Kapitel 25

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Seitdem ich aus dem Krankenhaus entlassen worden, hatte ich mich in meinem Zimmer verkrochen.

Ich durchlief das, was man allgemein als Liebeskummer bezeichnete. Nur tausend Mal schlimmer. Statt Schokolade und Eis in mich hinein zu stopfen, aß ich gar nichts. Mir war jeglicher Appetit vergangen. Ich suhlte mich in den Scherben meines Herzens und machte es damit nur noch schlimmer.

Ich lag in meinem Bett, starrte an die Decken und fragte mich stände "Was wäre, wenn?"

Hätte mich doch nur dieser verdammte Pfeil nicht getroffen. Die Welt wäre noch in Ordnung.

Doch ich konnte die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Das einzige, das ich noch tun könnte, war, Timo zu beschützen.

Vor meiner Mutter konnte ich mir mein Leid nicht anmerken lassen. Auf keinen Fall dürfte sie von meinem Liebeskummer erfahren.
Das war auch der einzige Grund, warum ich mich in die Schule quälte. Ich fragte mich, ob dieser Schmerz jemals abschwächen würde.

Ich hatte erst den dritten Block gemeinsam mit Timo, doch er lief mir schon vor dem ersten Block über den Weg. Unsere Blicken trafen sich nur für einen Bruchteil einer Sekunde. Denn sofort ließ ich meinen Blick auf den Boden wandern.

Es war besser, wenn wir uns für den Rest unseres Lebens einfach aus dem Weg gingen. Ich krallte meine Finger in die Bücher, die ich trug, und fokussierte mich darauf, schnellen Schrittes so viel Abstand wie möglich zwischen ihn und mir zu bringen.

Doch etwas hielt mich an meinem Ellenbogen fest. Nun sah ich doch auf. Sein Blick ging direkt in meine Seele und sofort wurde ich bewegungsunfähig.

Er war so hübsch und ich schaffte es nicht mehr wegzuschauen.

"Wir müssen reden", informiert er mich knapp und zog mich in ein leeres Klassenzimmer. Er schloss die Tür hinter uns und positionierte seinen Körper so, sodass eine Flucht für mich unmöglich war.
"Du hast gelogen!", sagte er. Es war weniger Hass in seiner Stimme als ich es erwartet hätte. "Habe ich recht? Du hast gelogen, weil deine Mutter anwesend war. Ich kenne dich, Amy! Und ich weiß, dass du mich im Krankenhaus angelogen hast. Vielleicht klingt es arrogant, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du mich liebst."
Ich schüttelte heftig den Kopf. Ich dürfte mich nicht wieder darauf einlassen. Er sollte nicht wieder Hoffnung haben, die dann zerstört wurde. Ich musste konsequent sein.

Er kam näher.

Timo küsste mich.
Ich war so überwältigt von dieser Berührung, sodass mir fast die Knie weggesackt wären. Ich wollte Luftsprünge machen und heulen zugleich. Seine Lippen waren sanft und berührten mich nur ganz zart. Doch es reicht aus, um mich sofort in den siebten Himmel zu katapultieren.

Timo löste sich von mir und ich fiel zurück auf den Boden der Tatsachen.

"Siehst du", sagte er fast schon triumphieren. "Du hast den Kuss genossen. Und das hättest du nicht getan, wenn du keine Gefühle für mich hättest!"

Ertappt.

"Timo, bitte! Lass es uns einfach akzeptieren, wie es ist."

"Nein", erwiderte er sofort. "Du erklärst mir jetzt, was los ist. Ich kenne dich schon so lange. Ich weiß, dass du mich nicht belogen hättest, wenn es einen triftigen Grund dafür gegeben hätte. Also erkläre es mir! Ich lass dich eh nicht aus dem Raum, bevor du mir sagst, was los ist. So schnell gebe ich dich nicht auf."

Ich hatte es doch schon einmal mit der Wahrheit versucht. Er hatte mir verständlicherweise nicht glauben wollen.

Timo nahm sachte meine Schultern.

"Ich vertraue dir", sprach er eindringlich. "Ich glaube daran, dass all das einen größeren Sinn hat. Dass du mich nicht einfach so belogen hast. Ich vertraue dir! Aber dann tue du das bitte auch! Erzähl mir, was wirklich los ist. Was verschweigst du mir?"

Die Tatsache, dass er mir so nahe war, machte mich zusätzlich nervös.

"Timo, ich habe es dir schon einmal erklärt, aber du wolltest mir nicht glauben."

Er runzelte verwundert die Stirn.

"Was?"

"Die Geschichte mit Amor", erinnerte ich ihn. "Ich habe das damals wirklich ernst gemeint."

Er verdrehte die Augen.

"Oh mein Gott, Amy. Das kann doch nicht wahr sein. Mir ist das hier wirklich ernst. Für mich ist das der letzte Versuch das zu retten, was wir beide haben. Also hör auf mich zu verarschen."

"TU ICH NICHT!", kochte ich plötzlich über. "Warum sollte ich dich ausgerechnet jetzt verarschen? Du sagst doch selber, dass du weißt, dass ich dich liebe! Warum sollte ich dann alles nur noch schlimmer machen, indem ich dir irgendwelche absurden Geschichten ausdenke? Ja, ich weiß, dass es verrückt kllingt. Ist es auch! Aber ich kann dir nun mal keine andere Erklärung geben, weil es keine andere gibt. Ich bin verdammt nochmal eine Nachfahrerin von Amor und ich habe uns beide echt in die Scheiße geritten, als ich uns mit dem Pfeil getroffen habe. Wir sind geflohen, weil ich dachte, dass sie dich deshalb umbringen. Verstehst du? Ich dachte, die töten dich!" Ich atmete tief ein, um mich zu beruhigen, doch es funktionierte nicht. "Timo, ich hatte solche Angst um dich. Und als wir im Krankenhaus waren, hat man versucht den Liebesbann von uns zu nehmen. Wie du merkst, hat das nicht funktioniert. Doch ich habe sie glauben lassen, dass es geklappt hat, damit du außer Gefahr bist. Verstehst du? Ich will dich doch nur beschützen."

Ich zitterte vor Aufregung am ganzen Leib.

Timo war derweil blass geworden. Langsam ließ er sich auf einem Tisch nieder. Der Blick war leer.

"Ich weiß, dass das alles schwer zu glauben ist", fuhr ich fort. "Ich wünschte ich könnte es dir beweisen." Ich dachte kurz nach. "Erinnerst du dich daran, dass die Ärzte am Unfallort meinten, dass sie mir keine Chance mehr geben? Und dann war ich trotzdem schwerster Verletzungen innerhalb von einer Woche wieder vollkommen genesen. Das kann kein Mensch vollbringen. Diese Heilung war nur möglich, weil ich von einem Gott abstamme."

Timo saß wie ein Häufchen Elend da und versuchte seine Gedanken zu sortieren.

"Wie soll ich dir so etwas glauben?", fragte er in den Raum hinein. Die Verzweiflung und Überforderung stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Weißt du, wie verrückt sich das anhört?"

"Ja, ich weiß", gab ich zu.

Aber er wollte die Wahrheit hören und das war die Wahrheit.
Dann griff ich zu eine Bastelschere, die auf dem Lehrertisch lag.

"Sieh zu", befahl ich ihm und schnitt mir in den Finger, sodass Blut herausquoll. Er zuckte kurz entsetzt zusammen. "Sieh genau hin!"

Zunächst lief das Blut meinen Finger herunter, doch schnell stoppte die Blutung. Dann konnte man sehen, wie sich die Wunde langsam zu schließen begann.

Nach gut zwei Minuten war nichts mehr davon zu sehen.

"Glaubst du mir jetzt? Ich bin kein Mensch!"

AmoraTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon