Jagd - Kapitel 6

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"Wir sollten unbedingt ein paar große Tiere jagen. Ich brauche noch mehr Felle und ich will auch Leder machen. Ich brauche einen neuen Überwurf und vielleicht auch solche Beinlinge wie du sie trägst. Mehr Trockenfleisch brauchen wir auch für den Winter." 

Ihre Begeisterung war ansteckend.

"Ja, ich will auch immer noch ein Boot bauen und den See unten im Berg damit erkunden." 

Das fand sie spannend. "Wie willst du das machen?", fragte sie und schaute ihn mit ihren großen blauen Augen an. Diesem Blick konnte er einfach nicht widerstehen und musste lachen.

"Das ist ganz einfach. Man nimmt einfach eine große Haut, baut darauf ein riesiges Nest aus Gras, Brennnesseln oder Zweige und schlägt dann die Ränder über das Nest nach innen. Wenn man sich Mitten reinsetzt, dann bleibt das Boot an der Wasseroberfläche. Wenn man sich aber nur ein wenig bewegt, dann fällt es auseinander, man geht unter und muss schwimmen. Ich habe das ein paar Mal gemacht und auch schon große Flüsse mit so einem Boot überquert. Einmal bin ich damit sogar über das Meer gefahren. Es ist nicht wirklich schwer, wenn man weiß, wie es geht."

"Meinst du das große salzige Wasser im Westen?"

"Ich weiß nicht genau, ob wir das gleiche Meer meinen, aber das Meer, von dem ich rede, liegt im Süden. An der Stelle, an der ich es überquert habe, musste ich von einer Insel zur anderen. Es waren aber immer nur ein paar Pfeilschüsse bis zum nächsten Ufer. Zur Not hätte ich die Strecke auch schwimmen können."


Fast ganz unten am Berg hatte Balu eine ovale Platte aus Felsgestein gefunden. Mit viel Mühe rollte er sie auf dem neu entstandenen Pfad neben dem Bach nach oben. Als er damit auf der Wiese ankam, begrüßte ihn Freundin. Aber er war aber so sehr außer Atem, dass er es gar nicht richtig würdigen konnte, wie sehr sie ihn inzwischen als Teil ihrer Familie sah. Mit dem Ärmel wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht und rief Yara. Er wollte ihr unbedingt seine neue Tür zeigen.

Sie verstand sofort, wozu er sich die Mühe gemacht hatte. Mit diesem Deckel aus Stein konnten sie ihre Höhle verschließen, wenn sie nicht da waren. Nur gegen Menschen und Bären würde die dicke Steinplatte nicht helfen. Alle anderen Tiere mussten draußen bleiben. In einer letzten Anstrengung rollte er die Tür zum Eingang und legte sie darüber ab. 

Dieser Stein passte perfekt und er freute sich sehr, weil die Anstrengung sich gelohnt hatte. Selbst für Menschen war es jetzt gar nicht so einfach den Eingang zu finden. Ein Bär benutzte natürlich seine Nase, doch bisher hatte er noch keine Spuren von Bären oder Menschen in der Nähe der Höhle gesehen.

"Jetzt können wir unbesorgt auf die Jagd gehen und niemand wird unsere Vorräte plündern", meinte Balu und war mächtig stolz auf seine Leistung. 

Freundin war auch stolz auf ihn und leckte ihm zum ersten Mal die Schneidezähne. Er hatte gesehen, wie Yara ihre Lippe hochzog, wenn die Wölfin das bei ihr machte. Also ließ er es ebenso geschehen und zog die Lippen auseinander. Dieser Kuss einer Wölfin fühlte sich merkwürdig an, aber nicht unangenehm. Sie war zwar stürmisch, aber auch vorsichtig und darauf bedacht ihn nicht zu verletzen.

Balu war gespannt wie es wohl sein würde, zusammen mit Freundin und Yara auf die Jagd zu gehen. Sie hatte ihm von ihrer gemeinsamen Jagd auf das Rentier erzählt und er konnte sich gut vorstellen, wie nützlich Freundin beim Aufspüren der Beute sein konnte. Schon oft hatte er andere Wölfe bei der Jagd beobachtet und ihre Effektivität bewundert. Ein paar Mal hatte er ihnen auch die Beute weggenommen. Aber er war noch nie mit einer Wölfin auf die Jagd gegangen. Allein dieser Gedanke war unglaublich spannend für ihn.

Die Höhle der WölfeWhere stories live. Discover now