15 - Liebende Herzen

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Wie ich es vermisst habe, von ihm berührt zu werden und in seiner Nähe zu sein.

„Hast du irgendwo Schmerzen?" Mein Freund schaut mich so besorgt an, dass die Gänsehaut immer mehr an Intensität gewinnt. „Sag doch bitte etwas, Mabel."

Ich soll etwas sagen? Gut, dann sage ich jetzt das Erste, das mir durch den Kopf schwirrt.

„Ich liebe dich, Rave!"

Kurz schaue ich den Blondschopf abwartend an, doch sobald sich seine Mundwinkel zu einem minimalen Lächeln anheben, überbrücke ich den letzten Abstand zwischen uns und vereine unsere Lippen zu einem sehnsuchtsvollen Kuss.

So leidenschaftlich und gefühlvoll haben wir uns schon lange nicht mehr geküsst.

Vorsichtig wandere ich an Raves Seiten hinauf, bis ich meine Arme in seinem Nacken verknote. Mein Freund hingegen legt seine Hände auf meinen Po, womit er mir ein leises Keuchen entlockt.

Die Reaktionen, die Rave in mir auslöst, bestätigen mich darin, dass meine Gefühle für ihn nicht abgenommen haben. Es war bloß die fehlende Zeit, die mich verunsichert und überfordert hat, seinen Ring anzunehmen.

Mit einem glücklichen Lächeln, das sich nach drei Tagen endlich wieder auf meinem Gesicht befindet, und Herzklopfen löse ich mich von Rave. Anstatt jedoch ganz von ihm abzulassen, lehne ich meine Stirn gegen seine und murmele gedämpft: „Es tut mir leid. Ich hätte nicht weglaufen dürfen. Ich-"

„Mabel?"

„Ja?"

„Es ist alles gut, okay?", versichert mir Rave mit einem ehrlichen Ausdruck in den leuchtenden Augen. „Lass uns reingehen und drinnen nochmal über alles reden, einverstanden?"

Direkt nicke ich.

Eigentlich wollte ich schon in den vergangenen Tagen das Gespräch mit Rave suchen, doch ich habe mich schlichtweg nicht getraut. Meistens waren meine Schuldgefühle größer als meine Sehnsucht, sodass ich es nicht geschafft habe, mich von meinem Bett zu trennen.

Jetzt gerade, wo mein Freund endlich wieder an meiner Seite ist, bereue ich es jedoch, nicht schon eher zu ihm gefahren zu sein. Die letzten drei Tage, die im Übrigen der absolute Horror waren, hätten wir uns auch schenken können.

Na ja, eventuell hat mir diese kurze Pause zum Nachdenken aber auch geholfen, schließlich weiß ich jetzt, wie viel mir Rave tatsächlich bedeutet.

Sobald der Blondhaarige und ich Hand in Hand den Flur betreten, streckt Noah wie auch schon einige Minuten zuvor neugierig seinen Kopf in den Flur. „Warum bist du schon wieder da?", möchte er an mich gewandt wissen. „Das war ja der kürzeste Spaziergang der Welt."

Ich kann spüren, wie mir mein Freund einen fragenden Blick von der Seite zuwirft, doch ich speise ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. Würde ich nämlich gestehen, dass ich mich auf den Weg zu Lee machen wollte, würde ich noch im selben Moment die Trennung von Rave unterschreiben.

Seit seinem Geburtstag ist er - warum auch immer - unheimlich eifersüchtig auf seinen Cousin.

„Und was machst du überhaupt hier, Rave?", erkundigt sich Noah nun interessiert bei meinem Freund. „Musst du nicht gleich schlafen gehen?"

„Das sollte ich wohl lieber dich fragen, Kumpel", erwidert der Blondschopf lachend, woraufhin sich Noahs Wangen rot färben. Dann legt er verschwörerisch einen Finger an seine Lippen und murmelt mahnend: „Wehe ihr verratet mich. Mama und Papa sind auf dem Sofa eingeschlafen, also kann ich so lange wachbleiben, wie ich will."

Daraufhin müssen Rave und ich lachen.

Mein kleiner Bruder wird morgen früh schon sehen, was er davon hat, weniger als acht Stunden im Land der Träume zu verbringen.

Wenn Sonne und Regen aufeinandertreffenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt