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Schock!

Hatte ich das gerade wirklich genauso gesagt?

Mein Puls pochte bis in meine heißen und sicherlich auch schon knallroten Ohren.

Damit hatte ich den Plan, meinen Gast und mich emotional auf Abstand zu halten, gerade extrem gefährdet.

„ ... und du bist sicherlich auch ein richtig guter Kumpel. Einer zum Pferdestehlen halt", fügte ich hinzu um mich aus der Affäre zu ziehen, machte damit aber alles nur noch schlimmer.

„Also nicht stehlen in dem Sinne, aber ..."

Wie konnte man nur so dumm sein wie ich?

Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, wurde mir bewusst, was ich angerichtet hatte, und wollte versuchen die Situation zu retten, doch ich wusste absolut nicht, wie ich mich aus diesem metertiefen Fettnäpfchen herausziehen sollte. Jemandem wie ihm zu sagen, mit ihm könne man bestimmt gut stehlen, war einfach nur bescheuert.

Mein Gesicht brannte wie Feuer.

Aber mein Patient blieb zu meiner Überraschung total gelassen.

„Hey, alles gut", winkte er grinsend ab.
„Ich verstehe was du sagen wolltest.
Vielen Dank für deine tollen Worte Lynn. Ich freue mich sehr darüber, dass du mich so beschrieben hast - dass du mich so siehst, denn nur deine Meinung zählt für mich.
Ich kann aber zu hundert Prozent alles genauso an dich zurückgeben. Was du alles für mich getan hast und auch immer noch tust, ist nach wie vor kaum für mich nachzuvollziehen und auch in diesem Ausmaß nie wieder gutzumachen."

Am liebsten hätte ich meinen Kopf in eine Eistonne gesteckt.

Gespielt locker, aber doch bis zum Anschlag gequält, grinste ich ihn an und hoffte, ich sah nur halb so rot aus wie ich mich fühlte.

„Lass uns die Namenssuche vertagen", stieß ich hektisch hervor, stand auf und klappte den Laptop zu, um schnell aus der Situation fliehen zu können.

Auch mein Patient stand auf.

„Alles klar.
Kochen wir so in zwei Stunden? Dann würde ich mich noch etwas hinlegen."

„Guter Plan", sagte ich, rollte das Kabel auf und nickte ihm zu, während er in der Hütte verschwand.

Als ich seine zögerlichen Schritte auf der Treppe hörte, ließ ich mich wieder auf die gepolsterte Holzbank plumpsen und spürte, wie die Hitze langsam aus meinem Gesicht verschwand.

In den letzten paar Stunden war mein Körper unberechenbar.

Unterschiedlichste Gefühle wie Trauer, Schmerz, Kribbeln, Aufregung, Verunsicherung und Scham traten nacheinander im schnellen Wechsel auf, verschwanden und kehrten wieder zurück.
Meine Herzrate kletterte binnen Sekunden auf 180 und sank dann wieder, meine Hände und Oberlippe wurden immer wieder feucht und Nervosität kam wie auf Knopfdruck in mir auf, bevor sie wieder abflachte.

Ich schüttelte den Kopf hastig von rechts nach links - in der Hoffnung, mein Hirn würde wieder anspringen und einschreiten, bevor mein Körper komplett durchdrehte.

Seufzend beobachtete ich einige Minuten lang die Natur und atmete tief ein und wieder aus um mich zu beruhigen, bis mein neues Handy in meiner Hosentasche vibrierte.

Mit spitzen Fingern zog ich es heraus und klappte es auf. Grinsend dachte ich daran, wie lange ich ein solches Handy schon nicht mehr besessen hatte.

-Millie- stand auf dem Display.

Anscheinend hatte sie mir eine SMS geschickt.

Auch so eine hatte ich auf mein Smartphone schon seit Monaten nicht mehr bekommen.

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt