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„Ist das Fynn?!", spreche ich meinen Gedanken jetzt auch laut aus und schaue meine Schwestern fragend an, während ich in die Richtung zeige in der ich glaube ihn gesehen zu haben.

„Das musst doch du wissen. Er war schließlich mit dir befreundet, nicht mit uns", antwortet Annalise und zuckt ratlos mit den Schultern, „außerdem habe ich keine Ahnung wie er heute aussieht. Wann haben wir ihn das letzte Mal gesehen? Vor zehn Jahren bei eurem Schulabschluss? Das ist schon eine Weile her."

Zustimmend nicken die anderen, aber mustern den jungen Mann dennoch genauestens.

Vom Gesicht her erinnert der Mann mich sehr an meinen Kindheitsfreund: kantige Gesichtszüge und schwarze Haare, mehr erkenne ich auf diese Entfernung nicht. Oh bitte, lass es nicht Fynn sein! Das mit uns hatte auf dem Internat nicht gut geendet und ich habe nicht damit gerechnet ihn in meinem Leben noch einmal zu treffen.

„Ach, hier bist du Lillian."

Aus dem Nichts steht plötzlich mein Vater in seinem, extra für ihn geschneiderten, Anzug neben mir.

„Komm, ich stell dich den restlichen Männern vor", er packt meinen Ellenbogen und zieht mich, wie schon den ganzen Abend, hinter sich her. Innerlich stöhnend folge ich ihm und hake meinen Arm elegant in seinen ein, damit es nicht ganz so bekloppt aussieht, wie er mich hinter sich herschleift.

Bei einer Gruppe junger Männer bleibt er stehen. Den Fynn-Verschnitt sehe ich nicht, vielleicht hatte ich mir die Ähnlichkeit auch nur eingebildet.

„Guten Abend die Herren. Das ist meine Tochter Lillian. Es freut mich das Sie alle gekommen sind."

Da das von mir erwartet wurde, schaue ich lächelnd in die Runde und warte ab, ob jemand das Wort ergreift.

„Hi, ich bin James", stellt sich schließlich ein Dunkelhaariger mit ebenso dunklen Augen vor.

Nachdem sich alle der Reihe nach vorgestellt hatten wusste ich jetzt, dass sie James, Ethan, Maurice und Jasper heißen. Die vier kommen aus Kanada und sind dort eher mittelständige Mitglieder der Mafia. Aber sie scheinen alle sehr nett zu sein.

„Dürfen wir uns dazu gesellen?", ertönt hinter mir eine tiefe Stimme die mich erschaudern lässt.

Ich drehe mich um und starre in ein Paar brauner Augen, das mir bekannt vorkommt. Vor mir steht ein Muskelberg mit kurz geschorenem blonden Haar, er ist so groß, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen muss um ihm in die Augen zu schauen.

„Ich bin Alexej", kommt es von dem Mann vor mir. Scheiße. Nein, nein, nein, das kann doch nicht sein. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich nach so vielen Jahren, ausgerechnet bei meiner ausstehenden Hochzeit auf alte Internatsbekannte treffe? Das darf doch nicht wahr sein.

„Hallo", erwidere ich und nehme zögernd seine dargebotene Hand an, worauf er sogleich einen Handkuss haucht.

Nachdem Alexej einen Schritt zur Seite geht kann ich nun auch einen Blick auf den Fynn-Verschnitt werfen.

Und spätestens jetzt bin ich mir zu hundert Prozent sicher, dass dieser Mann Fynn ist. Er ist groß, muskulös, hat ein kantiges Gesicht, dazu eine gerade Nase und immer noch die gleichen stechend blauen Augen wie früher, nur dass sie jetzt kalt wirken. Sein rabenschwarzes Haar ist nach oben gestylt und er trägt einen schwarzen Anzug - von Armani würde ich raten. Er ist immer noch genauso heiß wie auf dem Internat.

„Freut mich", gibt er von sich, tritt auf mich zu und haucht mir ebenfalls einen Kuss auf den Handrücken, woraufhin mir meine Gesichtszüge kurz entgleiten. Wie kann er es wagen?! Und noch viel wichtiger: Wie kann er es überhaupt wagen hier aufzutauchen?!

Dennoch erwidere ich schnell: „Die Freude ist ganz meinerseits", und zwinge mir ein Lächeln ins Gesicht. Schließlich weiß weder mein Vater, dass wir uns kennen, noch wissen es die Männer aus Kanada. Somit heißt es: So tun als würde man sich nicht kennen und sich gerade das erste Mal begegnen. Yey!

Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Alexej sich ein Grinsen verkneift, als er jedoch bemerkt, dass mein Vater ihn mustert, setzt er schnell wieder einen neutralen Gesichtsausdruck auf.

„Lillian", werde ich von dem Braunhaarigen - James war sein Name - angesprochen, „Wie kommt es, dass eine so reizende junge Frau wie Sie, bisher noch keinen Ehemann hat und erst jetzt auf der Suche ist?"

Da ist aber jemand neugierig.

„Nun ja", beginne ich, „Ich denke der Richtige war einfach noch nicht dabei", nachdem ich geendet habe lächele ich ihn keck an und nippe unschuldig an meinem Sektglas. Ich hätte ja schlecht sagen können mein Vater und mein hinterhältiger Bruder zwingen mich in eine Ehe.

So richtig entspannen kann ich mich in dieser Gesprächsrunde nicht, ich bin mir der Anwesenheit von Fynn und Alexej nur zu deutlich bewusst. Die beiden stehen neben meinem Vater und lauschen den Gesprächen in der Runde scheinbar aufmerksam. Ihre Blicke schweifen jedoch nicht nur einmal über mich, was mich unsagbar nervös macht.

„Lillian", werde ich auf einmal von Jasper angesprochen, „Können wir uns unter vier Augen unterhalten?" Dabei mustern mich seine grünen Augen freundlich.

Ich zögere. Bin mir der Blicke der anderen nur zu bewusst.
„Aber natürlich, Jasper", antworte ich nach einer kurzen Stille lächelnd, dann komme ich wenigstens von hier weg.

Der Braunhaarige kommt auf mich zu und hält mir seinen Arm hin, ich hacke mich bei ihm ein und wir machen uns auf den Weg. Die Blicke der anderen folgen uns.

„Wollen wir auf den Balkon?", richtete ich meine Frage an ihn.

„Wie du - ich darf dich doch duzen?- wünschst."

Würde mich sehr über Feedback freuen. Wenn euch mein Buch gefällt, lasst doch gerne ein Vote da!

Forced Love | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt