| 51 | 𝐌𝐢𝐥𝐞𝐬

123 21 9
                                    

„Erinnerst du dich noch, an den kleinen Vorfall mit dem Hund beim Weingut, als ihr meine Yam getunt habt?", fragte ich und unsicher sah ich ihn an. Er war der Erste, mit dem ich freiwillig darüber sprach und ich hoffte einfach, dass er mich dann besser verstehen konnte und es für sich behielt. So, wie ich auch seine Niederlage geheim hielt. Es brachte mir nichts mein Problem weiterhin zu verstecken, lieber spielte ich von Anfang an mit offenen Karten.

Jackson verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja, du warst da total komisch drauf. Ich wollte darüber sowieso noch mit dir sprechen."

Ich nickte und biss auf meiner Unterlippe herum.

„Was war da los mit dir? Du warst auch damals bei deiner Aufnahme so", wollte er wissen und sein auffordernder Blick hatte etwas unerwartetes Sanftes.

Ich deutete auf die Designercouch und wir setzten uns. Dann atmete ich einmal tief durch und fing an zu erklären. „Also weißt du, meine Eltern sind vor ungefähr zwei Wochen gestorben und seitdem hab ich gewisse Probleme in Form von Anfällen, quasi Panikattacken", fing ich an und fühlte mich immer unwohler. „Meine Atmung geht dann schneller und es fällt mir schwer, mich wieder zu beruhigen. Solche Anfälle können durch die verschiedensten Sachen ausgelöst werden und..."

Ich legte eine Pause ein, da ich mir nicht sicher war, wie ich es formulieren sollte, wenn ich es denn überhaupt aussprechen sollte. Doch der Schwarzhaarige zog die Augenbraue hoch und so fühlte ich mich dazu gedrängt zu Ende zu sprechen.

„Ich wusste erst nicht, was ich dagegen tun kann, aber irgendwie scheint mich das Motorengeräusch meiner Yamaha zu beruhigen. Frag mich nicht warum oder wie, ich hab keine Ahnung! Aber ich weiß, dass ich fahren kann und das in den Griff bekomme!", meinte ich sicher und Erleichterung machte sich in mir breit, da ich es endlich mal jemandem erzählen konnte. Ganz gleich, wie Jacksons Reaktion auch war.

Jackson schwieg die ganze Zeit über und so, wie er mich ansah, konnte ich auch nicht deuten, ob er sauer, neutral oder enttäuscht war.

Dann plötzlich seufzte er. „Das ist mit Sicherheit kein Vorteil für dich und ich hoffe, dass du das in den Griff bekommst. Andernfalls müssen wir Maßnahmen ergreifen." Was er damit meinte, wusste ich nicht und wenn ich ehrlich war, wollte ich das auch gar nicht. „Auf der anderen Seite bist du ein guter Fahrer und bisher ist ja noch nichts passiert. Deswegen werden wir das erstmal nur im Auge behalten und aufs Beste hoffen." Auf einmal lächelte er. „Aber danke, dass du mir das anvertraut hast."

Ich nickte. Es war einfacher, wenn er es wusste, dann gab es keine bösen Überraschungen.

„Wie geht es jetzt eigentlich weiter?", fragte ich, da mir die Serpens und deren Beta, der mich am liebsten Tod sehen wollte, wieder einfielen.

„Mit den Serpens? Naja, wir werden erstmal auf ihre Reaktion warten. Vielleicht sind wir ja jetzt auch quitt. Keine Ahnung, warum sie den Streit erst begonnen haben." Er sah mich aus seinen graugrünen Augen prüfend an. „Du hast wohl Probleme oder warum fragst du?"

Ertappt lachte ich nervös. „Naja, Conner kennt ja jetzt meine Identität und ist auf der Suche nach mir. Er muss immerhin nur eins und eins zusammenzählen."

„Das legt sich schon, Miles." Der Alpha legte mir seine Hand auf meine Schulter und fügte hinzu, „Das ist nicht das erste Mal, dass er jemanden von uns sucht. Aber glaub mir, in unserem Revier bist du erstmal sicher und er weiß weder wo du wohnst noch sonst irgendetwas."

Jackson versuchte mich mit Worten und Blicken zu beruhigen, doch das funktionierte nicht ganz.

„Ich glaube, ich sollte mal los machen, danke jedenfalls für dein Verständnis", bedankte ich mich, trank mein Glas in einem Schub leer und ging zur Tür.

„Pass auf dich auf! Wenn was ist, ruf einfach an!", rief mir Jackson hinterher und ich schloss die edle Tür hinter mir, nachdem ich ihm das versichert hatte.

Auf dem Heimweg war ich nicht wirklich konzentriert und demzufolge dauerte es länger, da ich mich zweimal verfuhr. Bei meiner Orientierung keine große Kunst.

Bei der Wohnung angekommen, die ich mir mit Ryan teilte, hoffte ich einfach mal, dass die Beiden noch schliefen. Denn zwei betrunkene Nervensägen konnte ich jetzt nicht gebrauchen. Doch ich wurde enttäuscht, denn Ryan saß vor dem offenen Kühlschrank und Matt auf dem Sofa und beobachtete ihn. Ganz offensichtlich war der Rausch noch nicht vorbei.

„Du bischt...", setzte Ryan an, doch wurde durch sein eigenes Hicksen unterbrochen, weswegen Matt sich dazu verpflichtet fühlte den Satz seines Bros zu beenden. „...ja wieder da."

„Ja, leider", entgegnete ich und hing meine Jacke auf, nachdem ich meine Schuhe ausgezogen hatte. Dann ging ich zu Ryan und schloss den Kühlschrank. Immerhin verbrauchte der so unnütze Strom. Anschließend ließ ich meinen Blick wachsam durch die Wohnung gleiten. Sie war unerwartet sauber und nichts war kaputt.

„Schau nicht so, wir ham nischt gemacht", meckerte Ryan gleich los und ich musste grinsen.

Ich beschloss darauf nicht zu reagieren, stattdessen verließ ich den Raum und ging ins Badezimmer, um meine Hände zu waschen.

„Ey, wo machst du denn hin? Wir haben Huuunngeeeeer!", schrie mein Mitbewohner und eilte hinter mir her.

Da ich wusste, dass diskutieren nichts brachte, gab ich mich geschlagen. So stand ich zehn Minuten später in der Küche und machte eine Gemüsepfanne mit Reis. Dabei wurde ich genau von Matt und Ryan beobachtete, die am Tisch saßen und jede meiner Bewegungen verfolgten. Was vor allem nervig war, waren die ständigen Fragen wann ich endlich fertig sein würde.

Zufrieden waren sie erst, als sie ihre Teller vor den Nasen hatten und anfingen zu essen. Das war mein Stichwort, dass ich endlich Ruhe hatte.

Also nahm ich mein Essen mit aufs Sofa, machte den Fernseher an und schrieb nebenbei mit Ruby. Sie wollte wissen, ob ich am Montag wieder in die Schule gehen würde. War das eigentlich alles, was zählte? Wenn ich ehrlich war, dann war mir mein Abschluss mittlerweile egal. Ich hatte sogar schon den Gedanke, ob ich die Schule abbrechen sollte. Sowie Ryan. Aber wollte ich das wirklich? Da ich mir nicht sicher war, konnte die Entscheidung ja noch warten. Also schrieb ich, dass ich kommen würde.

Natürlich konnte eine Nachricht von Jackson oder Nero mein Plan zunichtemachen, aber hoffen durfte ich ja wohl noch. Außerdem war ich neugierig, ob Alec kommen würde. Sein Unfall war jetzt fast eine Woche her und ein kleiner Teil von mir hoffte, dass es ihm besser ging. Ob das an unserer gemeinsamen Mitgliedschaft oder an meinem Mitgefühl lag, wusste ich nicht.

RIDERS ~ Burn For ThisWhere stories live. Discover now