Kapitel 35

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Langsam gingen wir zum Zimmer zurück. Phoebe hielt meine Hand, trotzdem zitterte ich. Ich hatte schon den Notarzt gerufen und er sollte jeden Moment hier sein. Vor unserem Zimmer hatte sich eine kleine Masse von Leuten gebildet, doch keiner traute sich das Zimmer zu betreten. Ich liess Phoebe's Hand los, wodurch mir ganz plötzlich kalt wurde und ich noch stärker zitterte. Ich drängelte an den Leuten vorbei und ging zu Drake. Er atmete schwach und sein Blick war nicht mehr ganz so starr wie vorher. Ich konnte ihn nicht ansehen, es tat weh. Ich nahm ihm den Schwangerschaftstest vorsichtig aus der Hand wobei ich ihn kurz berührte. Meine Haut kribbelte und ich hatte das Gefühl der Schmerz könnte mich jeden Moment zerreissen. Ich versteckte den Test in meiner Jackentasche, als er plötzlich ein Geräusch von sich gab. Es klang wie ein stöhnen. Ich sah auf seine blutende Hand. Wahrscheinlich hatte er schmerzen. Sein Mund öffnete sich leicht und seine Augen streiften mich, er konnte mich jedoch nicht fixieren. Er versuchte es immer wieder, jedoch vergeblich. Das wahren wohl die Drogen. Ich weinte stumm und bemerkte garnicht dass die Leute vor dem Zimmer uns beobachteten. Mein Blick schweifte zu ihnen, alle sahen uns wortlos an. Manche machten sogar Fotos.
Alles feige Leute.
Mit dem Notarzt brach auch die Stille, die Leute fingen an zu reden. Sie wollten wissen was los ist. Warum es passiert ist. Manche spekulierten darüber und erzählten den andern was sie dachten mit einer art Stolz. Ich drehte mich weg. Ich wäre am liebsten ganz weg gerannt, doch ich konnte nicht da sie die Tür und somit den Weg versperrten. Ein Mann kam auf mich zu und befragte mich. Wer Drake ist. Was passiert war. Wer ich bin. Was ich denke warum es passiert ist. Ich konnte mich nicht zurückhalten und fing wieder an zu heulen. Laut, ganz laut. Es wurde alles laut. Ich schrie und verlor wieder die Kontrolle über mich. Ich hatte wieder einen Anfall. Ich konnte nicht mehr sprechen, nur noch schreien. Ich hoffte nur das der Mann ein Arzt war und merkte dass ich einen Anfall hatte.
Dann plötzlich, wurde alles schwarz.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Ich musste ein paar mal blinzeln um mich an das grelle Licht zu gewöhnen. Als ich sie ganz offen hatte sah ich erst nur eine weisse Wand und eine sehr grelle Lampe. Mein Hals schmerzte und mein Kopf dröhnte. Ich versuchte vorsichtig meinen Kopf zu heben. Ich war eindeutig in einem Krankenhaus. Ich hatte zum Glück keine Schläuche an mir dran. Ich lag in einem schmalen Bett, neben mir gab es einen Tisch und gegenüber war ein Schrank und daneben eine Tür die wahrscheinlich aufs Klo führte. Ich wollte mich eigentlich wieder hinlegen, als die Tür aufging. Ich war ziemlich froh als ich sah dass es Phoebe und Finn waren. Sie lächelten mich vorsichtig an. "Heyy." Krächzte ich und schenkte ihnen ein Lächeln. "Hey Süsse!" Phoebe drückte mir einen Kuss auf die Wange. "Na wie gehts dir?" Fragte Finn und stellte einen wunderschönen Blumenstrauss in die Vase auf meinem Nachttisch. "Besser. Danke, die sind wunderschön!" Sie setzten sich auf Stühle neben meinem Bett. "Deine Hand!" Meinte Phoebe und sah mich erschrocken an. Sie zitterte richtig stark. "Diese Schweine haben doch nicht etwa..?" Meinte sie und sah echt wütend aus. Ich hob die Decke und zog mir meine Pijamahose hoch. "Diese verdammten..!" Meinte ich nur. Blau, na toll. Meine Beine waren Blau und steinhart. Ich drückte auf den Rufknopf und legte mich seufzend zurück. Kurz darauf kam eine Krankenschwester, noch bevor ich etwas sagen konnte fing Phoebe an ihr eine Standpauke zu halten. "Meine Freundin hier hatte einen Anfall. Darum ist sie hier! UND JETZT GUCKEN SIE SICH IHRE VERDAMMTEN BEINE AN!" Sie schlug die Decke auf und zeigte auf meine blau angelaufenen Beine. "Das passiert JEDESMAL! JEDESMAL! Das schwör ich ihnen! Können sie sich ENDLICH mal aufschreiben dass sie ALLERGISCH AUF DIESES MEDIKAMENT IST das sie ihr jedes mal geben?!!?" Genervt liess sie sich auf ihren Stuhl plumpsen. Die Ärztin stand mit offenem Mund da und nickte. "O..okay." Sieh warf nochmal einen Blick auf meine Beine, "ich sags dem Arzt." Dann verliess sie Fluchtartig das Zimmer. Finn und Ich fingen an zu lachen, "du hast sie völlig erschreckt!" Meinte ich. Phoebe sah uns beschämt an, "ich habs für dich getan. Ist doch so, das passiert jedesmal!" Ich schenkte ihr ein Lächeln. "Ich weiss, das schätze ich ja auch sehr." Phoebe wollte etwas erwidern, doch im selben Moment kam der Arzt herein.
Er sah sich meine Beine an und gab mir dann eine Spritze die dagegen helfen sollte. "Sie sind doch die Freundin von Drake Johnson, oder?" Ich nickte. "Sie wollen sicher wissen wie es ihm geht?" Ich nickte nochmals, einfach eifriger. "Also er hatte eine 'kleine' Überdosis Kokain, dazu kamen noch der Alkohol und das Nikotin. Er hat es überlebt, wir mussten ihm jedoch den Magen auspumpen und ihm ein Gegengift spritzen. Eigentlich sollte er sich schnell davon erholen können. Seine Hand musste genäht werden. Wenn sie ihn sehen wollen können sie das tun. Er hatte eben noch geschlafen, ich denke das er jedoch bald aufwachen wird. Er liegt in Zimmer 108, auf ihrem Stock." Dann lächelte er freundlich und verschwand, kam jedoch Sekunden später wieder zurück. "Ich hatte ganz vergessen dass sie ja momentan nicht gehen können." Er deutete auf meine Beine. "Entweder sie warten bis die Schwellung nachgelassen hat, oder ich gebe ihnen einen Rollstuhl." Ich wollte eigentlich sagen dass ich warten würde, doch Phoebe sprach wieder mal für mich: "her mit dem Rollstuhl!" Sagte sie bestimmt und ich lachte kopfschüttelnd.
Ich sass im Rollstuhl und Phoebe schob mich im Gang zu Drakes Zimmer. 104..105..106..107...108. "stopp." Phoebe drehte mich zur Tür und Finn ging hin um sie zu öffnen. "Bereit?" Fragte er mich und nickte, obwohl alles in mir drin laut 'Nein' schrie. Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe als die Räder in das Zimmer rollten. Vorsichtig warf ich einen Blick auf Drake. Er war ganz blass und seine Haare standen ihm wild vom Kopf ab. Seine Augen waren blutunterlaufen und es hingen einige Schläuche an ihm. Mein Puls verdoppelte sich und ich krallte mich im Leder des Rollstuhls fest. "Carry?" Gab er schwach von sich und sah mich an. Phoebe rollte mich noch näher zu ihm. Drake hob seine Hand und berührte sanft meine Wange. Ich zuckte bei seiner Berührung zurück und starrte auf den Boden. "Es tut mir so leid." Hauchte er und ich musste mich zurück halten nicht wieder zu weinen. "Was hast du dir dabei gedacht?" Ich sah ihn wieder an und sein Anblick zerriss mich innerlich fast. "Wolltest du dich umbringen? Ist es so schlimm? Wolltest du mich wirklich alleine lassen?" Ich wurde lauter und fing wieder an zu zittern. Er sah mich geschockt an. "Sicher nicht! Ich würde dich nie im Stich lassen! Ich wusste nicht wie ich damit umgehen sollte. Ich habe mir dabei nichts gedacht, ich bin einfach ein Idiot." Plötzlich kullerte ihm eine einzelne Träne runter. Und es fühlte sich so an als würde mein Herz in tausend Stücke zerspringen. Ich hatte das Bedürfnis ihn zu umarmen, ihn zu Küssen. Doch ich konnte nicht.
Er griff nach meiner Hand, aber ich zog sie weg. "Ich kann das nicht." Flüsterte ich und ich konnte mir ein paar Tränchen nicht zurückhalten. "Warum bist du im Rollstuhl?" Fragte er besorgt und kratzte sich an der Brust. Da fiel mir die grosse Naht auf. "Nur vorübergehend. Ich hatte einen Anfall und sie haben mir ein Medikament gegeben auf das ich allergisch bin." Ich wischte mir die Tränen weg und atmete einmal tief ein und aus. "Alles wegen mir!" Er sah wütend zur Decke und auf seiner Stirn bildeten sich falten.
Die andern waren bis jetzt still. Ich drehte mich zu Phoebe, "ich will wieder gehen." Sie nickte nur. "Vielleicht komm ich später nochmal." Ich streifte kurz seine Hand und ging. Finn blieb noch, was ich gut fand.
Zurück im Zimmer legte ich mich erschöpft in mein Bett. Langsam spürte ich meine Beine wieder und sie begannen schon weh zu tun. Ich schloss meine Augen und drückte Phoebes Hand. Dann schlief ich ein.

New Brother | New LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt