5. Throw kindness around like confetti

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Emmanuel hatte mir vorgeschlagen den ersten Tag damit zu verbringen, die Umgebung kennenzulernen und mir Zeit zu nehmen, in Ruhe anzukommen. Diesen Vorschlag nahm ich nur allzu gerne an. Daher kletterte ich die schmale Holzleiter hinauf, um mir doch noch meine Unterkunft anzusehen. Die obere Etage war ebenfalls durch ein Schloss gesichert und irgendwie beruhigte mich der Gedanke, die Tür nachts abschließen zu können.

Ich öffnete das Schloss mit dem dazugehörigen Schlüssel, welcher mir von Emmanuel zuvor ausgehändigt worden war und stieß die Tür vorsichtig auf. Das Zimmer war wirklich klein, aber trotzdem perfekt für mich. Links von mir befand sich das gemütlich aussehende Bett. Ohne groß darüber nachzudenken, ließ ich mich sogleich auf die Matratze sinken, um mich genauer umzusehen. Neben dem Bett stand ein runder Nachttisch mit einer batteriebetriebenen Lampe, während an der gegenüberliegenden Wand eine kleine Kommode platziert war. Über der Kommode hing ein Poster, worauf ein Mann dem Sonnenuntergang entgegensurfte, was ich angesichts der Umstände äußerst passend fand.

Das Fenster am Fußende erregte meine Aufmerksamkeit und so krabbelte ich vorsichtig vor die Scheibe, um einen Blick nach draußen zu wagen. Von meinem Standpunkt aus konnte ich geradewegs auf den Ozean sehen und in diesem Moment gab es tatsächlich keinen Ort auf der Welt, an dem ich lieber gewesen wäre.

Einen Augenblick verharrte ich wie versteinert vor der Scheibe und beobachtete das Treiben am Strand. Einige Menschen hatten es sich unter bunten Sonnenschirmen bequem gemacht, während andere bereits im Wasser Abkühlung suchten. Kurz überlegte ich, einfach in den Ozean zu laufen. Allerdings hatte ich keine Badebekleidung eingepackt, weshalb ich dieses Vorhaben erst einmal auf Eis legen musste.

****

Den weiteren Tagesverlauf hatte ich damit verbracht, mir in einem Shop an der Strandpromenade ein paar dem Klima angepasste Kleidungsstücke zu kaufen. In meinem Rucksack befand sich nämlich kaum etwas, was sich für einen Strandurlaub geeignet hätte. Ich hielt die Auswahl aufgrund meiner finanziellen Lage begrenzt, weshalb die Wahl lediglich auf ein paar kurze Hosen, dazu passende Tops und einen Bikini fiel. Ein Paar Flip-Flops packte ich ebenfalls ein, da sich meine Turnschuhe bereits als unpraktisch für die Fortbewegung im Sand erwiesen hatten.

Anschließend nahm ich das Angebot an und nutzte die Sanitäranlagen des Hotels, um mich endlich frisch zu machen. Das warme Wasser fühlte sich wie eine unglaublich wohltuende Massage auf meiner Haut an und als ich danach in die neue Kleidung schlüpfte, fühlte ich mich fast wie neugeboren. Meine Sorgen waren derweil komplett in den Hintergrund gerückt und ich verschwendete keinerlei Gedanken an mein altes Leben.

Gemächlich schlenderte ich irgendwann zurück zum Strand, wo sich die Zahl der Touristen in der Zwischenzeit verdoppelt zu haben schien. Die anderen Strandhütten hatten inzwischen ebenfalls ihre Türen geöffnet und so nutzte ich die Gelegenheit, mich genauer umzusehen. Neben der Surfschule von Emmanuel, gab es eine Cocktailbar, eine Tauchschule, ein gemütliches Bistro und in einer der Hütten konnte man sich für verschiedene Tagesausflüge anmelden. Jedes Mal, wenn mich einer der Besitzer erblickte, winkten sie mir freundlich zu, was ich natürlich erwiderte und mir wieder einmal vor Augen führte, wie anonym das Großstadtleben in New York doch war.

Als ich schließlich wieder an der Surfschule ankam, fand ich die untere Etage verlassen vor. Automatisch drehte ich mich zum Meer und hielt mir eine Hand an die Stirn, um entgegen der blendenden Sonne etwas erkennen zu können. Ich beobachtete einige Menschen im Wasser, aber Emmanuel konnte ich nicht entdecken und so entschloss ich, mich vorerst in meine Etage zurückzuziehen.

Überrascht stellte ich fest, dass mein Gastgeber das Bett für mich frisch bezogen hatte. Auf dem Nachttisch standen außerdem ein gefüllter Obstteller und zwei Wasserflaschen, während die Kommode mit mehreren frischen Handtüchern befüllt worden war. Auf dem Tisch lag zudem noch ein Zettel mit einem Schlüssel.

Wieder einmal völlig überwältigt trat ich an den Tisch heran und nahm die Botschaft an mich, um sie lesen zu können.

Hallo Charlotte,

ich habe dir ein paar Dinge bereitgelegt. Sollte noch etwas fehlen, wende dich jederzeit an mich. Habe dir den Zweitschlüssel hiergelassen, damit du weißt, dass ich nicht (mehr) ungefragt dein Zimmer betreten werde.

Emmanuel

Nachdem ich seine Zeilen mehrfach gelesen hatte, ließ ich mich schließlich glücklich und dankbar auf das Bett sinken. Erst dann bemerkte ich die Müdigkeit, welche sogleich von meinem Körper Besitz ergriff. Ich versuchte gar nicht erst, dagegen anzukämpfen. Immerhin musste ich dringend ein wenig Schlaf nachholen und so beschloss ich, für einen Moment die Augen zu schließen. Ich lauschte den Klängen des Meeres, welche vermischt mit den gedämpften Stimmen der Strandbesucher zu mir heraufdrangen und es dauerte nicht lange, bis ich in einen tiefen Schlaf fiel.

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Als ich erwachte, benötigte ich einen kurzen Augenblick, um mich zu orientieren und kurz befürchtete ich, alles sei nur ein Traum gewesen. Jedoch stellte ich ziemlich schnell fest, dass ich mich tatsächlich in Kolumbien befand, was mich automatisch erleichtert aufatmen ließ. Mittlerweile war es dunkel geworden und nur der schwache Mondschein schien durch das Fenster, was für eine äußerst friedliche Atmosphäre sorgte.

Langsam ließ ich meine Füße auf den Boden gleiten und fragte mich, wie viele Stunden ich wohl geschlafen hatte. Nachdem ich einen Moment unschlüssig auf der Bettkante verweilte, entschloss ich, nach Emmanuel zu sehen. Ich wollte mich unbedingt erneut für seine Gastfreundschaft bedanken.

Vorsichtig schlüpfte ich zur Tür hinaus und kletterte über die Holzleiter zurück ins Erdgeschoss. Erleichtert stellte ich fest, dass in der Surfschule noch Licht brannte. Schon als ich mich dem Eingang näherte, erblickte ich Emmanuel. Er saß auf der Sitzbank hinter dem Verkaufstresen und war damit beschäftigt, einen Stapel Papiere zu sortieren.

„Ähm ... Hi", machte ich mich schließlich bemerkbar, während ich noch immer unsicher im Eingangsbereich verweilte. Ich wollte ihn auf keinen Fall beim Arbeiten stören.

„Hallo Charlotte aus New York", begrüßte er mich lachend und bedeutete mir mit einer Geste, dass ich ruhig eintreten konnte.

„Ich wollte mich nochmal bei dir bedanken", begann ich und musste mich einmal räuspern, bevor ich fortfahren konnte. „Deine Gastfreundschaft weiß ich wirklich zu schätzen. Aber ich will dich auch gar nicht weiter stören ..."

„Du störst mich nicht. Ich war hier sowieso gerade fertig", erwiderte er und öffnete eine Schublade unter dem Tresen, um die Papiere dort verschwinden zu lassen. Anschließend erhob er sich und musterte mich lächelnd: „Ich helfe dir wirklich gerne und du brauchst dich gar nicht immer wieder zu bedanken."

„Okay", antwortete ich wenig geistreich und auf einmal konnte ich seinem Blick nicht mehr standhalten. Seine Präsenz machte mich plötzlich nervös, aber ich versuchte dies mit einem Lachen zu überspielen.

Warum musste er auch so verdammt gut aussehen?

Perfect Getaway.Where stories live. Discover now