~6~

29.8K 1.7K 246
                                    

"Das ist verboten!", wetterte unser Schulleiter. "Lily, du kennst du die Regeln noch nicht. Aber dir wurde sicherlich schon gesagt, dass man seine Kraft nicht missbrauchen darf! Ich möchte so etwas nicht noch einmal erleben, verstanden?", fragte er mich ärgerlich, während seine grauen Augen blitzten.

Ich nickte und war sauer auf Luke.

"Und du, Luke. Wer gibt dir verdammt nochmal das Recht, gegen die Regeln zu verstoßen? - Lily, du kannst jetzt gehen. Verwarnung!"

Luke drehte den Kopf und funkelte mich böse an. Seine Augen waren noch dunkler als sonst. Verfluchter Mistkerl!

"Ihre Kraft ist stärker. Stärker, als die von anderen mit Wasser. Viel stärker. Ich weiß einfach nicht, wieso!", sagte Luke zu seiner Verteidigung, nachdem ich den Raum verlassen hatte.

Ich weiß, ich sollte eigentlich nicht lauschen und in Controlling Magical Power (Common Lesson) gehen, aber immerhin ging es da um mich! Und das, was Luke da sagte, war irgendwie ziemlich interessant...

"Luke, falls du darauf hinauswillst, sie ist kein Verturer. Sie hat blaue Augen. Außerdem eindeutig Wasser!"

Bitte, was? Ich sollte... Warum? Wie kam er darauf? Nur, weil jemand mit Wasser einmal genauso stark war wie seine blöde Feuer-Magie? Das war doch...

"Sie trägt aber den Ring!", sagte Luke eindringlich.

Ring? Also, falls er das blaue Etwas an meinem linken Ringfinger meinte: Den hatte ich schon seit der ersten Klasse! Gott, ich hatte nun wirklich nicht gewusst, dass ich damit irgendwie Aufsehen erregen würde. Ich trug ihn auch nur heute. Keine Ahnung, warum. Zufall.

"Meinetwegen, dann versuch' eben, etwas herauszufinden. Wenn du meinst... Aber sag Bescheid, wenn ich Recht hatte", seufzte der Schulleiter.

Scheiße, jetzt hatte ich nicht gehört, was Luke vorher gesagt hatte.

Ich hörte, wie er aufstand. Oh Mist, ich sollte vielleicht von der Tür weg! Scheiße, zu spät!

Ich rannte einfach los. Irgendwo hin.

Dann bemerkte ich, dass ich trotz Jessies Monolog so gar nicht hier auskannte. Scheiße, scheiße, scheiße.

Mein Herz fing wieder an schneller zu schlagen, als ich bemerkte, dass Luke mich verfolgte. Feuer. Gefährlich. Nicht gut.

Ich bekam plötzlich so etwas wie Angst. Okay, nicht Angst, aber zumindest etwas Ähnliches wie Respekt. Ein neues Gefühl.

Ich hatte noch nie irgendjemandem gegenüber Respekt empfunden. Bei meinen Eltern war das etwas anderes. Keine Ahnung. Ich wusste es nicht.

Oh Mann, der Typ war schnell. Nicht gut, nicht gut, nicht gut.

Ich öffnete einfach irgendeine Tür und schlüpfte in den Raum. Hoffentlich hatte der Typ mich nicht gesehen. Verdammt. Was hatte ich da nur für Scheiße angerichtet?

Dunkel. Meine Augen brauchten eine Weile, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Wo war ich hier?

Langsam bewegte ich mich vorwärts. Irgendwo stieß ich dagegen.

Ich brauchte ein bisschen, bis ich begriffen hatte, dass es die Wand gewesen war. Okay, also nur ein kleiner Abstellraum. Auch gut.

Die Tür wurde aufgerissen. Scheiße.

Luke betrat den Raum und schloss die Tür wieder. Kein gutes Zeichen. Obwohl es immer noch ziemlich dunkel war, sah ich genau, dass Lukes Augen mich unentwegt anfunkelten.

"Warum läufst du weg?", fragte er überraschend ruhig.

"Warum verfolgst du mich?", war meine Gegenfrage und mein Respekt wandelte sich augenblicklich in unglaubliche Wut um. Was wollte der überhaupt? Nur, weil ich so einen blöden Ring trug und meine Kraft stärker war? Okay, das war schon irgendwie seltsam, aber kein Grund, mich gleich für sonst was zu halten!

Luke atmete geräuschvoll aus.

"Woher hast du den Ring?", fragte er, wobei er sichtlich versuchte, weiter ruhig zu bleiben.

"Was geht dich das an?", fragte ich zurück. Jetzt funkelte ich ihn an.

Luke kam einen Schritt näher. Nein, nicht schon wieder! Verfluchter Mistkerl!

"Begreif es endlich! Feuer ist eben stärker!", zischte er.

Ich bekam es nun doch mit der Angst zu tun. Auch wenn ich gestern dagegen halten konnte, war er immer noch Feuer. Und das hieß: stärker.

Dummerweise versperrte er den Weg zur Tür, sodass ich wohl oder übel hierbleiben musste.

Mein Herz begann wieder zu rasen. Scheiße, scheiße, scheiße.

"Warum hältst du mich für einen...Verturer?", fragte ich vorsichtig. Wenn ich hier lebend rauskommen wollte, musste ich eben versuchen, ihn irgendwie abzulenken.

Oder, wie war das nochmal? Ablenkung ist die beste Verteidigung?

"Das hast du doch gehört, oder?"

Stimmte auch wieder.

Luke kam noch einen Schritt näher. Ich biss mir auf die Lippe und presste mich gegen die Wand. Dann merkte ich, wie wieder Wut in mir hochkam.

"Du kennst mich doch gar nicht! Ich werde doch wohl wissen dürfen, was über mich geredet wird!", schrie ich Luke an.

Und das war ein Fehler. Ich hätte ihm gerne noch weitere Dinge an den Kopf geknallt, zum Beispiel, dass er ein verdammtes Arschloch war und mich einfach in Ruhe lassen sollte.

Aber Luke reichte es jetzt.

Der Blitz traf mich am Oberkörper und ließ mich zusammensacken, wie einen schweren Kartoffelsack. Verdammt!

Ich schloss die Augen und versuchte, den Schmerz irgendwie zu unterdrücken. Mein Atem ging flach und ich hatte das Gefühl, mein Herzschlag würde jeden Moment aussetzen. Scheiße.

Ich zitterte. Nein, nein, nein! Verfluchter Mistkerl!

"Mit wem hast du gestern telefoniert?", fragte Luke und seine Stimme zitterte leicht.

Wie bitte? Das ging ihn noch weniger an, als das vorher!

Ich öffnete die Augen und sah ihn entgeistert an.

Er stand inzwischen gerade mal einen halben Meter mit verschränkten Armen vor mir.

Einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, mit dieser Haltung wolle er verhindern, noch einmal die Kontrolle zu verlieren, aber dann verwarf ich den Gedanken wieder.

Er war schließlich Feuer. Und die verloren nie die Kontrolle. Hatte Louis erzählt. War eben so. Sie taten nichts, was sie nicht vorher sich zehnmal durch den Kopf gehen lassen hatten. Ohne Ausnahme.

"Ist das dein Ernst?", presste ich hervor.

"Ja", antwortete Luke knapp und mied es, mich anzusehen. Irgendwie hatte ich wieder das Gefühl, dass er das von eben nicht unbedingt wiederholen wollte. Aber wenn ich nichts riskieren wollte, musste ich jetzt antworten.

"Mit meinem Freund", sagte ich.

"Augenfarbe?"

Oh Gott, ernsthaft? Ach, scheiße. Das mit dem Lebendrauskommen konnte ich jetzt wohl vergessen.

"Grün", knurrte ich und presste die Lippen zusammen.

Lukes Augen verdunkelten sich wieder wie erwartet. Ich schloss meine.

"PIN-Code!", befahl Luke.

Bitte, was? Nein. Also das war jetzt aber eindeutig Privatsphäre.

Außerdem... Ach nein, scheiße, das Handy hatte ja er, erinnerte ich mich. Verfluchter Mistkerl!

*geändert*

Frozen Fire (I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt