Kapitel 10:

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Ganze drei Tage schon hatte ich es geschafft Lee aus dem Weg zu gehen. Ja, ok möglicherweise liegt es daran, dass er so gut wie nie in der Schule war, und wenn ich sage so gut wie nie, meine ich genau eine Stunde bisher, in der wir eine Klausur schrieben, danach war er wieder verschwunden. Sollte mir recht sein. Ich fragte mich nur, warum er erstens immer noch nicht von der Schule geflogen war, so oft wie er schwänzte, und zweitens was er in der Zeit trieb? Führte er ein Doppelleben als Teilzeitagent oder was?

Am Donnerstag hatten wir wieder Mathe bei Herr Walsh. Ich war mir sicher dass dieser mich seit der Aktion letze Woche absolut nicht leiden konnte. Ich setzte mich wie das letze Mal an meinen Platz und war von tiefer Überzeugung dass der Platz neben mir leer bleiben würde.

Doch zum Erstaunen der Klasse betrat kurz vor dem Lehrer auch Lee den Raum. Sein Blick fiel sofort auf mich, aber ich konnte ihm von seinen Augen nichts ablesen. Ob er nun sauer und beleidigt war oder es ihn absolut nicht interessierte oder was auch immer - ich wusste es nicht. Er setze sich wortlos neben mich. Auch die ganze Stunde redete er kein Wort. Wer ignoriert nun wen?

Am Ende der Stunde schob er mir dann, ohne mich anzusehen einen Zettel entgegen, stand auf und ging einfach. Ich nahm den Zettel und laß ihn:

Selber Ort, selbe Zeit wie letzte Woche.

Meinte er die Begegnung im Flur? Wahrscheinlich. Oh Gott was wollte er von mir?

***

Wie vor einer Woche, ging ich nach der Hälfte der Biologie Stunde „aufs Klo". Während ich Richtung Toiletten lief, breitete sich ein mulmiges Gefühl in meinem Magen aus. Warum wollte er mit mir reden? Stand ich jetzt in seiner Schuld wegen demletzt und musste ich diese irgendwie begleichen? Tausender Gedanken schwirrten durch meinen Kopf. Doch was ich sah als ich um die Ecke kam, übertraf jegliche meiner Vorstellungen.

Lee war zwar dort, wo er sich mit mir treffen wollte aber nicht alleine, wie ich es ursprünglich erwartet hatte. Dicht um ihn geschlungen stand Scarlett im Flur. Erstarrt sah ich die beiden an. Was wollte er mir jetzt damit sagen? Das er ne Freundin hat? Ach echt, ist mir auf Fred's Party ja noch gar nicht aufgefallen.

Als Lee meine Anwesenheit wahrnahm, hörte er augenblicklich auf und löste sich von Scarlett. „Geh." murmelte er ihr zu und wie es nicht anders zu erwarten war, tat Scarlett was er wollte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Lee wartete ab bis Scarlett's Schritte leiser wurden, dann kam er ein paar Schritte auf mich zu.

Ich stand einfach nur da. Soll ich vielleicht gehen und einfach weglaufen? Oder ihn anmotzen? Wut hatte sich in mir angestaut, also entschied ich mich für letzteres.

„Dein Ernst? Du bist...so ein Arschloch! Was soll das? Dafür hast du mich jetzt herbestellt? Um mir zu zeigen wie ihr rummacht? Nur so, das hab ich schon gesehen auf Freds Party, und nebenbei gesagt ist es mir auch absolut egal was du tust oder nicht tust. Aber warum ziehst du mich da mit rein? Lass mich doch einfach in Ruhe. Such dir jemand anderen den du verarschen kannst!" Ich schrie ihn an und ließ dabei meine ganze Wut, die sich angestaut hatte, in Form von Worten ab.

Was mich noch wütender machte, war die Tatsache, dass er mich einfach nur ansah, mit einem ausdruckslosen Blick. Als ich nach meinem Redeschwall kurz nach Luft schnappen musste ergriff er die Chance: „Das war nicht meine Absicht, eigentlich wollte ich über etwas völlig anderes mit dir reden. Aber Scarlett kam un..."

„Ach halt die Klappe." Unterbrach ich ihn. Ok das reichte jetzt. Ich holte aus und wollte ihm auf seine Backe klatschen. Er hat es so verdient. Dieses miese Arschloch. Doch plötzlich fing er, so als hätte er es erwartet, meine Hand ab, umklammerte blitzschnell das Handgelenk meiner anderen und drückte beide über meinen Kopf.

Mit einem leisen Knall schlug ich hinter mir gegen die Wand. Jetzt stand er nur noch wenige Zentimeter vor mir. Sein süßer Duft stieg mir in die Nase und benebelte meine Sinne. Meine Wut war blitzschnell verflogen. Er sah mich von oben mit seinen smaragdgrünen Augen durchdringend an, so als versuchte er herauszufinden was ich dachte. Will er mir gerade beweisen, dass er stärker ist und ich ihn nicht anzuschreien habe?

Ich spürte mein Herz stark und schnell in meiner Brust schlagen. Mein Kopf konnte nicht mehr klar denken. Was sollte ich tun? Sein Gesicht kam immer näher. Ich stand einfach nur erstarrt da und sah ihn abwartend mit großen Augen an.

Für einen kurzen Moment wanderte sein Blick über meine Lippen. Lang genug das ich es sehen konnte. So als würde er darüber nachdenken sie zu küssen. Tu es einfach ich werde dich bestimmt nicht abhalten. Dann drückte er schlagartig meine Handgelenke noch fester gegen die Wand, jetzt wurde es fast schon schmerzhaft. Aber ich mochte diese Art von Schmerz.

Plötzlich ließ er mich los, wendete seinen Blick von mir ab und ging. Er ging einfach? Ich wurde absolut nicht schlau aus ihm. Im weggehen murmelte er mir ziemlich leise hinterher: „Du hast mich ignoriert, ich wollte nur wissen warum und wie es dir geht. Für Scarletts auftauchen bin ich nicht verantwortlich."

Mist. Hatte ich ihn gerade zu Unrecht verurteilt? Ich war mir relativ sicher, dass ich eh nie wirklich sauer auf ihn war, prinzipiell gab es ja auch keinen Grund dafür. Ich war eher eifersüchtig auf Scarlett und sauer auf ihn, weil er mit ihr zusammen ist.

Vielleicht sollte ich nachher mal bei ihm vorbei fahren und mich entschuldigen. Hätte ich niemals gemacht, wenn er igendein Typ gewesen wäre. Aber er war nicht irgendjemand...und er war mir wichtiger als ich zugeben wollte, also in dem Sinne sollte ich mich definitiv entschuldigen. Ich konnte ihm ja dann gleich noch sein Shirt und die Hose mitbringen.

Also fuhr ich mit dem Bus zu Lee...

Bad Boy. Good lips. Where stories live. Discover now