⚽️ 9 | Blutige Nasen helfen auch nicht bei blonden Träumen

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Das mit dem sentimental werden hätte Leon nicht sagen dürfen. Dann wäre ihm eine blutige Nase und Rini die verbundenen Hände erspart geblieben. Während er sie entschuldigend angrinste, band Maxi ihr, natürlich in Leons Auftrag, auch noch den Mund zu, damit sie auch ja nicht auf die Idee käme ihre Meinung laut auszusprechen.

Sie quittierte das alles allerdings nur mit einer hochgezogenen Augenbraue und hinter ihrem Rücken sah ich, wie sie ihre Hände zu Schweigeeinhörnen umfunktionierte. „Hadschi, wir brauchen die Räder." Leon versuchte cool zu wirken, wie er da an der Wand lehnte und sich das Blut von der Nase wischte.

„Okay", machte Hadschi und ging in einen Nebenraum, „Ich zeige dir was. Das ist sentimental. Sie lagen überall in der Stadt!" Er zog eine dreckige Plane durch die Luft und brachte lauter zerstörte Fahrräder zum Vorschein. „Ihr habt sie weggeworfen!"

„Ich weiß, aber wie lange brauchst du, um sie zu richten?" Wir anderen sahen uns geschockt an, Lena hielt sich die Hand vor den Mund. Hatte er das gerade wirklich gesagt?! „Ich?! Oh, oh. Das wirst schön du tun! Herr Anführer!" Hadschi drückte ihm eines der Räder in die Hand. „Und wenn du Glück hast, bist du in vier Tagen fertig!"

Vier Tage?! „Das ist zu spät." „Dann frag halt die anderen!" Er stellte mein Fahrrad vor mir ab und ich strich andächtig über den Sattel. Ich war lange nicht damit gefahren. Plötzlich stapften die drei Jüngsten zu uns und beschwerten sich über ihre Trikots. Lautes Lachen aus Rinis Ecke. Aber Hadschi sträubte sich, uns neue Trikots zu machen. Wir seien selbst schuld, sagte er, und hatte recht.

„Aber wir müssen in drei Tagen über 180km weit fahren!" „Fabi hat uns herausgefordert!" Juli und Maxi brüllten Protest. „Und wenn du uns nicht hilfst, dann hat er uns jetzt schon geschlagen." Nessa trat ganz nah an Hadschi heran und zwirbelte seinen Schnauzer, was uns dazu brachte angeekelt durch die Gegend zu schauen. Sowas wollte doch niemand sehen.

„Mit einer Mädchenmannschaft, Hadschi. Das willst du doch nicht, oder, Hadschi?"

„Ohhh, oh, oh, beim schlitzohren Sir Alibaba nein! Das kann nicht gut gehen! Das überleben wir nicht! Und als erstes werdet ihr verhungern!" Mit diesen Worten wandte er sich von Nessa ab, die uns triumphierend angrinste, und hetzte zu einem alten Schrank aus Holz, aus welchem er Tonnen von Tuben und Schachteln herauszog.

Leicht lehnte ich mich an Maxi. Ich war erschöpft, ausgelaugt und viel zu müde, um jetzt noch an einem Fahrrad herumzuschrauben. „Müde?" Murmelte er und legte seine Hand auf meiner linken Schulter ab. Nickend schloss ich meine Augen und plötzlich wurde Maxis sonst so kalte Hand ganz warm, sein Geruch anders.

Ich kannte diesen Geruch, er gehörte einem blonden Idioten, der plötzlich vor mir stand und mich angrinste. „Du bist da", sagte ich leise, unwissend, was ich davon halten sollte, ob ich das glauben sollte. „Na klar", grinste er selbstgefällig, „Ich lasse dich doch nicht alleine. Außerdem habe ich gemerkt, dass du mich vermisst hast, Charlie."

Normalerweise hätte ich gesagt er solle nicht so überzeugt sein von sich selbst, dass er sich zum Teufel scheren solle und falsch damit lag, dass ich ihn vermissen würde. Aber ich war müde, erschöpft und viel zu glücklich ihn wiederzusehen, als dass ich ihn hätte anlügen können. Also nickte ich.

„Ich habe dich vermisst. Das ganze Jahr über." Er grinste. „Ich weiß. Ich dich auch." Schneller als ich schlucken konnte lag seine Hand auf meiner rechten Schulter und er kam mir näher. Immer näher und näher, bis er nur noch wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt war. Und dann-

„CHARLIE!" brüllte er mir ins Gesicht und ich runzelte die Stirn. Er nannte mich nicht Charlie. Für ihn war ich Charlotte. Und das schon immer. Ich schüttelte den Kopf und plötzlich stand nicht mehr Markus vor mir, sondern Jojo. „Bist du okay, Yoda?" Fragte Maxi mich von hinten und ich nickte geistesabwesend.

„Ja, ja, ich denke schon."

Jojo und Maxi wechselten kritische Blicke. „Leg dich hin, ja? Ich mach dein Fahrrad fahrtüchtig." Bot Maxi an, aber ich lehnte kopfschüttelnd ab. „Ich muss- ich muss nur was essen." „Okay", sagte Jojo und legte mir ihren Arm um die Schultern, „Gehen wir diesen Hadschi fragen."

Und während wir uns zu ihm schoben, fragte ich mich, den Blick gen Boden gerichtet, was das gerade eben eigentlich war.

𝘊𝘩𝘢𝘳𝘭𝘰𝘵𝘵𝘦 - 𝘋𝘦𝘳 𝘒𝘭𝘦𝘣𝘦𝘳 -- 𝘉𝘢𝘯𝘥 3 ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt