Kapitel 7

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„Okay, also, du spielst bitte die sehr verletzliche Tochter. Wenn jemand uns ausreden will, das Pferd mitzunehmen, füllst du deine Augen mit Tränen. Schließlich freust du sich ja angeblich schon so sehr auf das Pferd, es soll ja dir gehören. Susan hat es ja nach deinen eigensinnigen Aktionen für dich gekauft und es ist abgehauen nach dem Kauf, wie du gesagt hast.”
Geena hörte Marko aufmerksam zu.
Sie saß neben ihm im Auto.
„Aber eins muss dir klar sein”, sagte Marko streng.
„Ich bin Tierarzt und wenn ich sehe, dass das Tier nicht mehr zu retten ist, erlöse ich es!”
Geena schluckte.
Das war ihr klar.
Und leider standen die Chancen des Hengstes nicht gut.
„Also, wir müssen zu diesem Pferd durchkommen, denn wenn die Möglichkeit besteht, dass es noch zu retten ist, können wir es wieder hinbekommen. Die Tierschützer hier in der Stadt sind leider nicht die Nettesten und auch nicht die, die gerne Tiere aufpeppen, wenn sie schon mager sind.”
Geena war sehr froh, dass Marko die Nachrichten nicht angeschaut hatte.
Sonst wäre er sicherlich nicht mit ihr zu den Tierschützern gefahren.
Allerhöchstens um das Pferd zu erlösen.
Es grenzt wirklich an ein Wunder, dass der Hengst noch lebte.

Wenig später parkte Marko den Wagen vor einem zwei stöckigen Gebäude aus hellen Ziegelsteinen.
Über dem Eingang hing ein großes Schild mit mehreren Tier-Silhouetten und dem Namen der Tierschützer.
Geena war unglaublich gespannt wo sie die Pferde hielten.
War vielleicht hinten das Tierheim?
Oder war der Tierschutz und das Tierheim in einem?
Marko drückte auf die Klingel.
Im Inneren des Gebäudes erklang eine Melodie und kurze Zeit später wurde die Tür mechanisch geöffnet.
Geena wurde es mulmig zu Mute.
Die Möglichkeit bestand, dass sie gleich sah, wie Marko das Pferd tötete.
Er nannte es natürlich erlösen.
Aber im Grunde war es für Geena das Selbe.
Marko sprach mit der Dame hinter einer großen Theke, scheinbar der Empfang.
Geena drückte fest die Daumen.
Sie wollte den Lipizzaner unbedingt retten!
Sie hatte sich einfach in dieses Pferd verliebt, obwohl es ihr und allen anderen gegenüber völlig aggressiv war.
„Der Zutritt ist Ihnen gewährt. Sie können unseren Nachforschungen zufolge keinerlei Papiere zu dem Pferd besitzen. Aber den Kaufvertrag, den hätten wir schon gerne gesehen”, sagte die Frau hinter der Theke mit heller Stimme.
Geena hielt die Luft an.
Kaufvertrag?
Das Pferd gehörte ihnen doch eigentlich gar nicht.
Aber scheinbar vermisste es auch keiner.
„Es war ein Kauf per Handschlag. Ich habe dem Besitzer ein paar Scheinchen überreicht und dann war die Sache geregelt.”
Marko log das Blaue vom Himmel herunter.
Geena war sich sicher, dass er nicht gut dastehen würde, wenn seine falschen Behauptungen ans Licht kämen.
„Das ist verständlich. Sicherlich wollte der Besitzer das Tier schnell loswerden.”
Die Dame nickte verständnisvoll.
Marko unterschrieb etliche Formulare und dann durften sie tatsächlich zu dem Pferd.
Die Gänge waren gut ausgeschildert und so war es zum Glück ein Leichtes, das Abteil für die Huftiere zu erreichen.
Geena hatte sich einen geräumigen überdachten hellen Stall vorgestellt.
Was sie erblickte verschlug ihr allerdings den Atem.
Die Tür, die Marko zu dem Abteil mühevoll aufstieß, war braun und faulig-nass.
Hinter der Tür breitete sich eine trostlosen Boxenreihe aus Metall aus.
Sie waren spärlich mit durchsichtigen Plastikdächern überdacht.
Der Regen konnte ohne Müh und Not in die mit Matten ausgelegten Boxen eindringen.
Selbst Marko schien schockiert zu sein.
Musste sich ein Tierschutz nicht an die Vorschriften halten?
Geena entdeckte viele Rappen und Braune, die traurig die Köpfe hängen ließen.
Die Sonne versteckte sich hinter einer grauen Wolke und ließ das Ganze noch trostloser erscheinen
Marko und Geena mussten nicht lange nach dem Pferd suchen.
Sie hörte es schon vom Weiten.
Hufe schlugen gegen Metall und wütende Brummen und Wiehern erklang.
Der Hengst stand weit hinten, allerdings nicht ganz am Ende.
Es waren viele Boxen zwischen den Pferden frei.
Geena warf einen Blick in eine der Boxen.
Ein kleiner Fuchs lag müde auf den Matten und ließ die Ohren hängen.
Er hatte ein winziges Netz mit grauem staubigen Heu.
Geena schüttelte sich.
Wie könnte man nur so Pferde halten?
Marko hatte bereits die Box erreicht und betrachtete das kämpfende Tier mit kritischem Blick.
„Und?”, fragte sie ihn mit leise Stimme.
Marko atmete laut und verzweifelt aus.
In Geenas Bauch bildete sich ein Knoten.
Ihr wurde schlecht.
„Nein”, flüsterte sie und in ihre Augen stiegen Tränen.
„Ich bin mal realistisch. Ich glaube, du bist alt genug.”
Geena wollte es nicht wahrhaben.
„Hey, nein!”
Marko legte ihr eine Hand auf die Schulter.
„Ich bin mal realistisch, dass es eine große Aufgabe für dich wird und du alt genug bist, um ihn aufzupeppeln und zu pflegen.”
Er grinste sie an.
„Er könnte es schaffen.”

Marvelous Future - Ich passe auf dich aufWhere stories live. Discover now