28. Kapitel: Sorgen

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28. Kapitel: Sorgen

„Du hast mich verarscht oder?“, fragte Jenna, als sie Liam im Schulgang erblickte. Chris und Maria hatten beide Kommentare abgelassen, die sie nicht mehr ignorieren konnte und aus diesem Grund hatte sie sich den Abend im Schwimmbad nochmal durch den Kopf gehen lassen. Jetzt da sie eindringlich darüber nachdachte wurde ihr klar, dass Liam nur so getan hatte als würden sie einbrechen. Jenna war so bescheuert gewesen, ihm jedes Wort zu glauben obwohl sie doch wusste, dass Liam dort hin und wieder seine Kurse gab. Wieso war ihr das nicht früher eingefallen?

„Bei was genau?“, meinte Liam mit zusammengekniffenen Augen legte schließlich das letzte Buch, das er nicht brauchen würde, in seinen Spind und schloss anschließend die Tür.

„Schwimmbad? Gestern Abend?“, Jenna sah in Liams unergründlichen, dunkelblauen Augen und hoffte darauf, irgendeine Regung mitzubekommen, doch beinahe im selben Moment wurde ihr klar, dass sie Liam niemals durchschauen würde. Kein Mensch konnte das was er fühlte so gut verbergen wie er. Der einzige Moment in welchem er schwach geworden war der gewesen, als sie ihn vor zwei Tagen betrunken aufgegabelt hatte, doch sie hatte bis jetzt noch nicht mit ihm gesprochen darüber. Jetzt war sowieso ein anderes Thema vorrangig.

„Ach das…“, Liam schien ein Licht aufzugehen, doch anstatt sich dazu zu äußern begann er auf das Klassenzimmer zuzugehen, in welchem sie beide jetzt gemeinsam Englisch haben würden also versuchte Jenna mit ihm Schritt zu halten.

„Also, du hast mich verarscht. Warum?“, fragte sie und obwohl sie eigentlich wütend sein wollte konnte sie es nicht, denn der Abend war einfach zu schön gewesen.

Alle hatten ihren Spaß gehabt, sogar Chris der in den letzten Tagen desöfteren Trübsal geblasen hatte, hatte die Zeit genossen und auch Maria hatte sich mit Eric amüsiert, bei denen die Chemie einfach stimmte. Jenna hatte wie die anderen einfach mal den Alltag hinter sich gelassen und sich gehen lassen und so war sie gestern Nacht vollkommen fertig in ihr Bett gefallen und war sofort eingeschlafen. So gut wie diese Nacht, hatte sie schon lange nicht mehr geschlafen, so viel konnte sie sagen.

„Weils einfach lustiger war!“, erklärte Liam ohne Umschweife und zuckte mit den Schultern. Jenna musste sich eigenstehen, dass sie auch diesen Teil sehr genossen hatte. Zu glauben, sie würde etwas Verbotenes tun hatte Spannung reingebracht und sie hatte sich das erste Mal in ihrem Leben nicht wie eine Musterschülerin gefühlt, die alles tat, wenn sie dadurch gut da stand. Liam kitzelte Dinge aus ihr heraus, von denen sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie da waren und das überraschte sie, denn niemand hatte es bisher geschafft, sie auch nur annähernd aus der Reserve zu locken. Liam tat dies nun schon seit Jahren ohne besonders viel Energie hinein zu investieren.

„Könntest du dir vielleicht vornehmen, die nächsten Male ehrlich zu mir zu sein?“, fragte sie dennoch ein wenig nervös, denn sie näherte sich Liam immer mehr und je mehr sie das tat, desto mehr Angst hatte sie davor zurückgestoßen zu werden. Liam sah sie jetzt hingegen überrascht an.

„Du bist nicht sauer?“, bei diesen Worten blieb er stehen und lehnte sich an die Wand. Er streckte den Arm instinktiv nach ihr aus und zog sie an sich und während er dies tat setzte ihr Herz einen Schlag aus. Er würde sich doch wohl nicht in aller Öffentlichkeit an sie ranschmeißen, oder? Eine Sekunde später merkte sie jedoch, dass sie einigen Schülern im Weg gestanden war und deswegen trat sie von sich aus noch einen weiteren, kleinen Schritt nach vorne. Sie war Liam so nah, dass sie die schwarzen kleinen Sprenkel in seinen Augen sehen konnte. Sie versuchte ruhig weiter zu atmen, während ihr seine übermächtige Präsenz nur allzu klar war. Er blickte auf sie hinab, während ihr all diese Dinge durch den Kopf gingen und beobachtete sie.

„Wie kommts?“, fragte er plötzlich, doch Jenna hatte keine Ahnung was er meinte.

„Hä?“, war das erste, was ihr über die Lippen kam und ihr war im selben Moment klar, dass sie sich soeben wie ein Steinzeitmensch angehört haben musste.

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