Kapitel 8

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Mit gefleschte Zähnen und tief angelegten Ohren sprang der Hengst gegen die Gitterstäbe.
Geena nahm ihre Hand von dem Griff, mit denn sie eigentlich die Boxentür hatte öffnen wollen.
Marko hatte schnell ein gelbes Halfter vom Markt ein paar Straßen weiter besorgt.
Es sah einfach unglaublich scheußlich aus.
Aber laut Marko sei das neon-gelbe Halfter mit den pinken Glitzer-Pfoten Abdrücken das Günstigste gewesen, was Geena gut nachvollziehen konnte.
Es passte so gar nicht zu dem starken großen Lipizzaner.
Zweifeln betrachtete Marko das Pferd.
„Die Weise ist zwar ziemlich nah und wir könnten ihn in zehn Minuten zu Fuß hin ringen, aber die Chancen, dass er uns lebend lässt, sind ziemlich gering. Ich muss ihn sedieren und einen Transporter holen.”
Geena beliebte es gar nicht, Tiere zu betäuben, um sie gefügig zu machen.
Aber anders würden sie den Hengst nicht mitbekommen.
Marko besorgte einen Transporter und eine merkwürdige Paste.
Geena hatte keine Ahnung wo er den Pferdeanhänger so schnell herbekommen hatte.
Das Betäubungsmittel stammte aus seinem Tierarztinventar, das er im Auto mit sich herumfuhr.
Normale Pferde, an die man ohne Gefahr rantreten konnte, waren leicht zu betäuben.
Die Paste mit dem leichten Betäubungsmittel wurde ihnen in das Maul gedrückt und nach dreißig bis sechzig Minuten trat die Wirkung ein.
Aber wie sollten sie an den wild um sich beißenden Hengst herankommen?
Und vorallem...
Wie sollten sie die Paste in sein Maul bekommen?
Auch Marko schien ratlos zu sein.
Es gab zwar viele andere Möglichkeiten, die dem Pferd allerdings schaden würden und es vor allem direkt in die Narkose legen würden
Es musste anders gehen.
Geena überlegte.
Sie hatte eine Idee, die aber etwas gefährlich war.
Sie teilte ihre Idee Marko mit.
Der nickte zögernd.
„Ja, das könnte klappen. Dann brauchen wir ihn auch nicht betäuben.”
Er fuhr mit dem Transporter rückwärts an die Box heran.
Die Boxentür ging nach innen auf, sodass das Pferd zuerst zurückweichen musste.
Geena ließ die Anhängerklappe herunter und atmete tief durch.
Sie hoffte, dass ihr Plan funktionieren würde.
Marko kam zu ihr.
Er nickte ihr ernst zu.
Mit zitternden Fingern öffnete Geena die Box einen Spalt breit.
Wild schnaubend und prustend ragte der Hengst vor ihr auf.
Er würde die Tür gegen die Brust bekommen, wenn er dort stehen blieb.
„Los, mach jetzt!”, rief Marko ihr zu.
Sie kniff die Augen zu, stieß die Boxentür mit beiden Händen auf und sprang in letzter Sekunde zur Seite, bevor der Lipizzaner mit einem Satz durch die Tür sprang und im Anhänger landete.
Er schien darüber so verwundert zu sein, dass er einen Moment inne hielt.
Schnell stämmten Geena und Marko mit vereinten Kräften die Laderampe hoch und der Hengst war gefangen.
Gerade wollte Geena ihre Hand zum High-Five mit Marko heben, als aus dem Inneren des Pferdeanhängers wütendes Wiehern und Trampeln kam.
„NEIN, LASS DAS!”, rief Marko, denn schon begann die Klappe zu wackeln.
Das Pferd schlug aus.
„ER ZERSTÖRT DEN TRANSPORTER!”, schrie Marko entsetzt.
Er hatte ihn doch nur geliehen!
Doch es war schon zu spät.
Die Riegel gaben splitternd nach und die Klappe krachte zu Boden.
Geena und Marko brachten sich schnell in Sicherheit, doch der Hengst war frei.
Er sprang rückwärts, versetzte dem Anhänger mit den Vorderhufen einen letzten Tritt und preschts dann im Renngalopp davon.
Geena stand mit offenem Mund da.
Das konnte doch nicht war sein!
Das Pferd war ihnen schon wieder entkommen!
Marko allerdings fackelte nicht lange, kuppelte den Transporter ab und rief nach Geena.
Auch sie sprang zu ihm in den Wagen und schon brauste Marko los.
Das Pferd war gerade noch in Sicht.
Marko holte es zwar schnell ein, aber der Hengst schlug mehrere Haken und das Auto entfernte sich wieder.
Geena hatte ohnehin keinen blassen Schimmer, wie Marko den Lipizzaner denn bitte so schnell einfangen wollte.
Als sich der Weg gabelte und das Pferd unüberlegt einen schmalen Pfad einschlug, erklärte Marko ihr hastig seinen Plan.
„Du nimmst dieses Lasso hier und wirfst es in Cowboymanier über den Hals des Pferdes. Und dann lässt du mich machen!”
Geena war sehr irritiert.
Sie war definitiv nicht gut im Werfen und Treffen.
Sie übernahm das Lasso von Marko und stellte mit einem Blick fest, dass es im Auto angeknotet war.
Sie durchschaute sofort seinen Plan, war dennoch überzeugt, dass sie nicht treffen würde.
Trotzdem kurbelte sie das Fenster herunter und schwang das Lasso in der Luft.
Sie kannte diese Aktivität bisher nur aus Filmen.
Schließlich warf sie das Lasso mit Schwung los und ließ das Seil durch ihre Hände gleiten.
Es wurde heißt.
Das Lasso wirbelte durch die Luft und traf das Pferd.
Allerdings an der Kruppe.
Es schlug aus und traf beinahe mit den Hufen Markos Wagen.
„Hol das Seil ein, schnell!”, rief Marko.
Er bemühte sich den Wagen gerade hinter dem Pferd zu halten.
Das Pferd konnte nicht nach links oder rechts ausbrechen.
Überall standen hohe Bäume, dicht an dicht.
Geena holte so schnell sie konnte das Lasso ein, schwang es erneut und warf.
Wie in Zeitlupe flog es.
Geena kniff die Augen zu.
Wenn sie nicht treffen würde, würde das Pferd ihnen erneut entkommen, denn in ein paar hundert Metern gabelte sich der Weg erneut und führte auf ein weites Feld.
Auch der Weg für die Autos war dort vorbei.
Geena wurde fest in ihren Gurt gedrückt, als Marko plötzlich hart auf die Bremse trat.
Sie öffnete erschrocken die Augen und sah den Hengst trampelnd am Boden liegen.
Sie hatte zwar nicht den Hals getroffen, sondern eins der weit ausschreitenden Vorderbeine, allerdings hatte sie dadurch trotzdem das Pferd gefangen.
Sie hoffte inständig, dass es sich kein Gelenk ausgekugelt oder gar etwas gebrochen hatte.
Marko sprang aus dem Auto, die Paste mit dem Betäubungsmittel in der Hand.
Er packte das Lasso und zog daran, da der Lipizzaner sich wieder versuchte aufzurichten.
Geena konnte gar nicht hinsehen.
Sie verabscheute die harte Variante, mit Pferden umzugehen.
Der Hengst wandt sich auf dem Boden hin und her und biss nach Marko, der es immer wieder daran hinderte sich aufzurichten.
Die Tube mit der Paste hielt er in der Hand bereit.
Geena konnte sich nicht vorstellen, dass Marko die Paste irgendwie in des Hengstes Maul drücken konnte.
Außerdem hatte sie keine Ahnung, wie viel Paste man geben durfte.
Plötzlich gab Marko einen kurzen Schrei von sich, zog am Lasso und sprang zum am Boden liegenden Kopf des Lipizzaners.
Alles ging so schnell, dass Geena und der Hengst erschrocken inne hielten.
Diesen Moment nutzte Marko und drückte die Paste in den Mundwinkel des Pferdes.
Es sperrte das Maul auf und leckte irritiert mit der Zunge.
Scheinbar reichte diese Dosis schon, denn Marko sprang wieder ein paar Schritte zurück.
Sogleich fing der Hengst wieder an zu zappeln und auszutesten, doch Marko hatte einen zufriedenen Ausdruck im Gesicht.
„So, jetzt warten wir eine dreiviertel Stunde und dann können wir ihn mitnehmen.”

Marvelous Future - Ich passe auf dich aufWhere stories live. Discover now