Brabi - Kapitel 19

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Endlich konnten sie gedämpfte Kinderstimmen hören. Doch es war kein Lachen. Diese Kinder spielten nicht mit einander. Sie saßen abseits der Höhle auf einem großen Stein und waren untröstlich. Ylippi hielt auf die beiden Mädchen zu und gemeinsam legten sie ihre Beute ab, als die sie bemerkten. Er sah, dass sie ihn wieder erkannten, hockte sich zu ihnen und fragte sie, was sie so sehr bedrückte. 

Sie erzählten ihm, dass gestern ihre Schwester gestorben sei. Sie war den Abhang hinunter gestürzt, an dem sie schon eine ganze Weile entlang gingen. Ylippi nahm die Mädchen in den Arm und versuchte sie zu trösten. Sie erzählten ihm, dass die Jäger unten, am Grund des Felsens nach ihr gesucht, aber nichts gefunden hätten. Die Aasfresser hatten ihren Körper bereits verschlungen. Es gab nichts was er ihnen sagen konnte, dieser Schmerz saß zu tief. 

Inzwischen hatten auch ein paar andere Mitglieder der Sippe der Riesenhirsche sie entdeckt. Sie kamen auf sie zu und Ylippi erkannte Yotto wieder. Er war der neue Anführer der Höhle und begrüßte die Reisenden mit kräftigen Schlägen auf die Schulter. Er strahlte Ylippi an und begrüßte ihn überschwänglich. Mit keinem Blick beachtete er die traurigen Mädchen. 

Seine Jäger nahmen die Riesenhirschkuh auf und alle zusammen gingen sie auf den freien Platz vor der Höhle. Es war eine große Felsplatte mit einer sehr unregelmäßigen, natürlichen, aber sehr flachen Treppe. Ganz unten brannte ein kleines Feuer. Dort arbeiteten die Frauen an ihren Fellen. Dort legten die jungen Männer die Riesenhirschkuh ab. Sie setzten sich aber nicht in die Nähe des Feuers zu den Frauen, sondern ein Stück höher. 

Noch weiter oben saßen die besten Jäger und die Männer mit dem größten Einfluss. Ganz oben auf der Treppe nahm Yotto seinen Platz ein. Er saß auf einem Fell mit unter geschlagenen Beinen und wies seinen Gästen einen Platz ein Stück unter ihm zu. Gagun fand das sehr merkwürdig. Warum setzten sie sich nicht alle ans Feuer? Dort war genug Platz für alle.

Sofort fragte Yotto seine Gäste nach ihren Erlebnissen und Ylippi erzählte gern was ihnen widerfahren war.

Weil Gagun das alles schon kannte, machte er sich auf die Suche nach Pebbos Mutter. Er fragte die Frauen nach Pila und sofort zeigten die auf eine in ihrer Mitte. Sie war eher klein und schmächtig und Gagun wäre nie auf die Idee gekommen, dass diese Frau die Mutter des Riesen Pebbo sein könnte. 

Gagun nahm sie zur Seite und erzählte ihr wie es ihrem Sohn in der Höhle der Wölfe ging, wie er dort lebte und dass er zwei Frauen hatte, von denen eine bereits ein Kind erwartete. Pila freute sich sehr. Sie war so froh, dass er jetzt bei Menschen lebte, die ihn liebten. Voller Herzlichkeit drückte sie Gagun an sich und bat ihn ihrem Sohn zu erzählen, dass es ihr gut ging. Der versprach es und wandte sich wieder Ylippi zu.

Der hatte die gesamte Sippe der Riesenhirsche um sich versammelt und er stand auf dieser Felsentreppe wie auf einer Bühne. Alle waren fasziniert von seinen Geschichten, aber als er von Pebbo und den Wölfen erzählte, bemerkte Gagun einen harten und gemeinen Zug in Yottos Gesicht. Schnell schaute er zu Pila hinüber und war sich sicher, dass auch sie diese Regung im Gesicht des Anführers wahr genommen hatte.

Als Ylippi seinen Bogen heraus holte, war Yotto ebenso gespannt wie Ylippis Bogen und wollte wissen was diese Waffe leisten konnte. Ylippi ging mit großer Geste einmal im Kreis und legte dann aus nur drei oder vier Schritten auf die tote Riesenhirschkuh an. Sie lag neben dem Feuer und bewegte sich nicht. Trotzdem hoffte er, dass er sie auch traf. Ein sehr weiter Schuss, war für ihn kein Problem. 

Aber ein Ziel genau zu treffen, das war etwas ganz anderes. Er spannte den Bogen bis zum Kinn, zielte sorgsam und ließ die Sehne los. Mit dem typischen, gemeinen Fauchen flog der Pfeil los und drang neben der Wirbelsäule tief in das Fleisch ein. Yotto musste nicht nachsehen, ob der Pfeil bis in den leeren Bauchraum gedrungen war. Er sah wie tief der Pfeil im Fleisch steckte und war beeindruckt. Als Ylippi ihn heraus zog und noch einmal auf die Sehne legte, war es ganz still. Noch einmal zog der Reisende seinen Bogen aus und richtete den Pfeil schräg in den Himmel. 

Die Höhle der WölfeWhere stories live. Discover now