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„So, du willst also nicht reden? ... Nein? ... Gulio, bring ihn zum reden!", die bedrohliche Stimme meines Vaters und das schmerzhafte Keuchen eines anderen Mannes, dringen sofort zu mir als ich den Keller unserer Villa betrete. Kurz darauf hört man das dumpfe Geräusch eines Schlages und erneut ein schmerzhaftes Keuchen.

Ich laufe den schmalen Gang entlang und biege schließlich um die Ecke. Jetzt kann ich das grausame Schauspiel mit eigenen Augen verfolgen.

Ein Mann - einer der chinesischen Organisation - sitzt gefesselt auf einem Stuhl, während unser Foltermeister Gulio, mein Vater und einige unserer Männer vor ihm aufragen. Der Kellerraum wirkt klein, aufgrund der vielen großgewachsenen Männern. Von dem kleinen Fenster an der rechten Wandseite dringt ein kleiner Lichtstrahl herein, der die spärliche Glühbirne unterstützt, wenigstens etwas Licht in den Raum zu bringen. Ansonsten gibt es hier nicht viel zu sehen. Der Raum dient einzig und allein dem Verhören und Foltern unserer Feinde, dazu braucht man keine großartige Einrichtung.

„Nun sprich schon! Hat Lin dieser Drecksack den Bullen verraten wo und wann meine Lieferung am Hafen eintrifft?!"

Mein Vater ist sauer, richtig sauer. Er ragt bedrohlich über dem hageren, an den Stuhl gefesselten, Mann auf, wobei ihm einige seiner inzwischen grauen Haarsträhnen ins Gesicht fallen.

Trotz seines Alters hat mein Vater immer noch eine beeindruckende Statur, die er auch an meinen jüngeren Bruder Quentin vererbt hat. Meine Schwestern und ich kommen da eher nach unserer, leider verstorbenen, Mutter: wir sind schlank gebaut, mittelgroß und haben bis auf Annalise - die Jüngste von uns vier Schwestern - alle blondes Haar. Mit meinen 27 Jahren bin ich die Älteste, mir Folgen der Reihe nach Quentin, Moira, Thea und schließlich Annalise. Charakterlich kann man uns fünf kaum vergleichen. Während Quentin unüberlegt und aufbrausend ist, ist Thea zuvorkommend und entspannt. Moira ist ruhig und überlegt, im Gegensatz dazu ist Annalise selbstbewusst und aufmüpfig.

„I - Ich weiß es n- nicht", stammelte der mältrierte Gefolgsmann von Lin Wang - dem größten Feind meines Vaters und unseren Verbündeten - niedergeschlagen und schaut ängstlich in die Runde.

„Ja, genau ... und ich bin der Kaiser von China", wirft Mike, einer unserer Soldaten, spöttisch ein und spuckt dem bisher Namenslosen vor die Füße.

„Gulio!"

Und schon tritt der berühmt berüchtigte Foltermeister unserer Organisation direkt an den Gefangenen heran und holt aus zum Schlag - selbstverständlich hat er einen goldenen Schlagring an seinen Fingern.

Das ist wohl mein Moment mich einzumischen: „Dad, ich habe da ein paar Informationen, die könnten euch interessieren."

Sofort lässt Gulio seine Faust sinken und schaut wie alle anderen Anwesenden zu mir.

Da ich immer noch im Türrahmen stehe, stoße ich mich ab und trete ein paar Schritte in den Raum.

„Das auf dem Stuhl ist Tian Zhang. Er ist 38 Jahre alt, 1.73m groß und lebt gemeinsam mit seiner Familie in Chicago. Er hat eine 7-jährige Tochter und einen 3-jährigen Sohn", beginne ich, „Entgegen eurer Erwartungen hat er keine direkte Verbindung zu Lin. Ja, er gehört seiner Organisation an -das ist richtig- aber er ist nur ein kleiner Wicht. Er ist Lin nichts wert und ist garantiert nicht in die wichtigen Geschäfte eingeweiht. Ihr könnt natürlich weiter auf ihn einprügeln, aber das wird nichts bringen. Er weiß nichts.", beende ich meinen Vortrag schulterzuckend.

„Warum war er dann am Hafen?", fragt Mike mich kritisch, verschränkt seine Arme vor seiner muskulösen Brust und zieht dabei eine seiner blonden Augenbrauen nach oben.

„Die Überwachungskameras zeigen, dass alles bloß ein doofer Zufall war. Er war dort um beim Zoll nachzufragen ob sein Packet aus China - und nein, keine Drogen oder so, sondern ein Spielzeug für seinen Sohn - schon angekommen ist. Jedenfalls fertigte ihn der Zoll schnell ab und als er gerade auf dem Weg zu seinem Auto war habt ihr ihn erwischt und hergebracht."

Forced Love | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt