Lügen, haufenweise Lügen

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[Flashback Ende]

Nachdem ich mich bettfertig machte, saß ich noch eine Weile nachdenklich im Bett. War das nur ein Zufall, dass Marks Beschreibung von diesem komischen Passanten genau zu Chris passte? Als mein Cousin wenige Minuten nach mir in die Wohnung kam und ich ihn in seinem dunklen Hoodie und dem Cappy sah, kam mir sofort dieser Gedanke auf. Egal wie sehr ich versuchte, meinem Cousin zu glauben, dass er tatsächlich Joggen war, kamen immer wieder diese Zweifel auf, bis ich mich schlussendlich überzeugt hatte, dass mich Chris wirklich verfolge.
Als ich mit Mark entlang des Han spazieren ging, hörte ich doch Schritte und nun diese Beschreibung von Mark, die nur zu gut zu meinem Cousin passte. Ich war mir sicher, Chris spionierte mich aus.

Diese Vermutung bestätigte sich auch schon am nächsten Tag. Nach dem Frühstück ging ich erst einmal ins Bad und nahm mir eine gemütliche, erfrischende Dusche. Ich kam frisch und munter aus dem Badezimmer und wollte gerade in mein Zimmer gehen, als ich bemerkte, dass die Tür einen kleinen Spalt offen war. Ja klar, mag wohl nichts Besonderes gewesen sein, aber es war komisch. Für normalerweise machte ich immer die Türen zu. Hatte ich es vielleicht dieses Mal nur vergessen?
Ich ließ meinen Blick kurz durch die Wohnung schweifen, doch Chris war nicht zu sehen. Plötzlich ertönte ein Geräusch. Vor Schreck hielt ich meine Luft an, um keinen einzigen Mucks von mir zu geben.

Irgendjemand war in meinem Zimmer und dieser jemand konnte niemand anderer als mein Cousin, Chris, sein. Vorsichtig öffnete ich den Türspalt noch ein wenig und konzentrierte mich auf die Geräusche, die aus meinem Zimmer kamen.

Eine Schublade nach der Anderen wurde aufgemacht und kurz darauf wieder zugemacht. Plötzlich ging Chris in Richtung Fenster und suchte in meinem Bücherregal nach irgendetwas. Er stand nun direkt in der Richtung, von der ich ihn beobachten konnte.
Mein Herz pochte wie wild. Was machte mein Cousin nur in meinem Zimmer? Nach was suchte er?

Auf diese Fragen bekam ich kurz darauf auch schon eine Antwort.
Mit meinem Notizbuch in der Hand, ließ er sich auf mein Bett fallen. Er öffnete es und blätterte bis zu meinem  letzten Eintrag, dann nahm er sein Handy und tippte irgendetwas. Es sah so aus, als würde er eine Nachricht schreiben. Ehe ich mich versah, klappte Chris auch schon mein Notizbuch zu und legte es wieder zurück, doch genau in diesem Moment, als er sich umdrehte, um zu gehen, trafen sich unsere Blicke. Chris riss sofort geschockt seine Augen auf und selbst ich sah ihn baff an. „S…seit wann stehst du schon hier?“, fragte er mich nervös. Eigentlich wollte ich ihn fragen, weshalb er mein Notizbuch suchte und woher er eigentlich wusste, dass ich sowas besaß. Aber ich hatte ein ungutes Gefühl dabei. Wusste er etwa, dass ich meine Erinnerungen dort hinein schrieb? Aber machte das Sinn? Chris glaubte mir doch gar nicht, dass ich meine Erinnerungen zurückbekam.
Eine Notlüge musste her. „Bin gerade erst aus dem Bad gekommen…w…was genau machst du in meinem Zimmer?“, fragte ich ihn und versuchte so normal wie möglich zu wirken. Ich durfte mir nichts anmerken lassen. Er kratzte sich lächelnd am Nacken. „Wollte nur mal bei dir Lüften…und das Bett machen. Ich habe dir ja versprochen, dass ich die Wohnung sauber halte, solange ich bei dir wohne.“ Ich nickte lächelnd. „Ach so. Das ist Lieb von dir Chris, aber mein Zimmer brauchst du wirklich nicht machen.“, meinte ich zu ihm, doch im Hintergedanken, wusste ich genau, dass das eine reine Lüge war. Von wegen Zimmer sauber machen. Eine bessere Lüge hätte er sich nicht einfallen lassen können? Glaubte er etwa, dass ich wirklich so dumm war?

Er ging an mir vorbei und sagte mit einem nervösen Unterton: „Ich muss noch kurz etwas erledigen, komme dann zum Mittagessen wieder.“ Ich sah ihn überrascht an. „O…okay…“
Keine zwei Minuten später war er auch schon aus der Wohnung verschwunden.

POV Chris

Meine Güte, das hätte wirklich schief gehen können. Ich hatte schon Zweifel, dass mir Lin diese Notlüge nicht abkaufen würde. Aber so wie es aussah, war dieses Mädchen doch nicht so klug, wie ich gedacht hätte. Wie naiv sie nur war und mir immer und immer wieder alles glaubte, egal was ich ihr sagte. So hatte ich ja nur ein leichtes Spiel mit ihr.

Ich ging in Windeseile aus der Wohnung und mein Weg führte nirgendwo anders hin, als zum JYP Gebäude. Mein Vater sagte, dass ich mir etwas einfallen lassen sollte, sodass sich Lin nicht an ihren Unfall erinnern sollte. Zumindest nicht an die Wahrheit, was damals tatsächlich passiert war.

Ich ging also zum JYP Gebäude und ich wusste nicht ob ich von Glück sprechen konnte, denn kurz nachdem ich dieses große Gebäude betrat und erst die Haupteingangstür hinter mir zumachte, kam mir auch schon diese eine Person vorbei. Diese Person war ein wichtiger Bestandteil meines Plans.

„Mark Tuan?“, fragte ich ihn und setzte ein höfliches Lächeln auf. Überrascht wandte er sich zu mir. „Ja, der bin ich.“, antwortete er mir verblüfft. Ich lächelte ihn an. „Kennen wir uns?“, fragte er kurz darauf. Ich nickte. „Ja, aber es ist schon lange her.“, antwortete ich ihm. Er hob seine Augenbrauen hoch. Es sah wohl so aus, dass er sich nicht an mich erinnern konnte. „Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“ Ich nickte erneut. „Ja, hast du für einen kurzen Moment Zeit?“ Er sah auf die Uhr und seufzte. „Aber nur fünf Minuten. Ich treffe mich nachher noch mit jemanden.“ Er führte mich zu einem Aufenthaltsraum, welches wie ein Café aussah. Es war direkt im Erdgeschoss des JYP Gebäudes. Er bot mir einen Sessel an und setzte sich dann mir gegenüber. „Okay, um was geht’s?“, fragte er mich sofort, nachdem wir beide Platz nahmen. „Erkennst du mich nicht?“, fragte ich ihn neugierig. Mark musterte mich von oben bis unten, doch er schüttelte seinen Kopf. „Tut mir Leid, aber ich kenne dich wirklich nicht.“ Ich lachte. „Sagt dir der Name Chris noch etwas?“, fragte ich ihn und so wie geahnt, riss er sofort seine Augen auf, als er meine Frage hörte. „Chris?“, fragte er überrascht und konnte seinen Mund schon gar nicht mehr vor Schreck zu machen. Ich nickte. „Ja Mark. Ich bin’s Chris, Lin’s Cousin.“

Den Schreck konnte man ihm buchstäblich von Gesicht ablesen. Er hatte wohl nicht mit mir gerechnet. Sein Blick sagte aber schon alles, er wusste nun genau wer ich war.

„W…was machst du hier?“, fragte er mich schockiert. „Ich wollte nur ein paar Worte mit dir wechseln.“, antwortete ich gelassen zurück. „Ein paar Worte wechseln? Über was? Doch nicht etwa…“, er verstummte. „Es geht um Lin.“ Ich lehnte mich etwas nach vor und stützte mein Ellenbogen auf dem Tisch ab. Mark sah mich nervös an. Er wusste wohl genau, weshalb ich da war. „Du weißt, warum wir Lin von dir ferngehalten haben.“, sagte ich und hielt kurz inne. „Sie hat mir von dir erzählt und ich weiß auch, dass ihr beide…“, ich wurde leiser und wartete gespannt auf Marks Reaktion. „Du weißt von uns?“ Ich nickte. „Meine kleine Kusine hat dir sicher schon erzählt, dass sie nach dem Unfall ihre Erinnerungen verloren hatte, nicht wahr?“ Mark nickte schweigend. „Hör zu Mark.“, erneut machte ich eine kleine Pause. „Ich habe nichts gegen eure Beziehung, aber du solltest wissen, dass es nicht lange dauern würde, bis Lin dich nach dem Unfall fragt. Sie ist gerade dabei ihre Erinnerungen zurückzubekommen und da wir alle versucht hatten, Lin von dir fernzuhalten, habe ich ihr auch nicht erzählt, dass du eigentlich…“ Ich wurde still. Mark konnte sich schon denken, was ich damit meinte. „Entweder sagst du ihr, dass du an ihrem Unfall schuld warst und ihr somit ihr sensibles Herz brechen würdest, oder die einfache Lösung wäre, wenn du sie von nun an in Ruhe lässt. Dich fernhältst.“
Seine Augen weiteten sich und er starrte mich äußerst schockiert an. „Du willst, dass ich mich von ihr trenne? Jetzt wo ich sie wieder habe?“, fragte er mich. „Oder du erzählst ihr die Wahrheit, dass du schuld warst. Aber das würde Lin niemals verkraften. Nicht sie. Weißt du wie viel sie durchmachen musste, wegen dir? Wie verzweifelt sie war, sich an ihre Kindheit zurückzuerinnern? Welche Schmerzen sie hatte. Hast du jemals ihre tiefen Narben gesehen? Ihr ganzer Körper ist davon übersät.“ Je mehr ich redete, desto mehr vertiefte ich mich in meine Rolle als Lins Beschützer. Wenn Mark nur wüsste, dass alles gespielt war.

Ich sah diesem Jungen an, dass er keinen klaren Kopf mehr hatte. Er war verwirrt, schockiert und traurig zugleich. „Aber…ich kann nicht…ich kann sie nicht wieder gehen lassen. Ich habe sie doch erst wieder zurück!“, sagte er traurig. Ich seufzte und stand auf. Langsam schob ich den Stuhl bis hin zur Tischkante und stützte mich dann darauf ab. „Das ist deine Entscheidung. Entweder erzählst du es ihr und brichst ihr somit das Herz, oder du hältst dich von ihr fern, was für uns alle am besten ist.“ Ich klopfte ihm auf die Schulter und verließ dann mit einem Lächeln das JYP Gebäude.

Der Plan hätte nicht perfekter ablaufen können.

POV ENDE

Damals vor 14 Jahren (Got7 Mark FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt