Kapitel vier - Typische Konversationen unter Spionen

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Die Zimmertür fiel zu - Kara schloss sie zur Sicherheit noch ab und kontrollierte auch den Rest des Zimmers samt Badezimmer.

Clint seufzte. "Okay, wen hast du angepisst?"

"Wieso sollte ich jemanden angepisst haben?", erwiderte sie defensiv.

"Weil du immer einen auf James Bond tust, wenn du in Schwierigkeiten steckst." Er hatte seinen Kopf schief gelegt, musterte sie. "Also?"

"Ich denke, wir stecken ziemlich in der Scheiße", platzte es aus ihr heraus.

"Wir?"

"Wie viel hast du im Geschichtsunterricht aufgepasst?"

Seinem Gesichtsausdruck zu urteilen fragte er sich, wie viel sie bei seiner Lebensgeschichte aufgepasst hatte. "Ich bin in einem Zirkus aufgewachsen, Kara."

"Stimmt." Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. "Aber du bist mit Nazis vertraut, oder?"

Der Agent rieb sich die Schläfen. "Jetzt sag mir nicht, dass du dich mit Neonazis angelegt hast."

Für einen kurzen Moment überlegte sie. Technisch gesehen galt HYDRA doch noch als Nazis, oder? "Jein."

"Was soll das jetzt schon wieder heißen?"

"Du kennst doch Captain America. Hat er dir jemals die alten Geschichten über den Kampf gegen die Wissenschaftsabteilung der Nazis erzählt?"

"Nein."

"Wofür bist du überhaupt zu gebrauchen?"

Er verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Tut mir leid, dass leider keine Zeit für einen Tratsch gab, als wir Aliens unter einem Portal bekämpft haben." Schon wieder so passiv aggressiv.

"Schon gut. Schon gut." Sie hob beide Hände. "Was ich dir eigentlich erzählen will ist, dass ich mir fast 100 prozentig sicher bin, dass HYDRA SHIELD unterwandert hat."

Einen kurzen Augenblick war er sprachlos - brachte nicht einmal einen sarkastischen Kommentar zustande. "Du willst mich verarschen, oder? HYDRA ist Geschichte."

"Nein, das ist mein völliger Ernst. Und ich weiß, dass sie wissen, dass ich weiß, dass sie da sind. Sie haben versucht mich umzubringen."

"Du willst mir also sagen, dass es nach über siebzig Jahren noch Nazis gibt, diese seit weiß Gott wie lange schon SHIELD infiltriert haben und bisher keiner davon wusste?", fasste er es noch mal zusammen. "Und weil du das herausgefunden hast, jagen sie dich jetzt."

"So ziemlich, ja." Kara zuckte mit den Schultern.

"Okay. Und was willst du dagegen unternehmen?"

Wieder zuckte sie mit den Schultern. Über einen konkreten Plan hatte sie bisher noch keine Zeit zum überlegen gehabt. "Am besten für's erste nicht von jemandem auf einem Dach erschossen werden."

"Toll, und wie kann ich dir dabei helfen?"

"Du bist der Avenger hier. Mach' ein paar Anrufe, informiere deine Superheldenfreunde und entblößt ein paar Nazis. Ich wette, Cap steht da voll drauf."

Von ihm kamen ein paar Geräusche, die sich nicht nach Zustimmung anhörten. "Das könnte sich als schwierig erweisen." Clint tippte auf seinem Handy herum.

"Wieso?"

Wortlos reichte er ihr das Smartphone und zeigte ihr so den neusten Aufruf in Washington DC, der besagte, sowohl Natasha Romanoff, als auch Steve Rogers zu finden, weil sie angeblich etwas mit dem Mord am Director Fury zu tun haben sollten.

"Tja, scheiße."

"Was ist mit dem Serum, das ich mitnehmen soll?", wollte Barton wissen, während Kara in ihrem Rucksack rumwühlte.

"Ich habe es", war ihre Antwort und hob die Phiole hoch, um zu demonstrieren.

Er hatte eine Augenbraue hochgezogen. Von seinem Gesichtsausdruck aus konnte sie seine Gedanken förmlich lesen.

"Nicht gestohlen", stellte sie daraufhin klar. "Ich habe nur vergessen, dass sie noch da war, als meine Wohnung in Flammen aufging."

Sie hörte, wie er genervt seufzte. "Du hast sie gestohlen."

"Nicht absichtlich."

"Gib' her."

Die Spionin warf ihm den Stoff zu.

"Bist du bescheuert?"

"Kommt darauf an, wen du fragst." Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Keine Sorge, das ist nicht CPH4. Du wirst schon nicht zur Lucy, wenn dich das Ding berührt."

"Der Film ist vor drei Wochen ins Kino gekommen. Wie viel Freizeit hast du?"

"Ich lebe in einer Kleinstadt, Clint. Hoffe, das klärt einiges auf."

"Und was ist das dann?" Der Bogenschütze hob den Stoff hoch.

"Irgendein Wissenschaftler hat es entwickelt, um für ein paar Stunden eine Supersoldaten-Experience zu haben. Es hält nicht länger als für vier Stunden", erklärte sie.

"Keine Nebenwirkungen?" Er wirkte überrascht.

"Zu viele, um sie aufzuzählen. Nichts, das einen umbringt, aber sehr unschön." Etwas leiser fügte sie hinzu: "Wie Durchfall oder hohes Risiko auf Unfruchtbarkeit."

Seine Reaktion darauf war, die Phiole weiter von seinem Körper weg zu halten.

"Vielleicht denkt HYDRA, dass das nützlich sein könnte. Ich würde es für's erste niemandem von SHIELD geben."

"Macht Sinn."

"Ich denke, die Phiole ist bei mir sicherer. Gib' wieder her", verlangte sie.

Clint drückte ihr die Phiole wieder in die Hand und sie stopfte sie zurück in eine Seitentasche ihres Rucksacks.

Kara leerte das große Fach ihres Rucksacks, um zu sehen, was sie alles mitgenommen hatte, bevor ihr ganzer Besitz in Flammen aufgegangen war. Ein paar Messer, die sie vor einem Jahr neu gekauft und in den Rucksack für Notfälle gesteckt hatte, mussten aus ihrer Plastikverpackung geholt werden. Küchenmesser waren die besten Waffen, die man ohne großes Aufsehen in Europa kaufen und transportieren konnte. Sie musste sie einfach lieben.

"Wieso müsst ihr Europäer eigentlich immer Messer benutzen?", spottete Clint argwöhnisch, während er ihr dabei zusah, wie sie den angesammelten Plastikmüll in den Müll warf.

"Nicht jedes Land hat lose Waffengesetze wie ihr Amis", schoss sie zurück ohne ihn überhaupt anzusehen. "Wenigstens muss man hier nicht andauernd von Amokläufen in Schulen hören."

"Hey!"

"Du weißt, dass ich recht habe."

Wieder Stille, in der Kara weiter nachdachte. Für den Moment wusste sie nicht, ob Jerry überlebt hatte, aber wenn er es getan hatte, würde er jetzt noch mehr auf sie sauer sein.

"Hast du dir schon einen Plan überlegt?", fragte Barton, um die eiserne Stille zu brechen.

"Bisher? Nicht sterben", war ihre Antwort.

"Ich bin mir nicht sicher, ob das reichen wird", bemängelte er.

"Ja ja."

Kara I | 𝐇𝐚𝐰𝐤𝐞𝐲𝐞Where stories live. Discover now