Kapitel 23

1.1K 51 2
                                    

Ich setzte mich an dem Abend an meinen alten Platz neben dem Schokoladenfluss. Charlie und Mrs Bucket hatten sich zu mir gesellt und während Charlie uns wiederholt darauf hinwies, dass Willy es sicher gar nicht gutheißen würde, dass wir schon wieder Süßigkeiten in seinen geliebten Fluss tunkten, verdrehten Mrs Bucket und ich nur die Augen und taten es trotzdem.
Als Charlies Vater kurze Zeit später nach ihm rief und er im Haus verschwand, lehnte sich Mrs Bucket ein Stück zurück und stützte sich dabei auf beiden Armen ab.
Wir plauderten ein bisschen über die vergangenen Wochen. Ich erzählte ihr von London, der Stadt und den Menschen dort, von meinen Versuchen eine Arbeit zu finden, die mir gefiel und davon, dass ich es einfach nicht mehr dort ausgehalten hatte.
„Was ist nun mit Steve?", fragte sie schließlich.
„Steve", ich musste lächeln bei seinem Namen. Ich hatte versucht das Thema zu vermeiden, aber schlussendlich war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis mich jemand auf ihn ansprechen würde. „Ich vermisse ihn." Ich schaute zu ihr zur Seite. „Aber ich vermisse die Zeit mit ihm hier. London war sein Traum. Nicht meiner."
Ich dachte wieder an den Moment, als ich Charlies Schokoladenhaus in der Hand hielt und wie ich den letzten Abend vor meiner Abreise hier mit Mrs Bucket am Fluss saß.
„Du hast gewusst, dass es die falschen Entscheidung war."
Sie antwortete nicht, sie lächelte nur.
„Wieso hast du nichts gesagt?", fragte ich.
„Hättest du auf mich gehört, wenn ich es getan hätte?"
„Natürlich hätte ich das!"
Mrs Bucket runzelte die Stirn und schaute mich amüsiert an.
„Okay, nein. Vermutlich nicht."
Ich war schon immer recht stur, was solche Dinge anging.
„Außerdem muss eine schlechte Entscheidung noch lange keine Falsche sein", erklärte sie und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, die sich schon den ganzen Tag als recht widerspenstig erwiesen hatte.
„Manchmal müssen wir auch einfach schlechte Entscheidungen machen um zu erkennen, welche die Richtigen für uns sind."
Während sie vom Boden hochkletterte und den Saum ihres Kleids abklopfte, dachte ich über ihre Worte nach.
„Ich glaube, dich möchte jemand sprechen", sagte sie anschließend noch und deutete, bevor sie verschwand, mit einer Kopfbewegung hinter mich, wo ich nur ein paar Meter entfernt Willy stehen sah.

Ich rutschte zur Seite, damit er sich neben mich setzten konnte, wusste nicht so recht, was ich sagen sollte.
„Ich wollte euch nicht stören", sagte Willy nach einer Weile.
„Hast du nicht", antwortete ich schnell und deutete ein Lächeln an.
Dann herrschte wieder Schweigen.
„Charlie ist sehr froh, dass du wieder hier bist."
Ich schaute ihn von der Seite her an.
„Du hast ihm sehr gefehlt."
Willy schaute vor sich auf den Schokoladenfluss und beobachtete wie ich die kleinen Oompa Loompas, die cremige Schokolade auf ihre Tauglichkeit prüften.
‚Was für eine Arbeit' würde Mrs Bucket jetzt sagen und davon schwärmen, dass sie die ideale Schokoladentesterin wäre.
„Und was ist mit dir?", fragte ich schließlich. „Willst du wirklich, dass ich hierbleibe?"
„Ich wollte nie, dass du gehst", flüsterte er nach einer halben Ewigkeit. „Ich habe noch nie etwas so wenig gewollt."
„Wieso hast du dann gesagt, dass- ?"
Er schaute kurz zu mir und verfiel anschließend zurück in seine Gedankenwelt.
„Ich dachte, so wäre es das Beste."
In seiner Stimme lag so eine schreckliche Traurigkeit, die ich erst gar nicht verstand. Doch dann fiel mir wieder das Gespräch mit Mrs Bucket vor meiner Abreise ein und da wurde es mir klar.
„Sie hat gar nicht von Charlie geredet, sondern von dir."
Erst als ich Willys verwirrten Blick auf mir ruhen sah, fiel mir auf, dass ich meine Gedanken laut ausgesprochen hatte.
In meinem Kopf lösten sich nur mit einem Mal so viele Knoten. So viele Dinge, über die ich mir seit Monaten Gedanken gemacht hatte, ergaben plötzlich einen Sinn.
„Ich – komme gleich wieder."
Ich musste so dringend an die frische Luft, dass ich gar nicht mehr mitbekam ob Willy noch etwas sagte. Ich stürmte den langen Flur zum Ausgang der Fabrik entlang, riss die große schwere Tür nach draußen auf und atmete die kühle Winterluft ein. Tränen liefen mir aus den Augen, auch wenn ich gar nicht verstand weswegen. Vielleicht aus Erleichterung oder sogar aus Furcht? Meine Beine trugen mich einfach weiter, ohne irgendein Ziel, immer weiter in die dunkle Nacht hinein, bis ich nichts mehr sehen konnte und alles vor meinen Augen schwarz wurde.



Eigentlich wollte ich damit ja noch ein bis zwei Tage warten, aber ich bin grade so im Flow... XD
Und weil 2 Kapitel an einem Tag ja noch nicht genug sind, gibt es gleich noch ein weiteres!

My Life With Willy WonkaTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon