Ein innerer Kampf brach in mir aus: Angst gegen Neugier.
Nervös knabberte ich auf meiner Unterlippe herum und hoffte, mein Geist würde schnell eine Entscheidung treffen.

Ich musste es einfach tun! Die Neugier hatte gewonnen. Ich wollte die Gesichter zu den Stimmen sehen.
Auch wenn ich unglaubliche Angst hatte und mir mein Herz bis zum Halse schlug, konnte ich nicht anders.

Fest kniff ich meine Augen zusammen und hielt die Luft an. Meine schwitzigen Finger krallten sich an die Hauswand und ich lehnte mich im Zeitlupentempo nach vorne und öffnete meine Augen wieder.

Vorsichtig und ohne zu atmen blickte ich um die Ecke.

Ich erkannte zwei Gestalten - Männer in schwarz.

Einer stand an der Mauer der Hinterseite des Juweliers und hatte die Arme nach oben ausgestreckt.
Der andere ließ sich gerade aus dem kleinen Oberlichtfenster hineinfallen.

Er schien durch ebendies in das Juweliergeschäft eingebrochen zu sein.
Sein äußerst schmaler aber sehr langer Körper passte gerade so hindurch. Der andere Mann hatte eine extrem muskulöse Figur mit breiten Schultern. Beide sahen absolut angsteinflößend aus.

Blitzschnell kam der Dünne wieder auf dem Boden auf.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren begannen die Männer sich zu drehen und schnellen Schrittes vom Gebäude zu entfernen.
Sie steuerten geradewegs auf einen schwarzen Van zu, stiegen ein und fuhren davon.

Leider konnte ich aufgrund der Entfernung kein Kennzeichen erkennen.

Ich war mir sofort sicher: Sie mussten etwas mit dem Raubüberfall zutun gehabt haben und kamen zurück zum Tatort - und zwar gerade in dem Moment, in dem ich ebenfalls dort war.

Doch was suchten sie hier? Hatten sie etwas verloren  oder vergessen, was zu ihnen führen würde und der Polizei bisher nicht aufgefallen war? Die Spuren sollten ja nun längst gesichert worden sein.

Nachdenklich, aber auch erleichtert darüber nicht gesehen worden zu sein, atmete ich laut aus und lief kurz darauf zurück zu meinem Auto.

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„Ich bin dann mal weg", flötete Sue und griff nach ihrer Tasche.

Zwei Schichten.

Nur noch zwei Schichten lang arbeitete ich in diesem Krankenhaus, bevor acht Wochen später mein Medizinstudium beginnen würde.

Obwohl mich mein Blackout im OP kurzzeitig aus der Bahn geworfen hatte war ich mir sicher, dass ich an meinem Vorhaben festhalten wollte.

„Ach, eins noch ...", begann meine Noch-Kollegin grinsend, „ ... Er ... macht sich übrigens sehr gut. Die Schmerzen scheinen erträglich und seine Werte sehen weiterhin stabil aus.
Gegessen hat er heute allerdings noch nichts. Servieren müsstest DU nachher.
Ciaoiii ...!"

Und dann war sie auch schon aus der Tür, ohne mich antworten zu lassen.

Na super! Sie hatte es auf mich abgesehen!
Mit einem prüfenden Blick zur Uhr stellte ich fest, dass es gleich 13:00 war. Normalerweise hätte Sue ihm das Mittagessen bereits um 12:00 bringen müssen.
Sie hatte es absichtlich nicht getan um zu warten bis meine Schicht beginnen würde, um mich dann diese Arbeit erledigen zu lassen.
Anscheinend wollte Sue meine Predigt von vor zwei Tagen wohl einfach nicht wahrhaben und so viel Kontakt wie möglich zwischen ihm und mir erzeugen.

Dieses kleine Biest!

Kopfschüttelnd machte ich mich auf den Weg zur Küche der Klinik und ließ dort ein Tablett füllen.

Da ich mir nicht sicher war, ob er bereits alle Konsistenzen problemlos herunterschlucken konnte, entschied ich mich für etwas Weiches.
Kartoffelbrei, mediterranes Gemüse und ein Stückchen Lachsfilet, sowie Apfelmus zum Nachtisch.

Als ich mit dem Essen in den Händen im Fahrstuhl stand, wurde ich nachdenklich.

Ich hatte ihn eine Zeit lang nicht gesehen und keine Ahnung wie es ihm ging, wie er jetzt aussah und ob er sprechen und etwas essen konnte.
Auch die gestrige Situation beim Juwelier trug sicherlich dazu bei, dass sich meine Knie immer wackeliger anfühlten.

Ein paar Minuten später trat ich nach einem kurzen Klopfen in sein Zimmer. Es schien mir in diesem Moment fast so laut wie das meines Herzens.

Als ich auf sein Bett zusteuerte, trafen unsere Augen sofort aufeinander.
Wieder war ich unglaublich beeindruckt von dem Hellgrün gemischt mit Bernstein.
Seine dunklen Strähnen fielen ihm wellig ins Gesicht.
Oberkörperfrei saß er aufrecht und hörte Musik über Kopfhörer, die er abnahm, als ich an der Bettkante ankam.

Obwohl es schätzungsweise nur vier Meter von der Tür bis zum Bett waren, fühlte ich mich wie nach einem Dauerlauf, als ich dann vor ihm stand.

Wir hatten unseren Augenkontakt nicht abgebrochen. Außer Atem starrte ich ihn an.

Gleichzeitig begannen wir, uns vorsichtig anzulächeln.

Nervös stellte ich das Tablett ab und musste den Augenkontakt unterbrechen.
Dabei beugte mich langsam etwas zu ihm herunter.

Sofort konnte ich seinen atemberaubenden Geruch wahrnehmen und alles zwischen uns fühlte sich wieder so vertraut an.

Aufgeregt nahm ich den Augenkontakt wieder auf.

Gespannt scannte ich sein Gesicht und stellte ihm die alles entscheidende Frage und konnte es kaum abwarten, was als Nächstes passieren würde.

„Hallo, wie geht es dir?"

****

Hey ihr Süßen, das neue Kapitel ist da.

Na was meint ihr, wird der Unbekannte in der Lage sein zu antworten und etwas zu essen?

Mich würde mal interessieren was euer Lieblingsgericht ist und ob ihr kochen könnt.

Ich wünsche euch einen tollen Sonntag

- F. ☺️

Criminal tension - Wie ich einem Straftäter verfielWhere stories live. Discover now