45 (Lesenacht: Kapitel 1/4)

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Hallo ihr Lieben,
anlässlich der unfassbaren 10.000 reads 😳 und 1000 Votes ⭐️ habe ich eine kleine Überraschung für euch und es gibt heute eine Lesenacht. Ich hoffe das gefällt euch 😉. Viel Spaß dabei.

Als ich am nächsten Morgen aus dem Bad kam, roch es nach frisch gebrühtem Kaffee und mein Gast hatte sich nicht nur um die Getränke, sondern auch um das komplette restliche Frühstück gekümmert.

„Das riecht ja super hier. Und gut aussehen tut es auch noch." Zufrieden begutachtete ich den vollen Esstisch.

Mein Patient strahlte mich an und zwinkerte. „Das war mein Ziel."

Ich setzte mich schmunzelnd und griff nach meiner warmen Tasse. „Du hast dir wirklich viel Mühe gegeben."


Die Nacht war schön.
Obwohl ich am Abend zuvor so viel Schmerz durchlebt und tausende Tränen vergossen hatte, war ich doch recht schnell eingeschlafen. In seinen Armen fühlte ich mich wohl und hatte das Gefühl, die Nähe zu ihm hätte mich beruhigt - und das nicht zum ersten Mal.
Als wir wieder aufwachten, lagen wir noch exakt am selben Platz wie am Vorabend. Sein Arm war immer noch um mich geschlungen und sein Kopf berührte meinen Nacken. Keiner von uns schien sich im Schlaf bewegt zu haben.


Und jetzt stand er in der Küche, mit grauer Jogginghose, weißem Shirt, verwuschelten Haaren, strahlendem Lächeln und sah auf mich herab.

„Ich wollte mich mit dem Frühstück bei dir für gestern Abend bedanken. Es bedeutet mir sehr viel, dass du mir von deinen Eltern erzählt hast, obwohl es dir so schwer gefallen ist."

Mit geschlossenen Augen begann ich zu nicken.

„Eine Sache gibt es da allerdings noch, die ich verschwiegen habe." Ich öffnete sie wieder und sah ihn nervös an.

Stumm fokussierte er meinen Mund, während ich Luft durch meine Lippen in meine Lungen sog, bevor ich ihm auch noch den letzten Teil der Geschichte offenbarte.

„Niemand außer dir weiß, warum mein Vater gestürzt ist. Meinem Opa hatte er damals nur erzählt, dass er auf einer Stufe ausgerutscht wäre, aber nicht, dass er die Treppe hinuntergelaufen ist, weil ich mir nachts beim Apfelschneiden ein Messer in den Finger gerammt habe. Und ich habe es nie übers Herz gebracht, meinen Großeltern davon zu erzählen. Auch nicht, als sie nach meinem Verband fragten. Ich habe ihnen nur gesagt, ich hätte mich geschnitten.
Ich hatte einfach zu viel Angst davor, dass sie mich hassen würden, wenn sie die Wahrheit erführen. Und Millie und Sue wissen bis heute nichtmal vom Sturz auf der Treppe."

Und nun war es draußen. Jetzt wusste er alles. Jedes Detail dieser verhängnisvollsten Stunden meines Lebens. Niemand sonst tat das.
Ich fragte mich, was genau mich dazu gebracht hatte, diesem Unbekannten einfach alles über mich preiszugeben.

Er setzte sich zu mir und nahm einen Schluck Kaffee. Er wirkte total ruhig.

„Ich verstehe, warum du es ihnen nie erzählt hast und kann nachvollziehen, warum du Bedenken hattest. Du hast dieses Geheimnis jahrelang mit dir herumgeschleppt und zugelassen, dass es dich so sehr belastet. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, ob es dir helfen würde, es deinem Opa jetzt noch zu erzählen, oder es lieber zu lassen. Das kannst nur du selbst entscheiden.
Aber was für mich sicher ist, ist, dass dir dein Opa keine Vorwürfe machen wird."

Ich begann auf meiner Lippe herumzukauen und starrte auf meinen leeren Teller.

Irgendwann nickte ich.

„Auch darüber muss ich nachdenken", sagte ich dann leise und mein Patient signalisierte mir, dass er meine Worte zur Kenntnis genommen hatte.

„Vielleicht wirst du dir in den nächsten Tagen oder Wochen klarer darüber.
Und wenn ich dir einen Rat geben soll, dann lass es mich einfach wissen."

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt