Kapitel 24:

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Ich wachte mitten in der Nacht auf. Für einen Augenblick war alles perfekt, um mich herum war es angenehm warm und ein süßer Duft durchströmte mich, und hinterließ das Gefühl von Geborgenheit. Doch als ich meine Augen öffnete, wurde ich von der Erinnerung an die Nacht erschlagen-Nein, es war kein direkter Schlag, die Erinnerungen kamen vielmehr schleichend und durchbohrten mich wie Messerstiche.

Sofort schloss ich meine Augen wieder.
Nein, nein, nein. Das war nicht ernsthaft passiert oder?! Das war nur ein realistischer Traum gewesen. Oder eher Alptraum!
Es gab nur einen Weg das herauszufinden...
Ich schlug erneut meine Augen auf und bewegte langsam meinen Kopf zur Seite. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Bitte nicht, bitte nicht...

Fuck.
Lee lag friedlich schlafend neben mir. Seine Haare waren leicht zerzaust, aber das stand ihm. Natürlich stand es ihm. Warum sollte es ihm auch nicht stehen? Sein Gesicht war einfach unheimlich perfekt.

Ich ertappte mich dabei wie ich meine Hand nach seiner Wange ausstreckte.
Bist du bescheuert?! Schrie mich die Stimme der Vernunft an.
Du hast verdammt noch mal mit ihm rumgemacht. Er hat dich verletzt und er wird es wieder tun! Abi hat dich damals gewarnt, aber du wolltest ja nicht hören...

Ich musste hier weg, Abstand von ihm bekommen. Ich hatte mich schon lange nicht mehr so lebendig gefühlt wie in dieser Nacht...aber das war nun vorbei. Ich musste hier und jetzt einen Schlussstrich ziehen. Sonst würde ich noch mehr verletzt werden.
Warum sollte das zwischen uns auch irgendwas werden? Er hatte eine Freundin.
Ein deutlicheres Zeichen dafür, dass er es nicht Ernst mit mir meinte, gab es ja wohl kaum!

Mit einem Schmerz in der Brust stand ich, wie in Trance auf und schlich aus seinem Zimmer. Ich fühlte mich scheiße, weil ich immer noch bei ihm wohnte. Was mache ich da überhaupt?!

Also tapste ich auf Zehenspitzen durch den Flur, zum anderen Wohnzimmer. Ich warf so schnell ich konnte alle Sachen in meine Tasche und schlich dann ein letztes Mal durch die Flure und die Küche nach draußen. Es war wahrscheinlich etwa 4Uhr.

Als ich die Tür öffnete kam mir ein kalter Luftzug entgegen. Mir lief ein Schauer über den Rücken und ich begann augenblicklich leicht zu zittern. Dennoch verließ ich das Haus und rannte durch die Einfahrt. Ich ließ alles hinter mir, die schönen und schlechten Erinnerungen an die Zeit bei Lee. Aber es war besser so. Es war besser so.

Ich fühlte mich wie in einer Blase. Alles war so...unreal. So als würde ich nicht die Person sein die rennt, sondern sie nur beobachten. Mein Körper bewegte sich, aber ich war mental nicht anwesend.
Mein Kopf steuerte mich weg, und mein Herz blieb zurück. Es fühlte sich so falsch an...

Bei diesem Gedanken quoll eine kleine Träne aus meinem Auge.

Doch ich rannte weiter. Immer wieder erklärte mir mein Kopf, das wäre das einzige logische, das einzige sinnvolle, das einzige richtige, was ich jetzt tun konnte. Und ich glaubte ihm.

Nachdem ich ein ganzes Stück von Lee's Haus entfernt war, blieb ich stehen. Vor mir war eine herabgekommene Bushaltestelle. Besprüht mit Graffiti, einer zersprungenen Plastikscheibe, Löchern in der Decke. Aber es war besser wie nichts. Ich setzte mich auf die dreckige Bank und blickte zu dem Mond der in dem tiefen Schwarz des Himmels hell hervor strahlte.

Plötzlich kam mir ein Gedanke.
Ich sollte Lee Schreiben wo ich bin.
Immerhin hatte er mich bei sich wohnen lassen, also war ich ihm das mindestens schuldig. Ich zog mein Handy aus der Tasche und schrieb los:

Hey Lee,
Das gestern, vergessen wir das, wir waren beide betrunken. Ich werde Scarlett auch nichts erzählen. Versprochen. Trotzdem wäre es besser wenn ich nicht mehr in deiner Nähe bin, deswegen wohne ich ab sofort wo anders. Trotzdem danke für deine Gastfreundschaft und alles.

Das war zwar alles andere als perfekt aber scheiß drauf. Trotzig schickte ich die komische Nachricht ab.

Mein Herz brannte, so als würde es unter Feuer stehen-teuflisches Feuer, das mich von innen heraus auffraß, verzehrte...

Ich musste jetzt irgendwas tun. Mich ablenken. So leid es mir für Jack auch tat, aber ich musste ihn jetzt anrufen. Auch wenn er gerade schlief.
Also wählte ich seine Nummer und wartete. Ich hoffte er würde es hören und aufwachen.
Zu meinem Erstaunen nahm er sofort an.

„Liv?"
„Jack!" schrie ich erfreut.
„Was ist los? Alles gut? Warum bist du um die Uhrzeit noch wach?" überschwemmte er mich mit Fragen.
„Das sollte ich wohl eher dich fragen...Ähm...kannst du mich vielleicht abholen? Ich weiß es ist wirklich spät aber es ist mega kalt und ich sitze alleine an einer Bushaltestelle und..."
„Ja, bin gleich da." unterbrach er mich.
Ich starrte ein wenig verwundert auf mein Handy. Ich hätte nicht erwartet das er so schnell rangeht und zusagt. Immerhin war es mitten in der Nacht.

Ungefähr zwanzig Minuten später saß ich hinter ihm auf seinem Motorrad und schlang meine Arme um seinen Rücken. Der kalte Wind bließ durch meine Haare und ließ sie durch die Luft flattern. Ich schloss meine Augen und genoss die Kälte. Auch wenn es nicht unbedingt angenehm war zu frieren, immerhin fühlte ich irgendetwas und das war besser wie nichts.

Jack hielt vor einem Haus mit mehreren Stockwerken und schloss die Tür auf. Wir liefen leise in den dritten Stock, wo seine Wohnung war. Alles war minimalistisch aber gemütlich eingerichtet. Definitiv nicht vergleichbar mit Lee's Villa.
Als Jack die Tür hinter sich geschlossen hatte, konnten wir endlich reden.

„Danke...äh...warum warst du eigentlich wach?" ich sah ihn unsicher an und schaute dann schnell auf den Boden. Er seufzte.
„Ich war die ganze Nacht wach...konnte nicht schlafen." Er stockte kurz, murmelte dann aber: „Können wir uns hinsetzen?" Sein Finger zeigte auf das Sofa, ich nickte und ließ mich erschöpft auf das graue weiche Kissen fallen.

„Ich war ehrlich gesagt wirklich froh, das du angerufen hast..." Er senkte seinen Blick, sodass ich ihm nicht ansehen konnte, was er dachte.
Ich schaute ihn besorgt an: „Warum?"
„Hmm..." Er zögerte, fuhr dann aber fort
„Ich kann eine Ablenkung grade gut gebrauchen." er strich sich unbeholfen durch seine blonden Haare, die Situation war ihm sichtlich unangenehm.
„Es ist wegen Abi..." in seinen blauen Augen funkelte Schmerz. Geschockt klappte mein Mund auf. Das hätte ich jetzt absolut nicht erwartet...
Ich wollte nichts Falsches sagen
„Ohh...ähm...wie meinst du das jetzt?"
Er nickte verstehend.
„Abi...ich glaube i-ich...ich glaube ich habe Gefühle für sie..." Als er das sagte zitterte seine Hand. Ich kuschelte mich enger an ihn, nahm und drückte sie.

„Ok, das hab ich ehrlich gesagt jetzt absolut nicht erwartet..." gab ich zu und lachte, um ihn ein wenig aufzumuntern.
"Ich weiß...es macht auch absolut keinen Sinn, sie ist ja lesbisch...hmm...Sie hat mich gestern geküsst, weißt du..." murmelte er zögernd und wurde rot. Wieder erstaunt starrte ich ihn an.
„Als du sie gestern nach Hause gebracht hast und sie so betrunken war?" Er nickte. Und ich dachte nach der Zeit bei Lee könne mich nichts mehr überraschen. Ich überlegte.

„Du solltest mit ihr reden...ich weiß das ist schwer, aber wenn du ihr nicht sagst was du fühlst wirst du fürs erste nicht über sie hinwegkommen..." Ich zeichnete Kreise mit meiner Hand auf seinen Rücken, um ihn zu beruhigen. Er war bisher immer für mich da gewesen, jetzt musste ich für ihn da sein.
Er nickte. „Du hast wahrscheinlich recht." Seine Stimme klang belegt und leer. So als hätte er keinerlei Hoffnung, dass das irgendwas bringt.

Plötzlich klingelte es.

Bad Boy. Good lips. Onde as histórias ganham vida. Descobre agora