Kapitel 27

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„Worüber denkst du nach?"
Mittlerweile kannte ich ihn so gut, dass ich allein an seiner Haltung erkannte, dass irgendeine seiner Erfindungen nicht so funktionieren wollte, wie er es gerne hätte.
Ich dachte die ganze Zeit, er hätte mich gar nicht bemerkt und ich könnte ihm all die Male, an denen er urplötzlich einfach vor mir stand und mich erschreckte, heimzuzahlen.
Aber er blieb ganz gelassen. Zuckte nicht einmal ein kleines bisschen zusammen.
Er wusste, dass ich die letzten fünf Minuten dort an den Türrahmen gelehnt gestanden und ihn beobachtete hatte.
„Es ist beinahe perfekt, aber es fehlt noch etwas und mir will einfach nicht einfallen, was es ist."
Jetzt wandte er sich endlich von seinem Schreibtisch ab und drehte sich zu mir.
„Willst du mir helfen?"
„Eigentlich bin ich hier, um dich zurückzuholen. Lia und Peter haben ein kleines – eine Überraschung für dich."
Wieder musste ich schmunzeln bei der Vorstellung, wie er seinen geliebten Hut für diese wunderbare Farbenexplosion hergeben sollte.
Ich konnte mir seinen Gesichtsausdruck schon richtig vorstellen.
Seine verdutzte, leicht abgeneigte Miene, die er versuchte durch ein Lächeln zu cachieren. Genau wie er es bei seinen Oompa-Loompas immer tat, wenn sie ihm etwas ihrer geliebten Käfermischung zum Essen anboten und um die er sich immer wieder zu drücken versuchte.
Aber wer weiß? Willy überraschte mich in letzter Zeit immer wieder und, auch wenn er es noch nicht ganz zugeben wollte, hatte er Lia und Peter mittlerweile so sehr ins Herz geschlossen, dass er sich über ihre Kreativität wirklich freuen könnte.
„Nur wenn du probierst," holte mich Willy wieder aus meinen Gedanken und holte hinter seinem Rücken eine blaue Schachtel hervor, die er mir mit erhobenem Kinn entgegenreichte.
Sie war gefüllt mit lauter kleinen pralinenartigen Schokokugeln.
Ich wusste, dass er nicht nachgeben würde, dennoch zögerte ich etwas, bevor ich eine der Kugeln in die Hand nahm.
„Und ich explodiere auch nicht, wenn ich sie esse?"
Willy wirkte für eine Sekunde entsetzt, aber es war kein richtiges Entsetzen, sondern vielmehr gespielt.
„Das neulich war ein Unfall! Und ich hatte ihn gewarnt nicht zu viel davon zu essen", verteidigte sich Willy.
Aber ich sah immer noch den kleinen Oompa-Loompa vor meinen Augen, der erst gestern nach einem Fehlgeschlagenen Testversuch in den Krankenflügel eingeliefert wurde.
„Es geht ihm schon wieder viel besser!"
Ich runzelte nur die Stirn und zog beide Augenbrauen nach oben, konnte mir ein weiteres Lachen dabei jedoch nicht verkneifen.

Schließlich entschied ich mich für eine dunkle, fast schwarze Kugel, und schaute ein letztes Mal fragend zu ihm. Er nickte mir aufmunternd zu, also beschloss ich ihm zu vertrauen und probierte.
Und sie war einfach nur wundervoll.
So unglaublich cremig und mit einer Füllung, deren Geschmack ich nicht sofort zuordnen konnte. Sie erinnerte mich an eine Art Buttercreme, aber da war auch ein leichter Vanillegeschmack.
„Willy, die sind einfach fantastisch! Kann ich noch eine haben?"

Ich musste mich ehrlich zusammenreißen nicht gleich die ganze Schachtel leer zu essen.
„Willst du daran wirklich noch etwas verändern? Ich finde sie perfekt so wie sie sind."
Willy zögerte einen Moment und wirkte sogar etwas verlegen bei seiner Antwort.
„Oh nein, ich arbeite an einer neuen Schokoladensorte und es fehlt einfach noch etwas damit sie perfekt wird. Diese hier", er deutete wieder auf die blaue Schachtel und wurde dabei immer leiser „sind nur für dich."
„Was meinst du damit ‚nur für mich'?"
„Ich habe nicht vor, sie zu verkaufen."
Er flüsterte nun beinahe.
„Du meinst – " Ich verstand immer noch nicht ganz.
„Sie sind mein Geschenk an dich."

Was als nächstes geschah, fühlte sich auch lange Zeit danach noch wie ein Traum an.
Ich kann nicht einmal mehr sagen, wie ich es überhaupt anstellte. Für gewöhnlich war das genau der Moment, in dem alles in mir versagte und ich mich auf die ein oder andere Weise doch wieder blamierte. Aber nicht dieses Mal. Nicht bei ihm.
Im Gegenteil, ich fühlte mich zum ersten Mal ganz und gar komplett und ich wusste, dass ich dieses eine Mal die für mich richtige Entscheidung getroffen hatte.
Und das wurde mir alles in diesen wenigen, für manch anderen so unbedeutenden Sekunden klar. In diesen wenigen Sekunden, in denen ich nicht einmal Mut brauchte oder darüber nachdachte ihn zu küssen. Ich tat es einfach und wünschte mir, dass es für immer so sein könnte.
Doch in meinem Leben war nichts für die Ewigkeit. Auch nicht dieser Moment.



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Da wären wir also ... am Ende von Part I meiner ersten Geschichte hier bei Wattpad.
Ich hätte nie gedacht, dass so viele von euch diese Geschichte lesen und mögen, vielen lieben Dank an euch alle!!

Gerade sitze ich noch an einer anderen Geschichte, die ich jedoch nicht hier veröffentlichen werde. Zum Ende des Jahres möchte ich dann aber mit Part II beginnen und  werde euch hier natürlich mitteilen, unter welchem Titel ihr ihn finden werdet :)

Bis dahin, passt auf euch auf <3

My Life With Willy WonkaWhere stories live. Discover now