Kapitel 15

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"War es wirklich nötig so auszuticken?", fuhr ich meine Mutter an, doch sie schien mich gar nicht zu hören.
"Wie lange geht das schon?", fragte sie forsch.

"Ist doch egal!", gab ich trotzig von mir.

"Amy, das ist ernst!", mahnte sie mich sofort. "Hast du eigentlich eine Ahnung, was du angerichtet hast?"

"Wenn du mit mir von Anfang an offen gesprochen hättest, wüsste ich sicherlich mehr. Denn du erzählst mir doch nichts! Weder, dass ich in zwei Wochen schwanger sein werde, noch was passiert, wenn man Regeln bricht. Wie soll ich bitte eine Ahnung haben, was ich angerichtet habe, wenn du mir nie etwas erzählst!"

"Gib nicht mir dir Schuld!", wütete sie. "Auch wenn du die Konsequenzen vielleicht nicht im Details kennst, so weißt du zumindest ganz genau, an welche Regeln wir uns unbedingt halten müssen!"

"Es muss doch niemand erfahren!"

"Amy, ich habe keine Wahl. Ich muss dem Rat davon berichten."

Das hatte sie jetzt nicht gesagt! In baute sich eine unermessliche Wut auf.

"Was? Nein! Ich wollte heute eh mit ihm Schluss machen. Ich weiß, dass man sonst eventuell schlimme Dinge mit ihm tut. Es wäre heute eh vorbei gewesen. Der Rat muss davon nichts erfahren."

"Du hättest dich erst gar nicht darauf einlassen dürfen. Was ist denn nur in dich gefahren? Du kennst die Regeln! Ich dachte immer, dass du vernünftig bist. Ich habe dir vertraut!"

Mit purer Enttäuschung im Gesicht sah sie mich an.

"Ich konnte mich dagegen wehren, Mama! Der Pfeil hat mich getroffen", offenbarte ich ihr nun die Wahrheit. Ich konnte es nicht länger für mich behalten.
"WAS?", quietschte es aus ihrer Kehle.

Offenbar war nun ihr schlimmster Albtraum wahr geworden.
"Es war ein Unfall"; verteidigte ich mich sofort. "Ich bin gestürzt und dann er hat er mich einfach getroffen", versuchte ich mich sofort zu verteidigen. "Es war doch nicht mit Absicht!"

Sie schlug vor Wut gegen einen Baum.

"Wie konnte das denn passieren? Warum hast du denn nichts gesagt?"

"Weil ich verdammt noch mal Angst hatte! Und wenn ich mir deine Reaktion ansehe, dann war diese Angst ja wohl auch berechtigt."

Mama war nun ganz blass geworden.

"Ich muss das dem Rat melden."

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Wie konnte man seine eigene Tochter verraten? Nie im Leben hätte ich gedacht, dass meine Mutter so etwas tun würde.

"Das wirst du nicht", sagte ich mit drohendem Unterton. "Timo könnte sterben. Sie könnten ihn töten, nicht wahr? Du weißt, dass sie das tun könnten. Mama, ich liebe ihn. Mehr als alles andere. Du darfst ihn mir nicht wegnehmen!"

Nun flossen die Tränen über meine Wangen.

"Schatz, ich habe keine Wahl."

"Man hat immer eine Wahl", schluchzte ich. "Und du entscheidest dich gerade gegen deine Tochter! Du lässt zu, dass sie ihn vielleicht töten."

Mama seufzte.

"Das muss nicht so sein. Der Rat versucht immer eine gerechte Lösung zu finden. Und dich werden sie nicht töten. Dessen bin ich mir sicher."

"Als ob! Das kannst du gar nicht wissen. Du riskierst nicht nur Timos Leben, der dafür nicht einmal etwas kann, sondern auch mein Leben. Was bist du eigentlich für eine Mutter?", fluchte ich vor mich hin. "Ich wünschte, ich wäre nie geboren. Ich hasse mein Leben! Ich hasse diesen ganzen Mist! Ach, und wenn du es genau wissen willst: Ich habe meine Fähigkeiten verloren."

Mama blieb stehen, runzelte die Stirn und sah mich musternd an.

Mir war mittlerweile alles egal. Ohne Timo hatte mein Leben eh keinen Sinn mehr.

"Deine Fähigkeiten?"

"Ja, ich kann keine Pfeile mehr schießen."

Mama ließ sich nun auf die Knie fallen, als hätte sie soeben eine Todesnachricht erhalten. Sie weinte bittere Tränen, doch Mitleid hatte ich nicht mit ihr. Ich hatte deutlich größere Probleme, als das. Ich konnte damit leben, meine Aufgabe als Amora nicht mehr zu erfüllen, doch ich konnte nicht ohne Timo leben.
"Du hast doch keine Ahnung von Liebe", warf ich ihr nun an der Kopf. "Du weißt nicht, wie es sich anfühlt, wenn man an nichts anderes mehr denken. Wenn man nur noch glücklich sein kann, wenn man diese eine Person an der Seite hat. Du verstehst es einfach nicht! Du hast kein Recht mich an den Rat zu verraten für etwas, das ein Unfall war. Du willst mich für etwas bestrafen, für das ich gar nichts kann!"

"Amy-."

"Nein! Lass mich einfach in Ruhe! Du willst deine eigene Tochter verraten! Du solltest dich wirklich schämen!"

AmoraWhere stories live. Discover now