Musik und ein Leopard - Kapitel 24

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Seit Ylippi die Höhle der Raben verlassen hatten, klopfte er gegen alle Dinge die er fand. Er klopfte gegen Geweihe, gegen Knochen, Holz und Steine. Besonders gern hätte er gegen Tropfsteine geklopft, aber in der Höhle der Wölfe gab es keine Tropfsteine. Das hatte er zumindest geglaubt, nach dem er sich in der Wohnhöhle und im Raum dahinter umgesehen hatte. 

Doch Balu belehrte ihn eines Besseren. Er zeigte ihm den großen Raum, aus dem sie im Winter ihr Wasser holten. Dort gab es sehr viele Tropfsteine und von nun an war Ylippi sehr oft in diesem Raum. Er hatte sich mehrere Klöppel geschnitzt, ganz ähnlich wie die Hölzer die Urpan benutzt hatte. Doch so richtig zufrieden war er nicht. Erst als er einen Lederstreifen um seine Klöppel knotete und damit gegen die Tropfsteine klopfte, klangen die Steine so wie er es sich erhofft hatte. Doch diese Klänge reichten ihm nicht. 

Er suchte nach weiteren Klängen und Tönen. Er war besessen von Geräuschen und blies in jedes Loch. Egal ob alte Schalen von Haselnüssen oder hohle Halme, Grashalme oder ganz dünne, gerollte Birkenrinde, Ylippi versuchte aus allem Töne heraus zu holen. Hin und wieder gelang es ihm auch, wie bei den Haselnuss Schalen, den Grashalmen und mit der Birkenrinde einen Ton zu erzeugen. Diese Töne waren nicht immer schön, aber er freute sich wenn es überhaupt funktionierte. 

Yara beobachtete ihn dabei und holte ihre Flöte heraus. Sie setzte sich ans Feuer und spielte das kleine Lied, das Balu ihr beigebracht hatte. Es war eine vollkommen andere Melodie als Urpan sie auf sein Fell getrommelt hatte. Ylippi war total fasziniert und grinste die ganze Zeit. Auf der Flöte konnte Yara auch sehr viel mehr Töne erzeugen als Urpan auf seinem Fell. Als Balu kurz in das Lied einstimmte und sang, bekam Ylippi eine Gänsehaut auf den Armen. Wie würde das erst klingen, wenn die Beiden dieses Lied in dem Raum mit den Tropfsteinen spielten? 

Noch am gleichen Tag suchte er sich zwei Schwanenflügel aus dem Knochenhaufen. Balu hatte den Vogel erlegt und Weißfuß hatte die Flügel zum Glück verschmäht. Jetzt schnitt er sich die langen, hohlen Knochen heraus und baute sich nach Yaras Vorbild eine eigene Flöte. Er ließ sich von ihr zeigen, wie sie darauf spielte und war von nun an jeden Tag von früh bis spät beschäftigt. 

Er übte bei jeder Gelegenheit und weil er damit den Frauen irgendwann auf die Nerven ging, verzog er sich in den Wald, ein gutes Stück unterhalb der Höhle. Hier setzte er sich auf einen Felsen und übte auf seiner Flöte. Dieser Platz gefiel ihm ungemein. Hier störte er niemanden und er hatte einen hervorragenden Ausblick auf den Fluss, den anderen Inselberg und die Ebene zwischen den beiden Bergen. 

Hier konnte er üben so viel er wollte und in aller Ruhe nachdenken. Irgendwann leistete ihm ein Amselmännchen Gesellschaft. Aus seiner Kehle kamen sehr viel schönere Töne, als aus seiner Flöte. Doch als der Vogel eines Tages ein paar Tonfolgen von Ylippis Spiel in seinen Gesang einbaute, konnte der es kaum glauben und freute sich sehr. Jetzt versuchte er den Gesang des Vogels nach zu spielen. 

Der kleine Wolf lag auf seinen Knien und störte sich nicht an den Tönen. Er konnte dabei sogar schlafen. Aber als Weißfuß kam und nach ihm schaute war er hell wach und hüpfte vor Freude. Er leckte ihr die Zähne und zeigte sich unterwürfig und war sehr erfreut, wenn sie ihm Futter brachte. Dabei fiepte er Weißfuß an, damit sie sein Futter endlich los ließ. Ylippi nahm auch sein hohes Fiepen in sein Spiel auf und hängte sie an die Töne der Amsel hinten dran. Wie wäre es, wenn er zu diesen hohen Tönen die sehr tiefen Töne von Urpans Fell erklingen lassen könnte?

Der Anführer der Raben hatte einen ganz normalen Spannrahmen, aus vier Stangen verwendet. Diese Konstruktion war Ylippi zu sperrig. Er schnitt sich eine lange Haselnussrute und bog sie über dem Feuer rund. Dann spannte er eine kleine, frische Haut in den kreisrunden Rahmen ein, kratzte sie auf beiden Seiten sauber und verfütterte die Fettbrocken an den kleinen Wolf. Mehrere Tage wartete er gespannt auf das Ergebnis. Als er dann endlich mit einer langen, dünnen Rute gegen die trockene Haut schlug, gefiel ihm der Klang ungemein.

Die Höhle der WölfeWhere stories live. Discover now