Kapitel 26

32 6 0
                                    

Raven und ich machten uns wieder auf den Weg.
Wir hatten Glück gehabt, dass die Besitzer des Hauses nicht aufgekreuzt waren. Ich schob die Haustür ein Stück auf und spähte hindurch. Es war alles ruhig und weder Cops, noch Schaulustige, noch Retandries waren zu sehen. Ich trat aus der Tür und legte seinen Arm um mich, damit ich ihn stützen konnte. Mit einer Hand packte ich ihn an der Hüfte.
Es war komisch, ihm wieder so nah zu sein und ich konnte regelrecht sein Herz schlagen hören. Keine Ahnung, wo wir hin sollten, denn in der fremden Wohnung weiterhin zu bleiben war meiner Meinung nach einfach zu riskant. Ich lief mit Raven die Straßen entlang.
Nach und nach fingen meine Arme und Beine an taub und schwer zu werden. ,,W-warte mal", keuchte ich. ,,Was ist?", fragte Raven beunruhigt und blieb stehen.
,,Ich...fühl mich grad nicht so gut..", nuschelte ich.
,,Wieso? Was hast du, Li?"
Ich berührte meinen Hals. ,,Vielleicht ist es d-deswegen..?"
,,Lass mal sehen." Raven trat zu mir und drehte meinen Kopf vorsichtig ein Stück nach links. Seine kühlen Finger ruhten an meinem Hals, wovon ich Herzklopfen bekam. Er betrachtete die Wunden.
Scheiße, was war denn nur los mit mir?!
,,Krallen?", fragte er, und riss mich somit aus meinen Gedanken.
Ich löste den Blick von ihm, wich schnell zurück und wäre dabei fast gegen eine Hauswand gestoßen. ,,Äh...ja", brachte ich schließlich hervor. ,,Ein Retandrie."
,,Wieso hast du das nicht schon früher gesagt?", fragte er vorwurfsvoll.
,,Wieso, was ist damit?"
,,War's ein weiblicher Retandrie?'', fragte er.
Ich nickte. ,,Kein Wunder, dass du dich komisch fühlst, die weiblichen sind giftig. Es ist ein schwächendes Gift, dass durch Bisse und Kratzer übertragen wird.
Es ist unterschiedlich, wann und wie stark die Wirkung einsetzt."
,,Warum hast du das nicht mal erwähnt?", fragte ich.
,,Woher soll ich denn wissen, dass das passiert?"
,,Und wann ist das wieder weg?", fragte ich erschöpft. ,,Wenn du Glück hast, drei bis vier Stunden. Wenn du Pech hast, ein bis zwei Tage." Ich stöhnte. ,,Auch das noch. Als wäre die Lage nicht schon beschissen genug." Ich streckte mich, um das Taubheitsgefühl loszuwerden.
,,Hast du vielleicht eine Idee, wo wir hin könnten?", fragte ich, worauf Raven nur die Achseln zuckte. ,,Nein, kein Plan. Wir haben keinen Ort." Plötzlich fing sich alles an zu drehen. Ich schloss die Augen um wieder klar im Kopf zu werden, doch es wurde nur noch schlimmer und Übelkeit stieg in mir auf. Ich stützte mich mit einer Hand an der Wand ab und verzog das Gesicht. ,,Hey, Li? Ist bei dir alles in Ordnung?", fragte Raven beunruhigt.
Ich wollte antworten, doch dann kippte meine Welt zur Seite und ich mit ihr.
Mein Körper war wie gelähmt und ich fiel. Es passierte alles wie in Zeitlupe und ich wusste, dass ich gleich auf dem Boden aufschlagen würde. Doch statt des harten, kalten Asphalts, spürte ich ihn. Er fing mich auf und ich landete in seinen Armen. Ich spürte seine Hände in meinem Nacken und am Rücken. Ich sah in seine hellblauen Augen, die Besorgnis ausstrahlten.
Seine Lippen bewegten sich. Er redete mit mir, aber ich verstand kein einziges Wort, von dem was er sagte... Dann konnte ich nichts mehr erkennen, nur noch Dunkelheit, die sich über mich gesenkt hatte. Ich konnte zwar nichts sehen, aber ich wusste eines: Dass er immer noch bei mir war...

Besessen Where stories live. Discover now