27 (Lesenacht: Kapitel 5/5)

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„Ist doch nicht schlimm Lynn. Triff dich in ein paar Tagen mit ihr und erzähl ihr, dass ich mich als riesiges Arschloch entpuppt hätte und du mich rausgeschmissen hast, okay?"

Überrascht sah ich wieder hoch. Das klang gar nicht so schlecht. Ich nickte seufzend.

„Was ist das denn für eine Suppe?", fragte er dann und schmunzelte.

Die hatte ich ja ganz vergessen. Sie durfte nicht kalt werden.

Schnell sprang ich vom Stuhl auf.

„Zwiebelsuppe", gab ich noch von mir und lief aus dem Zimmer um zwei Portionen davon in Schüsseln zu verteilen, ehe ich zurückkehrte.


„Riecht ja super", meinte mein Gast begeistert und setzte sich aufrecht ins Bett.

Ich überreichte ihm eine Schüssel samt Löffel, setzte mich dann auf die andere Seite des Bettes und lehnte mich an das Kopfteil, bevor ich mir die Decke bis zur Hüfte zog.

„Finde ich auch. Guten Appetit."

Langsam begannen wir zu löffeln und ich musste zugeben, dass Sue die Suppe unfassbar gut gelungen war. Auch mein Patient bestätigte mir das.

Wir aßen genüsslich und unterhielten uns dabei ein wenig und schnell spürte ich, wie sich meine innere Unruhe wieder etwas legte und auch die Kopfschmerzen verschwunden waren.

Ich liebte es, im Bett zu essen und dabei einen Film oder eine Serie zu schauen und mich darüber zu unterhalten. Mein Exfreund hasste es, weshalb ich es irgendwann aufgegeben hatte.
Alleine gefiel mir das Essen im Bett nur halb so gut. Daher aß ich in den letzten zweieinhalb Jahren meist am Esstisch.


Als wir fertig waren, nahm ich die Schüsseln mit in die Küche, spülte ab und sorgte für Ordnung im Wohnzimmer.

Mittlerweile war es 19:00, als ich mich zurück auf meinen Schreibtischstuhl fallen ließ. Der Tag hatte mich wirklich geschafft - mal wieder.

„Geht es dir gut?", fragte mich mein Patient besorgt und musterte mein Gesicht.

„Ja, ja alles gut."

„Das wirkt aber leider ganz und gar nicht so. Ist es wegen mir? Du kannst es mir ehrlich sagen."

Ich schluckte, als ich seinen verzweifelten Blick wahrnahm. Seine schönen grün-karamellfarbenen Augen flackerten von meinem rechten zu meinem linken Auge und wieder zurück und er versuchte zu deuten, wie ich mich fühlte.

Natürlich hatte mich die ganze Heimlichtuerei und auch die Arbeit, die ich durch ihn hatte, aufgewühlt, doch viel mehr beschäftigte mich das Gefühlschaos in mir, das immer präsenter wurde.

Also ja, es war wegen ihm. Aber nicht so, wie er dachte.

Seine Nähe, seine Blicke, seine Worte, seine Gesten. Das alles machte mich immer nervöser und bescherte mir ein Ziehen in der Magengegend. Doch ich wollte und konnte das nicht zulassen. Die komplette Situation war einfach ... unpassend, hatte mich verwirrt und mir jegliche klare Gedanken geraubt.

Daher log ich schon wieder. Lügen: Meine neue Paradedisziplin.

„Nein, alles in Ordnung. Keine Sorge. Das Aufräumen war nur ziemlich anstrengend."

Ich konnte ihm wieder mal nicht in die Augen sehen. Stattdessen betrachtete ich meine Fingernägel.

„Na dann solltest du dich wirklich ausruhen. Kommst du wieder her?", fragte er und klopfte auf die andere Seite des Bettes.

Ayayay, ich hatte es befürchtet. Er wollte einfach nur nett sein, hatte aber keine Ahnung, was er mir damit antat. Hatte ich eine Wahl? Sollte ich etwa auf das Sofa gehen oder ihn dorthin zurückschicken?

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now