[13] ł. piszczek × s. ramos

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Widmung: Fabi_Piszczu26
Geschrieben am: 26.03.21
Wörter: 2.799
Satz: [13]: „Du bist dabei ihn zu verlieren, merkst du das denn nicht?"
Sonstiges: \
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Es war Montagmorgen.
Ein Montagmorgen wie jeder andere.
Wie so viele andere.
Und doch spürte Sergio, dass etwas anders war. Er konnte es förmlich in der Luft riechen.
Die Veränderung.
Und dann kam sie erst einmal nicht. So lange war alles normal.
Alles alltäglich.
Bis Isco kam...
„Na, wie war Dortmund?", wollte er ohne Hintergedanken wissen und jonglierte dabei mit zwei Tennisbällen, die er nur mit Mühe kontrollieren konnte. Unbeeindruckt beobachtete Sergio das Schauspiel vor sich, ließ sich dann schlaff auf die Hantelbank fallen, auf welcher er zuvor noch Gewichte gestemmt hatte.
Er drehte seine Wasserflasche auf.
„War nicht da", erklärte er zwischen zwei Schlucken Wasser. Isco verteilte die zwei Tennisbälle jeweils auf seine beiden Hände und sah dann verwundert zu Sergio. Spürte er die Veränderung auch?
Dieses anders.
Es machte Sergio nervös.
„Warum?"
„Er hat abgesagt!"
„Warum?"
Ahnungslos zuckte Sergio mit den Achseln. Die Frage hatte ihn das ganze Wochenende wachgehalten. Sie hielt ihn noch immer wach.
Und dann bekam das anders einen Namen.
Du bist dabei ihn zu verlieren, merkst du das denn nicht?"
Iscos Stimme war leise, fast schon ein Flüstern, das Sergio einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Das anderes war Angst.
„Er kann nicht mehr, das ganze Theater mit der geheimen Beziehung. Merkst du denn nicht, wie fertig er ist?"
Aus Iscos Mund hörte sich das alles so plausible an. Als würden die kleinen Puzzelteile von Lukaszs merkwürdigen Verhalten sich zu einem Bild zusammenformen.
Der Erklärung, warum er in letzter Zeit so war, wie er war.
Warum hatte Sergio es denn nicht bemerkt?

I can feel the rain coming down strong on you and me.
As the thunder breaks, I pull you in close and never leave

Sergio PoV

Ich saß auf dem Fahrersitz in meinem Wagen und stierte über die Straße hinweg das Trainingsgelände des BVBs an.
Lauter kleiner Männchen liefen herum. Sie rannten und sprangen, rangelten und redeten. Ehrlich gesagt könnten sie sich auch gegenseitig umbringen, ich würde es nicht erkennen. Ich konnte mir nur vorstellen, wie ihr Training ablief, einerseits aus Erfahrungen vom eigenen Training und andererseits auch aus Lukaszs Erzählungen, die in den vergangenen Monaten zunehmend kürzer ausgefallen waren.
Verdammt, er hätte nicht auffälliger unglücklich sein können.
Vermutlich musste er sich erst ein Zettelchen mit dieser Botschaft auf die Stirn kleben, damit ich von selbst darauf aufmerksam wurde.

Ich verbrachte noch eine Weile mit Warten, bevor sie die Menge vom Platz trennte und jeder seines Weges ging. Ich wusste, dass Lukasz nicht weit entfernt wohnte und deswegen gerne den Fußweg nahm.
Um halb elf waren die Straßen Dortmunds recht leer, sodass er recht ungehindert vorankam. Er genoss diese Momente, so viel wusste ich. Er hasste das ganze Gewusel um seine Person, wenn Leute auf ihn zurannten und ein Autogramm von ihm wollten. Das war er einfach nicht.
Endlich sah ich eine kleinere Gruppe, die über den Parkplatz schritt, der von der Straße aus recht gut sichtbar war. Eine einzelne Person trennte sich von der Gruppe ab und ging ihres eigenen Weges.
Lukasz.
Die blonde Mähne und der blaue Mantel, der schwer auf seinen herabhängenden Schultern lastete, verrieten ihn.
Er sah wirklich nicht gut aus.
Absolut nicht gut.
Er überquerte die Straße und war gerade dabei mein Auto zu passieren, ohne Notiz von mir zu nehmen, als ich schließlich das Fenster runterfahren ließ und laut pfiff. Sofort schelte Lukaszs Blick hoch, den er bislang dem Boden zu gewandt hatte. Er blickte verloren um sich umher, bis ich noch einmal pfiff und er mich endlich fand.
In seinen Augen leuchtete etwas auf, als würde Leben wieder in seinen Körper kehren. Ich liebte diese Reaktion von Lukasz, wenn er mich sah. Sie war der Grund, dass ich im Laufe unserer Beziehung noch nie an seiner Liebe zu mir gezweifelt hatte.
Ich hoffte inständig, dass es ihm auch so ging, denn ich würde es mir nie verzeihen können, falls Lukasz sich in irgendeinem Moment nicht geliebt gefühlt hatte.
„Was machst du denn hier?", lachte er und änderte seine Richtung zu meinem Wagen.
„Ich besuche dich!", erklärte ich mit einem kecken Grinsen auf den Lippen. Lukasz blieb vor meinem Fenster stehen und stützte seine Unterarme auf dem kleinen Fensterbrett an.
„Aber ich habe doch kaum Zeit, das weißt du. Was soll ich denn mit dir hier anfangen?", er zog seine Lippen herunter. Das war Lukaszs höfliche Art jemanden abzuwimmeln, die ich immer niedlich fand und auf die ich immer brav hörte. Nur, dass ich mittlerweile schlau genug war, um die Wahrheit zu kennen. Lukasz wollte mich nicht abwimmeln. Lukasz wollte die Müdigkeit der vergangenen Jahre in sich hineinfressen und keinem zur Last fallen.
„Dann musst du Zeit für mich machen, es ist wichtig!", ich behielt einen strengen Ton bei und merkte, wie sich Lukaszs Gesichtsausdruck veränderte. Er zog seine Augenbrauen zusammen und grummelte etwas unverständliches auf Polnisch. Einer Sprache, der ich noch immer nicht mächtig war.
„Wird es lange dauern?", wollte er dann wissen.
„Ne", log ich.
Vielleicht nur ein ganzes Leben...
Lukasz gab mit einem Seufzer nach und umrundete dann meinen Wagen, bevor er sich auf den Beifahrersitz plumpsen ließ.
Seine Sporttasche, die ihm bisweilen noch von der Schulter baumelte, warf er auf die Rückbank meines SUVs.
„Fahren wir zu mir?", fragte er rein rhetorisch, denn für ihn war es vermutlich klar, wo unsere Bleibe hier in Dortmund lag.
„Ja", log ich wieder einmal.
Ich drehte den Schlüssel im Zündschloss, sodass der Motor aufheulte. Anschließend lenkte ich den Wagen auf die leere Straße. Lukasz ließ seinen Kopf zurückfallen und öffnete sein Fenster eine Spalt. Der Fahrwind zerzauste sein Haar, wehte es zurück, wie in all den Hollywoodfilmen, wenn der Hauptcharakter die Freiheit in der Ferne aufsuchte.
Lukasz und ich hatten es nicht leicht.
Wir hatten es nie leicht gehabt.
Schwul und Fußball, das war ein unausgesprochenes Verbot. Zwar hatte jeder von uns seine paar Freunde, denen wir uns anvertraut hatten, aber mit einer normalen Beziehung zu vergleichen, war es trotzdem nicht. Eine Fernbeziehung war schon schwer genug, eine geheime Beziehung machte das alles nur noch schwerer.
In unserer Welt regnete es ständig.
24 Stunden.
Sieben Tage die Woche.
Seit 450 Tagen.
Ich zählte jeden Tag unserer Beziehung.
Denn auch wenn es regnete und stürmte, so war mir Regen und Sturm lieber, als die elendige Stille, die vor Lukasz meine Welt regiert hatte.

Fußball Oneshots (5) || boyxboyWhere stories live. Discover now