Kapitel 3

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Ich sah Xiao verwirrt an.

"Was haben die Fatui damit zu tun?", fragte ich, weil ich mir wirklich keinen Reim darauf machen konnte, doch Xiao schien sich das auch nicht erklären zu können, denn er zuckte mit den Schultern.

"Trägst du etwas bei dir?", fragte er stattdessen.

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, eigentlich nichts", erklärte ich, doch dann fiel mir siedend heiß meine Lieferung wieder ein, die ich machen musste.

Schnell zog ich meine Ledertasche hervor und öffnete diese. Dabei verdeckte ich mit meinem Arm das göttliche Auge, was von meinem Gürtel hing. Ich hoffte wirklich inständig, dass Xiao es noch nicht entdeckt hatte, es wäre sonst mehr als peinlich für mich, wenn er heraus fand, dass ich überhaupt nicht kämpfen konnte, obwohl ich ein göttliches Auge besaß.

Ich zog aus der Ledertasche die Lieferung heraus, die nach wie vor in Stoff eingewickelt war.
Ich sah den Inhalt zum ersten mal und war demnach auch verwirrt, als ich sah, was die Lieferung umfasste.

Es war eine Art Würfel aus dunklem Holz. In die eine Seite des Würfels waren tiefe Kerben eingeritzt und ergaben ein Symbol, dass ich nicht identifizieren konnte.
Ich hielt den Würfel Xiao hin.
"Sag dir der etwas?"

Xiao nahm mir den Würfel vorsichtig ab und wendete ihn behutsam in seinen Händen. Seine Augenbrauen waren nachdenklich zusammengezogen. Nach einiger Zeit schüttelte er den Kopf.
Ich seufzte und nahm ihm das Würfelgleiche Siegel aus den Händen, bevor ich es wieder in den Stoff wickelte und in meiner Tasche verstaute. Erneut achtete ich genau darauf, dass Xiao mein göttliches Auge nicht zu Gesicht bekam.

"Was machen wir jetzt?", fragte ich und sah Xiao erwartungsvoll an.
"Sollen wir zu Jean gehen und sie um Hilfe fragen?"
Xiao schüttelte seinen Kopf erneut.
"Wir müssen heraus finden, ob die Schatzräuber wirklich mich überfallen sollten, oder ob es ein Zufall war", überlegte ich laut und Xiao sah mich abschätzig an.

Nach einiger Zeit nickte der dunkelhaarige und wendete mir den Rücken zu, bevor er sich in Bewegung setzte.
Ich blinzelte Xiao verwirrt hinterher. Ich hatte keine Ahnung, was er nun tun wollte. Erst als er stehen blieb und sich kurz nach mir umdrehte, verstand ich, dass ich ihm folgen sollte.

Schnell setzte ich mich in Bewegung und beeilte mich, ihn einzuholen. Als ich dann neben ihm lief, fiel mir auf, dass seine gold-gelben Augen ab und zu zu mir schielten. Ich konnte seinen Ausdruck definitiv nicht deuten und wusste nicht, was er dachte, doch irgendwie verlieh es mir Genugtuung.

Ich musste lächeln.
Xiao führte uns wieder auf den Hauptweg und ich lief stumm neben ihm.
Ich hatte ihm nicht gesagt, wo ich die Lieferung hinbringen musste, weshalb ich davon ausging, dass er nicht vor hatte, die Lieferung zum Ziel zu bringen. Xiao schien einen anderen Plan im Sinn zu haben und, ich wusste nicht wieso, aber ich vertraute ihm in dieser Hinsicht. 

Nach einer weiteren Zeit des Schweigens fiel mir auf, dass ich mich mit Xiao an meiner Seite weitaus sicherer fühlte, als allein durch Teyvat zu laufen. Der Fakt, dass er kämpfen konnte und ich offensichtlicher Weise nicht, spielte hierbei eine beträchtliche Rolle. 

Während ich in meinen Gedanken versunken war, blieb Xiao irgendwann stehen und ich merkte es erst, als er mich an meinem Ärmel zurück zog. Verwirrt blickte ich zu dem Größeren auf. Der Dunkelhaarige blickte mich eine kurze Weile nachdenklich an, bevor er langsam seinen Blick abwandte und mit seinem Kopf in eine Richtung deutete. 

Ich blickte in die Richtung, in die er gedeutet hatte und entdeckte ein Stück weiter hinten ein verlassenes Lager. In Teyvat war es nicht unüblich, dass man manchmal verlassene Lager fand. Manche gehörten zu Schatzräubern, die allerdings geschnappt wurden. Die Lager blieben dann zurück, denn es machte sich niemand die Mühe, diese abzubauen. An sich war es zwar nicht so toll, wenn man einfach die Lager zurück ließ, aber es kam denen zu Gute, die herumreisten. 

Die verlassenen Lager waren auch meistens der Grund, warum diejenigen, die durch Teyvat reisten, nicht viel Gepäck mitnahmen. Entweder man übernachtete in einem Gasthaus oder einer Taverne oder man suchte sich ein verlassenes Lager und übernachtete dort. Die meisten verlassenen Lager besaßen auch eine Feuerstelle, was es ziemlich leicht machte, sich etwas zu Essen zu kochen. Vorausgesetzt man hatte die Zutaten dazu. 

Xiao setzte sich in Bewegung, lief vom Hauptweg weg und steuerte das Lager an. Erst als ich ihm folgte, fiel mir auf, dass die Sonne bald untergehen müsste. Der große, gelbe Ball hing schon tief am Horizont und tauchte alles in ein goldenes Licht. 

Sobald wir bei dem Lager angekommen waren, ließ ich mich erschöpft in das Gras sinken und pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann sah ich Xiao an. "Hast du Hunger? Ich habe noch etwas Brot in meiner Tasche", gab ich von mir, doch der Dunkelhaarige schüttelte seinen Kopf und verschränkte die Arme vor dem Körper. Ich nickte verstehend.

Ich wollte mein Brot lieber für die weitere Reise aufheben, weshalb ich es wieder in meine Tasche packte. Dennoch hatte ich Hunger und dies wurde mir noch mehr deutlich, als ich wehmütig zu der Feuerstelle blickte und dann mein Magen auch noch anfing zu knurren. 

Mein Blick glitt zu Xiao, in der Hoffnung, dass er nicht gehört hatte, wie sehr ich eigentlich Hunger hatte. Doch er hatte es natürlich gehört. Ich glaubte sogar seine Mundwinkel amüsiert zucken zu sehen, doch das war so schnell wieder vorbei, dass ich mir nicht sicher war, ob mir mein Verstand nicht nur einen Streich gespielt hatte. Xiao sah mich noch kurz an und ich konnte seinen Blick, den er mir zuwarf ganz und gar nicht deuten.

Doch dann wandte sich der Krieger ohne ein weiteres Wort ab und verschwand kurz darauf auch schon aus meinem Blickfeld. Verwirrt blickte ich an die Stelle, an der er bis vor einigen Sekunden noch gestanden hatte. Hatte Xiao mich jetzt wirklich alleine gelassen? Ich zog meine Knie an meinen Körper und schlang die Arme darum.

Gedankenverloren blickte ich zu der Feuerstelle und überlegte, was heute eigentlich alles passiert war. Das Ganze war so surreal, dass ich mir nicht sicher war, ob mir die Geschichte jemand glauben würde, wenn ich sie weiter erzählen würde. 

Ich wurde ruckartig aus meinen Gedanken gerissen, als etwas vor mir auf dem Boden landete. Ich zuckte zusammen und sah dann zu Xiao hoch, der vor mir stand und mich abwartend ansah. Mein Blick wanderte zu dem, was er mir vor die Füße geschmissen hatte.  Es war ein erlegtes Eichhörnchen. Meine Augen begannen zu strahlen und ich konnte mein Lächeln nicht unterdrücken. "Danke, Danke, Danke!"

Diesmal zuckten Xiao seine Mundwinkel wirklich amüsiert und seine Augen sahen freundlicher aus als vorhin. Ich widmete mich dem Eichhörnchen und zog ihm schnell das Fell ab und entfernte die Eingeweide. Xiao entfachte währenddessen ein Feuer bei der Feuerstelle. Etwas Pech hatten wir, dass wir eine Feuerstelle ohne Kessel erwischt hatten, aber ganz so schlimm war das dann doch nicht. 

Ich suchte mir in der Umgebung einen Stock und spießte dann das Eichhörnchen darauf auf, bevor ich es übers Feuer hing und den Spieß zeitweise drehte, um das Eichhörnchen von allen Seiten durch zubekommen. Als es dann endlich soweit war und ein genüsslicher Duft in der Luft lag, nahm ich das Eichhörchen vom Feuer und hielt es erst Xiao hin. "Möchtest du etwas abhaben?", fragte ich und lächelte ihn an. 

Es war mittlerweile dunkel geworden und nur das Feuer spendete Licht. Das Licht des Feuers spiegelte sich in einem zarten Orange Ton auf Xiao seinem Gesicht wieder und erst da fiel mir auf, dass der Mann, der da neben mir saß, wirklich hübsch war. 

Xiao schüttelte mit seinem Kopf und verdeutlichte mir somit, dass er nichts abhaben wollte. Deshalb biss ich dann selbst in das Eichhörnchen rein. Es hatte keinen besonderen Geschmack, aber das Fleisch war zart und ich war mehr als dankbar für diese Mahlzeit. Ich kaute und schluckte dann runter, bevor ich mich wieder Xiao zuwandte.

"Danke für die Mahlzeit", sagte ich und Xiao sah mich eine Weile an, bevor er antwortete. "Kein Problem, du sollst ja nicht verhungern." 

Ich blinzelte den  Krieger überrascht an. Ich glaube, das war der längste Satz, den er bis jetzt von sich gegeben hatte. Doch das war nicht das, was mich am meisten überraschte. Am meisten überraschte mich, dass mir erst jetzt auffiel, dass seine Stimme wie Musik für meine Ohren war

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Ich hänge nach wie vor in extremen Schulstress fest, wollte aber dennoch updaten ^^

Gibt es hier eigentlich Shadowhunter Fans? Ich schaue momentan wieder Shadowhunters auf Englisch und mir ist vorher nie aufgefallen wie schrecklich die deutschen Synchronstimmen bei dieser Serie eigentlich sind 💀

Orphic // Genshin Impact Xiao FFWhere stories live. Discover now