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„Wo wart ihr?", werden Thea und ich von einem dezent wütenden Nico empfangen. Nico ist einer unserer Bodyguards, wobei man sagen kann, dass er sozusagen der Anleiter all unserer Security-Männer ist.

„Am Strand", antwortet Thea schulterzuckend und holt ihre Tasche aus dem Kofferraum, um sie sich über die Schulter zu werfen.

„Das ist nicht euer ernst?! Wisst ihr eigentlich, was ihr mir für einen Ärger eingebrockt habt? Ich musste euren Vater anlügen! Also ist es zu eurer eigenen Sicherheit, wenn ihr behauptet, dass ihr gemeinsam mit zwei meiner Männer einkaufen wart", dabei mustert der Mann vor uns Thea und mich eindringlich.

Ich hole meine Tasche ebenfalls aus dem Auto und schaue Nico dankbar an: „Tut uns leid. Wir haben etwas Abstand von allem gebraucht. Natürlich werden wir dich decken. Wobei du ja schon uns gedeckt hast", lächele ich ihn an. Nico hat uns heute nicht das erste Mal aus der Scheiße gezogen und dafür werden meine Schwestern und ich ihm ewig dankbar sein.

„Macht das ihr reinkommt. Diesen Monat reicht es mir damit, andauernd für euch zu lügen. Irgendwann geht das schief."

Eine eindeutige Anspielung darauf, dass Thea und Annalise sich zu oft raus schleichen. Erst letzte Woche wurden die beiden von einem neuen Bodyguard erwischt und hätten ohne die Hilfe von Nico garantiert mehr als nur Hausarrest kassiert.
Wir können froh sein, dass der enge Vertraute meines Vaters uns gewisse Privilegien einräumt. Meine Schwestern und ich kennen ihn schon von klein an und sehen ihn als Onkel, zwar ist er kein blutsverwandter, aber trotzdem gehört Nico irgendwie zur Familie.

„Der war ja sauer", grinst Thea mich nur an, als wir die große Eingangstüre unseres Anwesens öffnen.

Augenverdrehend nicke ich: „Kein Wunder, so oft wie Annalise und du gegen die Regeln verstoßt."

Die Blondine lacht nur und folgt mir die breite Treppe hinauf.
Als ich tiefe Stimmen von unten höre, eindeutig mein Vater und Quentin, beschleunige ich meine Schritte. Ich habe keine Lust auf eine Konfrontation.
Thea folgt mir schweigend und kurz darauf betreten wir gemeinsam ihr geräumiges Zimmer.

„Das sollten wir öfter machen!" Mit diesen Worten lässt sich meine Schwester auf ihr breites Bett fallen und starrt die Decke an.

„Ja", stimme ich ihr zu und setze mich neben sie auf ihr Boxspringbett.

Plötzlich geht die Tür auf und Annalise steckt ihren braunen Haarschopf durch den Spalt: „Lillian? Dad möchte dich sehen." Mitleidig schaut meine jüngere Schwester mich an: „Er wirkte nicht gerade glücklich."

Seufzend stehe ich auf.
„Ich hole meine Tasche nachher", verabschiede ich mich von Thea, die mir nachdenklich hinterher schaut. Dann schlüpfe ich durch die Tür, schenke Annalise ein aufmunterndes Lächeln und laufe unsere Marmortreppen herunter.

„Lillian! Schön, dass du es auch mal geschafft hast", werde ich mürrisch in Empfang genommen, als ich die Tür des Arbeitszimmers hinter mir schließe. Mein Vater sitzt wie immer in dem gemütlichen Ledersessel hinter seinem Schreibtisch und vor ihm liegen ein haufen Papiere. Der Papierkram war das Einzige, dass ich nicht gemocht hatte, in meinem Aufgabenbereich als rechte Hand meines Erzeugers.

„Wir haben einiges zu besprechen, nachdem du gestern einfach so abgehauen bist!"

„Unser Gespräch gestern war beendet", antworte ich kurz angebunden. Ich habe keine Lust auf ein Gespräch.

„Setz dich!", befiehlt er mir herrisch.

Gerade so, kann ich es mir verkneifen die Augen zu verdrehen und lasse mich auf den, mit Samt überzogenen Stuhl, nieder.

„In zwei Tagen hast du einen Termin im Brautmodengeschäft. Ich erwarte, dass du dir ein schönes und klassisches Kleid aussuchst. Wehe, du siehst aus wie eine Nutte", droht er mir, „Kriegst du das hin?"

„Ja", meine ich nur. Seit wann ist mein Vater so ein Arsch? Wo ist der stolze, liebende Vater von letzter Woche? Ich wüsste gerne, was mein geliebter Bruder mit ihm gemacht hat.

„Gut. Nächste Woche kommt die Partyplanerin und das Testessen für das Buffet ist am Freitag. Was ich von dir erwarte ist hoffentlich klar?"

„Ich tippe mal auf Klappe halten und das gehorsame Frauchen spielen", kann ich mir die ironische Antwort nicht verkneifen.

„Du wirst es nicht nur spielen, Lillian! Du bist von nun an die Frau eines zukünftigen Clanführers, da hast du zu gehorchen. Zu seiner und auch zu deiner eigenen Sicherheit", erwidert mein Vater mit erhobener Stimme, „Bring keine Schande über mich!"

Irgendetwas stimmt hier ganz gewaltig nicht. Noch nie - und ich meine wirklich noch nie - hat mein Vater so herablassend mit mir gesprochen. Er war immer stolz darauf, dass ich in seine Fußstapfen trete und das Thema Heirat wurde nie angesprochen. Kaum ist Quentin hier, behandelt er mich wie eine ungeliebte Tochter und möchte mich schnellstmöglich loswerden? Was ist hier los!?

„Dein Verlobter wird erst kurz vor der Hochzeit eintreffen. Er hat noch einige Angelegenheiten zu regeln."

„Dad, warum das ganze so plötzlich? Was hat Quentin getan?", wage ich einen zaghaften Vorstoß, um zu erfahren, was ich eigentlich verpasst hatte. Ich schaue meinem Vater standhaft in die Augen und versuche in den Seinen zu lesen.

Doch nichts. Er bleibt unberührt.

„Geh jetzt. Heute stehen keine wichtigen Termine an", weicht er mir aus und wendet sich dann wieder seinen Papieren zu, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen.

Wow. Danke für nichts.

Ruckartig stehe ich auf, woraufhin die Stuhlbeine laut über den Boden schaben und verlasse das abgedunkelte Zimmer. Ich lerne gerade meinen Vater zu hassen.

Draußen im Flur habe ich dann auch noch das große Pech auf Quentin zu treffen, der mir entgegen kommt.

„Lilli", betont er meinen Namen herausfordernd, „Warum so wütend? Das steht deinem hübschen Gesicht nicht. Hat Daddy etwas gesagt, was dir nicht passt?", gibt er gespielt mitleidig von sich.

Schnaubend schiebe ich mich an ihm vorbei und remple ihn dabei unsanft mit meiner Schulter an. Vollarsch.

„Ich habe einen Entschluss gefasst", platze ich kurz darauf in das Zimmer von Thea.

„Echt?"

„Ich werde gehen."

„Was hat Dad gemacht?", fragt die Blondhaarige mich geschockt.

„Unwichtig. Ich halte es hier keine Sekunde länger aus."

„Dann holen wir gleich mal Moira und Annalise um alles zu besprechen."

Hoffentlich begehe ich gerade keinen Fehler.
Aber bei der Vorstellung, wie mein zukünftiges Leben aussehen könnte, schüttelt es mich. Ich muss hier weg!
Zumindest vorerst.

Forced Love | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt