell wieder ein, als ich Xiaos leicht sauren Blick auf mir bemerkte. "Wieso ich das gemacht habe? Weil sie uns wirklich hätten weiterhelfen können. Deswegen habe ich ihnen die Lieferung gezeigt", erklärte ich ruhig und sah Xiao an.

"Aber sie haben nichts darüber gewusst. Was hättest du gemacht, wenn sie dir das Stück weggenommen hätten?", fragte er mich und verschränkte die Arme vor seiner Brust. "Das hätten sie nicht, sie haben doch gesagt, dass sie nichts mit dem Auftrag zu tun haben wollten", entgegnete ich und erwiderte seinen Blick. "Schatzräuber sind gierig." Ich sah ihn ungläubig an. "Nur weil sie Schatzräuber sind, heißt es nicht, dass sie böse sind", hielt ich dagegen und Xiao funkelte mich unzufrieden an. "Es war dennoch nicht klug, ihnen das Stück zu zeigen. Wir kennen die Schatzräuber nicht", erwiderte Xiao und ich starrte ihm trotzig in seine gold-gelben Augen.

Langsam stieg die Wut erneut in mir hoch. "Ja, wir kannten die Schatzräuber nicht, aber sie haben uns wirklich weiter geholfen. Sie waren nett zu uns und du warst ständig auf Angriff aus". Ich versuchte meine Wut zu unterdrücken. "Zurecht, weil wir die Schatzräuber nicht kannten. Sie hätten uns überfallen können, ich musste bereit sein  zu kämpfen. Man soll fremden Menschen nicht vertrauen", gab Xiao von sich und ich spürte den leicht wütenden Unterton in seiner Stimme. Ich blinzelte ihn ungläubig an.

"Mag sein, dass man Fremden nicht vertrauen sollte, aber wie hätten wir sonst an Informationen kommen sollen?", fragte ich nun stattdessen und Xiao zuckte mit seinen Schultern. "Wir hätten es selbst schon irgendwie herausgefunden." Ich lachte ungläubig. "Das hätten wir sicher nicht. Wir standen am Nullpunkt und hatten keine Ahnung, worum es überhaupt ging. Ich wusste nichtmal, was ich eigentlich hier mit mir herum schleppte und du wusstest es genauso wenig", merkte ich trotzig an.

"Wir wissen immernoch nicht, was du da mit dir herum trägst", hielt Xiao stur dagegen und ich schnaubte. "Ja, wir wissen es nicht, aber wenigstens wissen wir, warum ich überfallen wurde und was es damit auf sich hat." "Das hätten wir auch so raus gefunden, ohne diese Schatzräuber zu fragen. Warum bist du überhaupt aus deinem Versteck vorgekommen, obwohl ich dir deutlich gemacht habe, dass du dort bleiben solltest?", fing Xiao nun sauer an und ich starrte ihm geradewegs in seine Augen.

"Weil die Methoden, die du anwendest absolut nicht in Ordnung sind! Mit Gewalt und Kampf kommt man nicht weiter. Du hättest von Anfang an normal mit Li reden können", erklärte ich aufgewühlt und diesmal war Xiao es, der schnaubte. "Mit Gewalt kommt man deutlich leichter voran", erwiderte Xiao und ich sah ihn ungläubig an. "Du warst während dem Gespräch ständig angriffsbereit, obwohl du gesehen hast, dass sie uns nichs tun", legte ich meine Gedanken offen und Xiao sah mich erneut leicht sauer an. "Wir kannten die Schatzräuber aber nicht. Bei fremden Leuten sollte man immer angriffsbereit sein", schnaubte Xiao sauer und ich wollte nicht wahr haben, dass er das wirklich ernst meinte.

"Gut, dann sollte ich in deiner Anwesenheit auch immer auf Angriff aus sein, denn wenn man es genau nimmt, kennen wir uns auch nicht", gab ich von mir und Xiao schnaubte erneut, nachdem er meinem Blick ausgewichen war.

"Ja, solltest du und du solltest mir auch nicht vertrauen!", sagte der Dunkelhaarige jetzt und diesmal hörte ich seine Wut deutlich aus seiner Stimme heraus. Ich fühlte mich von seinen Worten wie vor den Kopf gestoßen und stolperte ein paar Schritte zurück.

"Ich soll dir nicht vertrauen?", fragte ich ungläubig und zu meiner Wut mischte sich pure Enttäuschung. "Du warst derjenige, der sich aus heiterem Himmel dazu entschieden hat, mir zu helfen, aus welchem Grund auch immer. Ich folge dir seit Tagen und habe mich nicht einmal beklagt, obwohl du nicht ein Wort darüber verloren hast, was du vor hast. Ich weiss nichts über dich, aber folge dir trotzdem, weil ich glaube, dass du mir helfen kannst. Und ich soll dir nicht vertrauen?" Ich spürte, wie sich die Enttäuschung in mir ausbreitete. Xiao sah mich abweisend an und ich spürte, wie ich immer mehr von ihm abdriftete. Er schien mich regelrecht abzuweisen und jedes mal, wenn ich versuchte auf ihn mit Worten zuzugehen, lief ich vor eine Wand.

"Ja, du solltest mir nicht vertrauen", sagte er nun kalt und das war der Moment, wo ich mich fühlte, als würde ich ertrinken. Ich schluckte den Klos in meinem Hals herunter und blinzelte die aufkommenden Tränen weg. "Was ist nur mit dir los? Warum redest du nie mit mir? Warum sagst du mir nicht, was du vor hast? Warum müssen wir uns erst streiten, dass du mal richtig mit mir redest? Warum?", gegen Ende hin wurde meine Stimme immer lauter, bis ich sogar fast schrie. Zu der Enttäuschung gesellte sich Frustration. Xiao sah mich mit seinen gold-gelben Augen nur abweisend und kalt an und mir wurde bewusst, dass ich keine Anwtort auf die Frage erhalten würde.

"Wer hat dir das Herz gebrochen, dass du so geworden bist?", fragte ich frustriert und ohne nachzudenken und plötzlich änderte sich etwas in seinem Blick. Seine Augen nahmen einen schmerzerfüllten Ausdruck an und diesmal versuchte er es nicht mal zu verbergen. Doch schon kurz darauf wurde der Schmerz in seinen Augen abgelöst und er sah mich wuterfüllt an. "Nimm das sofort zurück!", forderte er wütend und ich schüttelte trotzig mit meinem Kopf. Ich dachte nicht nach und die Worte verließen wie automatisch meinen Mund. "Nein, du redest nie mit mir und das ist unangenehm. Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen, mh?", meine Stimme triefte vor Wut und Xiao sah so aus, als würde er mich gleich angreifen. Ich spürte seine Abneigung mir gegenüber. "Du hast kein Recht das zu erfahren und schon gar nicht das Recht, danach zu fragen",  antwortete er durch zusammengebissene Zähne.

"Wahrscheinlich habe ich nicht mal das Recht, dich sprechen zu hören!", gab ich von mir, ohne darüber nachzudenken, was ich da eigentlich sagte. Xiao funkelte mich nur wütend an und ich starrte genauso wütend zurück. "Weisst du was, Xiao? Da ich an deiner Seite anscheinend nicht erwünscht bin, werde ich gehen. Such dir jemand anderen, den du anschweigen kannst." Ich wollte gerade gehen, als ich mich doch nocheinmal umdrehte. "Eine Sache verstehe ich nicht. Warum hilfst du mir, wenn du mich nicht bei dir haben willst?", fragte ich, weil es mich wirklich interessierte, doch Xiao sah mich nur schweigend an. In seinen Augen lag immernoch Wut, aber auch noch ein anderer Ausdruck, den ich nicht zuordnen konnte.

Ich schnaubte. "War ja klar, dass ich keine Antwort bekommen würde." Mit diesen Worte drehte ich mich um und entfernte mich von Xiao. Der Ältere folgte mir nicht, was mir eine gewisse Genugtuung verlieh, die sich mit meiner Wut und der Frustration vermischte. Um mich herum war es stockdunkel, doch ich machte mir in dem Moment nichts daraus und ließ mich von der Dunkelheit verschlucken.

Erst als ich mich eine Weile in der absoluten Dunkelheit fortbewegt hatte, fiel mir auf, dass ich weinte.


Orphic // Genshin Impact Xiao FFWhere stories live. Discover now